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Nazis gefällt das

Hetze, Tiraden und sogar Morddrohungen: Bei UnserTirol24 unternimmt man gegen Hass-Kommentare nichts. Stattdessen lässt man sich von deutschen Rechtsextremen feiern.

„Ob mit de leit de honn do nix za suachn und erst recht net zu meldn“. Diese Aussage stammt von Klaus P., er ist nur einer der ungefähr hundert Menschen, die am vergangenen Freitag auf der Facebook-Seite von UnserTirol24 einen Artikellink heftig „diskutiert“ haben. So wie Klaus haben sich auch die meisten anderen Nutzer mehr oder weniger erzürnt gegen Flüchtlinge und Migranten geäußert. Arroganz und fehlende Dankbarkeit wird ihnen vorgeworfen. „Fordern fordern fordern. Und die bekommen noch genug Unterstützung von den verblendeten linken Gutmenschen, ist sich der UT24-Leser Johnny D. sicher. Anlass für den ganzen Unmut ist ein Artikel, in dem über eine Demonstration von Asylantragstellern vor dem Südtiroler Landtag berichtet wird.


Fakten? Fehlanzeige

Doch was wurde eigentlich gefordert? Von den erpichten Kommentatoren scheint das so genau keiner zu wissen. Und das ist kein Wunder: Im UT24-Artikel selbst ist von den eigentlichen Anlässen und Umständen der Demo nichts zu lesen. Kein Wort davon, dass nur um die 70 „Invasoren“ – wie sie von den Lesern zum Teil genannt werden – auf dem Silvius-Magnago-Platz demonstrierten. Kein Wort auch davon, dass es sich hierbei um Asylantragsteller handelt, die im nationalen Aufnahmeplan des italienischen Innenministeriums nicht erfasst sind. Diese Menschen sind daher hauptsächlich auf sich selbst gestellt, haben so gut wie keine Anrechte und dürfen nicht arbeiten, nicht einmal unbezahlt.

Weil solche Tatsachen aber nicht genannt werden, können auch die Leser nichts davon wissen: „Versucht es mal mit Arbeit, ihr faules Gesindel“, meint etwa Thomas J.

Statt auf Fakten trifft man im Text des Artikels lediglich auf ein paar wiedergegebene Zitate des Freiheitlichen Walter Blaas, der sich über mangelnde Integrationsbereitschaft echauffiert und, wie üblich, darauf verweist, wie schlecht es der einheimischen Bevölkerung geht: Pensionisten mit Mindestrente, Arbeitslose, Alleinerziehende unter prekären Verhältnissen. Eben jene Menschen also, welche die Freiheitlichen großzügig vergessen haben müssen,  als sie für die goldenen Politpensionen gestimmt haben.


Offene Morddrohungen

Schlechter Journalismus ist aber längst nicht das Schlimmste. Im Gegenteil: Offenbar kann er sogar ein gutes Geschäftsmodell sein, wenn man als Zielgruppe jene Leser hat, die Informationen im Grunde gar nicht wollen. Doch spätestens, wenn die Hass- und Neidreden der Kommentatoren in Morddrohungen umschlagen, tragen auch die Betreiber der Seite eine juridische Verantwortung. Zu einem solchen Fall kam es erst gestern, als UT24 den Link zu einem Artikel über die Gehaltserhöhungen postete, die Landesrätin Martha Stocker im Sanitätsbetrieb vorgenommen habe. Ein Nutzer kommentierte das folgendermaßen:

Bislang wurde der Kommentar nicht entfernt, noch haben die Administratoren sonst auf irgendeine Weise darauf reagiert. Verschiedenen Gerichtsurteilen zufolge – unter anderem des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – sind aber die Betreiber von Internetseiten für die Kommentare ihrer Nutzer verantwortlich. Auch auf Facebook. Werden rechtswidrige Kommentare nicht unverzüglich gelöscht, so sind es die Betreiber der Seite, die vor Gericht in die Verantwortung gezogen werden können. „Unverzüglich“ bedeutet dabei meist eine Frist von 24 Stunden. Die Betreiber von UT24 scheint das jedoch wenig zu kümmern, der Kommentar steht immer noch (Stand 1. August, 12 Uhr).

Schließlich hat man auch Besseres zu tun, als sich um die Korrektheit oder schlichtweg um die Legalität der Aussagen der eigenen Leser zu kümmern. Lieber lässt man sich von rechtsextremen Kameraden aus Deutschland feiern, wie beispielsweise von der „Bürgerbewegung ProNRW“, die den UT24-Artikel ebenfalls weitergeteilt haben. Die rechtsextreme Kleinpartei ist offiziell als verfassungsfeindlich eingestuft und pflegt Kontakt zu Neonazi-Kameradschaften. Frei nach einem Werbespruch der Süddeutschen Zeitung könnte man über UT24 also sagen: Eine schlechte Zeitung erkennt man an ihren Lesern.


Weitere Glanzstücke der UT24-Kommentatoren (Screenshot von Markus Lobis):

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Stefan Hauptmann Lun, 08/01/2016 - 13:45

... fehlende Bildung, kein oder kaum Kontakt zu anderen Kulturen, schlechte Erziehung, geringes Selbstwertgefühl, Leben in schwierigen soziale Verhältnissen, daraus resultierende Existenzängste usw. ...

Diese Menschen bringen sich schon selber gegeneinander auf, da bedarf es keiner Berichterstattung. Ich finde aber wichtig und richtig das immer wieder auf Menschenverachtende, rassistisch-ideologische Tendenzen hingewiesen wird.

Lun, 08/01/2016 - 13:45 Collegamento permanente
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Andreas gugger Lun, 08/01/2016 - 14:24

Der Umgang und das politisch korrekte Auftreten im Netz und in den neuen Medien fällt vielen Menschen schwer. Früher hat man sich das am Stammtisch zugerufen, heute kann es JEDER im nu in die Nachrichten und in die Berichterstattung schaffen. Manchmal zu grün, zu links, manchmal zu braun und zu rechts. Das Niveau ist bemitleidenswert. Aufzeigen ist wichtig. Auch ausserhalb des Netzes und gerade dort. Auf der Strasse und im Gasthaus. Denn das Netz vergisst zwar nicht, schützt aber scheinbar doch genug...

Lun, 08/01/2016 - 14:24 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Mar, 08/02/2016 - 08:00

wobei man "fairerweise" sagen muss, dass sich das phänomen der rassistischen und xenophoben hetze nicht auf das forum von unsertirol24 beschränkt. der umgang mit solchen kommentaren in südtiroler medien (salto ist hierbei eine rühmliche ausnahme) ist generell beschämend. moderation ist ein fremdwort.
ich habe screenshot-sammlungen von stol.it, suedtirolnews und tageszeitung sowieso, in denen die ganze pallette zu lesen ist. von "adolf wir brauchen dich" über "saubande, olle an die wond" (war an landespolitiker gerichtet) bis zu "ostechn, de fockn". auch der alto adige lässt morddrohungen und nazi-verherrlichung gerne stehen.

zwei besonders eklatante beispiele:
http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=18798
http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=15467

Mar, 08/02/2016 - 08:00 Collegamento permanente
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Stefan Hauptmann Mar, 08/02/2016 - 09:15

nein es ginge ihnen nicht besser... wieso denn auch? die Resistenz gegenüber Fakten ist bei manchen Individuen erstaunlich gut ausgeprägt. Alle Menschen sind gleich unabhängig ihrer Herkunft. Wenn ich jahrelang in einem Kriegsgebiet über-leben müsste und es dann endlich mithilfe einer schwierigen Flucht aus dieser Situation schaffen würde dann wäre ich auch traumatisiert. Bei solchen Menschen erhöht sich berechtigterweise der Integrationsaufwand um negative Spätfolgen zu vermeiden. Ein gut geplanter Finanzhaushalt ist dazu da, dass niemand zu kurz kommt.

Mar, 08/02/2016 - 09:15 Collegamento permanente
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Chris Ain Mar, 08/02/2016 - 13:30

In risposta a di Stefan Hauptmann

Die Resistenz gegenüber Fakten würde ich eher dir anlasten, darüber hinaus würde dir ein Grundkurs in Sozialisation nicht schaden. Jeder Mensch ist gleich? In welch wunderbarer Welt du doch lebst...du kannst dich gerne mal etwas genauer mit den verschiedenen Bürgerkriegsbewegungen in Syrien, dem Irak oder Libyen auseinandersetzten, von der FSA zur Al Nusra Front bis zum IS und dich über deren Ansichten von "Gleichheit" informieren (ich würde hier die Kurden natürlich nicht einschließen). Du kannst ja mal einen Shiiten fragen was er von Sunniten oder gar von Juden hält und wenn du ganz viel Mut hast kannst ja fragen was man Homosexuellen hält. Sagtest du nicht etwas von "wenig Kontakt zu anderen Kulturen"? Ich weiss ja nicht wieviel du je hattest.

Mar, 08/02/2016 - 13:30 Collegamento permanente
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Chris Ain Mar, 08/02/2016 - 12:32

Anscheinend tummelt sich hier wohl die Elite, so wie sich der Großteil der hier Kommentierenden sich selbst beschreibt. Der Herr Hauptmann spricht sogar von den "Individuen" mit fehlender Bildung, Existenzängste, mangelndes Selbstwertgefühl usw. derer die ihre Meinungen ins Internet schreiben (übrigens wie er selbst), die bis auf das "killen" in keinster Art und weise einen Tatbestand darstellen, Das nennt man dann freie Meinungsäußerung. Ich komm grad nicht mehr drauf, wie solche Menschen genannt werden, die andere so anfeinden wegen ihrer Meinung und Einstellung...ich komm grad einfach nicht drauf...

Mar, 08/02/2016 - 12:32 Collegamento permanente
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Ludwig Thoma Mer, 08/03/2016 - 17:31

Vielleicht ist es einfach so, dass man mit Negativmeldungen überschüttet wird, oder hat irgendwer irgendwo mal berichtet oder gelesen, dass von 40 Flüchtlingen in Mals 20 eine Arbeit gefunden haben?

Mer, 08/03/2016 - 17:31 Collegamento permanente