Cronaca | Universität

Auswendiges Plagiat

Der Fall von zwei Bozner Unistudentinnen macht deutlich, mit welchen absurden Klagen sich das Bozner Verwaltungsgericht beschäftigen muss.

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Justiz immer wieder einmal mit völlig absurden Dingen beschäftigen muss. Wie bizarr aber mancher Gerichtsfall sein kann, zeigen zwei Verfahren am Bozner Verwaltungsgericht, in denen diese Woche das Urteil verkündet wurde.

Die Fakten

Am 14. Dezember 2015 wird an der Wirtschaftsfakultät in Bozen eine Prüfung im Fach „Öffentliches Buchhaltungswesen“ abgelegt. Es treten insgesamt sechs Studentinnen und Studenten an diesem Tag zur Prüfung an.
Es handelt sich um einen Test, der aus zehn sogenannte Multiple-Choice- und zwei offenen Fragen besteht. In den zwei offenen Fragen, wo der Prüfling selbst etwas schreiben muss, geht es zum einen um das Stabilitätsgesetz in der öffentlichen Verwaltung und zum anderem um die Aufgaben des Rechnungshofes.
Als die Prüfungskommission die Arbeiten korrigiert, fällt auf, dass zwei Studentinnen bei einer der offenen Fragen, wortwörtlich dasselbe geschrieben haben. Und nicht nur das. Beide haben in den Antworten auch genau dieselben Fehler und Ungenauigkeiten gemacht.
Die Prüfungskommission kommt deshalb zum Schluss, dass die beiden voneinander abgeschrieben haben und lässt beide durchfallen. Zudem wendet die Kommission die Bestimmungen an, die zum italienischen und internationalen Standard an den Universitäten gehört. Im Fall eines Plagiats fällt man nicht nur durch, sondern man wird auch für ein Semester für alle Prüfungen gesperrt.
Zudem können die Studentinnen, jene Prüfung, bei der sie geschwindelt haben, erst nach einem Jahr wiederholen. Das heißt ab 23. Dezember 2016.

Der Rekurs

Beide Studentinnen haben umgehend uniintern eine Eingabe gegen die Entscheidung der Prüfungskommission gemacht. Am 21. Dezember 2015 bestätigt die Universität aber die Entscheidung und die Sanktionen gegen die Studentinnen.
Beide wenden sich daraufhin ans Bozner Verwaltungsgericht. Die Rekurse werden von den beiden Anwälten Petra Hofer und Mauro De Pascalis geführt. Verteidigt wird die Universität vom angehenden Bozner Vizebürgermeister Christoph Baur.
Der Rekurs der beiden Studentinnen fußt dabei auf ein Argument. Sie bestreiten voneinander abgeschrieben zu haben. Tatsache sei, dass beide für die Prüfung dasselbe Skriptum zum Lernen verwendet hätten. Weil die Prüfung nicht in ihrer Muttersprache abgelegt werden muss, hätte beide, die entsprechenden Textpassagen auswendig gelernt. Und dann eben bei der Prüfung niedergeschrieben.
Die Argumentation: Sie wurden nicht beim Abschreiben erwischt und deshalb können die beiden Studentinnen auch nicht bestraft werden.

Das Urteil

Das Richterkollegium, bestehend aus Terenzio Del Gaudio (Präsident), Margit Falk Ebner, Edith Engl und Berichterstatterin und Urteilsverfasserin Alda Dellantonio, hat diese hanebüchene Argumentation aber keineswegs überzeugt.
Im Urteil, dass am Mittwoch veröffentlicht wurde, heißt es wörtlich:

„Si tratta di un testo di notevole lunghezza e di una certa complessità tecnico - terminologica e comprende una parte sostanziale dell’intera prova . È altresì incontestato che esso corrisponde integralmente ...(...)... a un testo di terzi, che le studentesse coinvolte nella vicenda, in sede di ricorso in opposizione, hanno spontaneamente indicato come fonte alla commissione d’esame. Dall’esame dei tre testi che vengono in rilievo risulta che essi sono praticamente identici, non solo nella struttura del pensiero e dei contenuti, ma nella forma linguistica, ossia, nelle frasi, nelle parole, nella punteggiatura, nell’intercalare, addirittura negli errori e nelle inesattezze linguistiche. “

Für die Richter ist klar, dass es auch beim Auswendiglernen unmöglich ist, eine solche Übereinstimmung im Prüfungsbogen zu erzielen. Die Urteilsverfasserin teil zudem die Verwunderung der Prüfungskommission, wie man zwei Buch-Seiten auswendig lernen und wortwörtlich bei einer Prüfung niederschreiben kann. Genau das dürfte nicht der Sinn einer Uniprüfung sein.
Das Verwaltungsgericht kommt zum Schluss, dass es sich eindeutig um einen Plagiats-Fall handelt und weist folglich die beiden Rekurse ab. Jede der Studentinnen muss zudem 3.000 Euro allein für die Anwaltsspesen der Universität zahlen.
Rechnet man ihre eigenen Rechtsanwaltskosten dazu, so dürfte diese Prüfung für die beiden Studentinnen am Ende teuer werden.

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gorgias Gio, 06/09/2016 - 17:07

Das ist wohl toll. Uni-Studenten die einen Text nicht in eigener Sprache wiedergeben können und ihn auswenig lernen. Also nicht genug italienisch können um etwas sinngemäß zu verstehen um es dann in eigenen Worten wiederzugeben.
Und so jemand soll (oder hat schon) eine Zweisprachigkeitsprüfung A abgelegt.
Was ist das überhaupt für eine dreisprachige Uni in Bozen da?

Eine andere Sache was mir jetzt einfällt. Bei 6 Studenten, wie kann es sein dass man als Prüfungsaufsicht übersehen kann dass bei zwei Personen voneinander abgeschreiben ? Ist man nicht fähig diese mit dementsprechenden Abstand niedersitzen zu lassen? Und bei 6 Studenten wenn man ein Auge darauf hat ist es unmöglich für jemanden voneinander abzuschreiben, weil alle in einer Reihe gut sichtbar sind.

Das in Bozen ist wohl eine Idiotenuni. Alle Zusammen.

Gio, 06/09/2016 - 17:07 Collegamento permanente
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pérvasion Ven, 06/10/2016 - 08:16

In risposta a di gorgias

»Also nicht genug italienisch können um etwas sinngemäß zu verstehen um es dann in eigenen Worten wiederzugeben.«
Weiß man denn, um welche Sprache(n) es ging oder ist das deine Annahme? Nachdem das Urteil offenbar auf Italienisch verfasst ist, hätte ich jetzt angenommen, dass das die Muttersprache der Studentinnen ist.

Ven, 06/10/2016 - 08:16 Collegamento permanente