Economia | Handel

Es war einmal Ferragosto

Auch zu Maria Himmelfahrt kann italienweit nach Lust und Laune eingekauft werden. Doch der Frust im Handel steigt.

Es war einmal ein Feiertag, der den ItalienerInnen heilig war: Ferragosto, ein Festtag, der Freunden oder Familie vorbehalten war. Doch die Bilder von der gemeinsamen Pasta an langen Tischen oder Picknicks am Meer verblassen auch in diesem Jahr hinter Schlagzeilen wie „Ferragosto a tutto shopping: centri commerciali aperti“. Einmal mehr zeigt sich, dass die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten mit ihrer Möglichkeit der aperture straordinarie vor allem von großen Handelsketten voll ausgenutzt wird. Shopping an 365 Tagen lautet das Motto, dem auch die Großen und immer mehr Kleine in Südtirol folgen.

So werden am 15. August in Bozen rund zwei Drittel der Geschäfte geöffnet sein, schätzen die Gewerkschaften. Einige Große wie die Genossenschaft Coop, die österreichische Kette M-Preis, aber auch die Geschäfte im Einkaufszentrum Twenty entziehen sich dem Zwang zur Öffnung zwar. Dafür werden aber auch einige lokale Kaufleute unter den Lauben zu Maria Himmelfahrt arbeiten, sagt CISL-Gewerkschafter Maurizio Surian am Freitag im Alto Adige. Hds-Präsident Walter Amort rechnet damit, dass sich vor allem an Orten mit hohem touristischen Aufkommen und in Südtirols Städten viele Geschäftsinhaber dafür entscheiden werden, offen zu halten. „Wie viele, wird auch vom Wetter abhängen“, sagt er. „Bei strahlendem Sonnenschein werden es weniger sein als bei Regen.“

In Südtirol stehen sowohl der Arbeitgeberverband hds als auch die Gewerkschaften der Sonn- und Feiertagsöffnung kritisch gegenüber. Der Kaufleuteverband beurteilt eine Öffnung in Tourismushochburgen zwar als positiv. Generell würde die Sonn- und Feiertagsöffnung die vielen Klein- und Mittelbetriebe im Handel jedoch vor Probleme stellen, da es bei ihnen im Gegensatz zu den großen Ketten nur zu einer Umverteilung der Umsätze ohne Mehrgewinn kommt, so der hds-Präsident. Die Gewerkschaften sprechen dagegen für eine steigende Zahl an unzufriedenen Handelsangestellten, die nicht mehr hinnehmen wollen, an 365 Tagen im Jahr zur Arbeit gerufen werden zu können. Laut Surian machen in diesem Jahr eine beachtliche Zahl an Verkäuferinnen und Verkäufern von ihrem Recht Gebrauch, die Feiertagsarbeit zu verweigern. Mit Ausnahme von Angestellten der Sanität kann niemand dazu gezwungen werden, an einem Feiertag zu arbeiten, hatte das Kassationsgericht im vergangenen September geklärt. Auf dieser Basis haben laut Surian auch hierzulande viele Angestellten ein Formular an ihre Arbeitgeber geschickt, in dem sie fordern, nicht für den Feiertagsdienst eingeteilt zu werden. Wer sich das aus Angst, die eigene Position zu schwächen, nicht zu machen traut, hat zumindest die Möglichkeit, seinen Frust in Sozialen Netzwerken loszuwerden, wie diese Verkäuferin.

„Io lavorerò a ferragosto, come ogni altro festivo. Riesco a stare con la famiglia da mattina a sera una volta ogni 45 giorni. Sarà dignitoso? È vero che "almeno ho un lavoro" ma sono anche un essere umano con una famiglia che vive, praticamente, su un binario parallelo. Dovrebbero provare sulla propria pelle per capire.“

Doch bislang ist auch in Südtirol kein Hoffnungsschimmer zu erkennen, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird. „Es gibt weder auf nationaler noch auf regionaler Ebene politische Kräfte, die sich für eine Änderung dieser Situation einsetzen“, sagt hds-Präsident Amort. Vor allem nachdem die letzte große Chance, die Ende Juni genehmigten Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut in Sachen Handel, vertan ist. Denn obwohl die autonome Gestaltung der Ladenöffnungszeiten ursprünglich im Text enthalten war, sei sie schließlich aus taktischen Gründen wieder herausgefallen, sagt Amort. Seine pragmatische Schlussfolgerung: „Wir werden wohl lernen müssen, damit zu leben.“ 

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Paul Berger Sab, 08/20/2016 - 21:15

Schutz, Pflege und Erhalt unserer Sonn-und Feiertage!
War es wirklich notwendig die Geschäfte in Bozen am hohen Marienfeiertag am 15. August zu öffnen? Das große Geschäft war aber nicht zu machen, hat einen Tag später der Bozner Kaufleutepräsident Thomas Rizzolli gesagt. Und das ist auch gut so. Die gemeinsamen freien Sonn-und Feiertage sind ein hohes Gut und sind Ausdruck unserer Identität und Kultur. Brauchen wir da wirklich offene Geschäfte und Handelsketten? Haben wir mit 6 Tagen in der Woche wirklich zu wenig Zeit zum Einkaufen? Die Botschaft wäre ganz klar: Der Sonn-und Feiertag ist ein besonderer Tag und muss aus verschiedenen Gründen gesetzlich geschützt werden. Er stellt den Mensch in den Mittelpunkt und nicht die Ökonomie. Er ist der Kitt der Gesellschaft. Er gibt ihr Stabilität und dem Leben Ordnung und ist der Akku für die Arbeitswoche. Er soll entschleunigen und Ruhe bieten. Der Sonn-und Feiertag ist auch ein Symbol der Freiheit und ein Geschenk an die Menschheit. Und er stoppt die Gleichförmigkeit. Ohne ihn wären alle Tage gleich und wären wie gewöhnliche Werktage. Es braucht den gesunden Ausgleich zwischen Sonntag und Werktag. Der Sonntag muss von der Gesellschaft in jeder Hinsicht überhaupt in allen Bereichen wieder viel mehr gepflegt und ganz bewusst respektiert werden. Länder wie Österreich, Schweiz und Deutschland kennen keine offene Läden an Sonn-und Feiertagen und dort ist das kein Thema! Wo ist aber Südtirol geblieben? Immer mehr Läden haben hierzulande sonntags offen und glauben damit den Umsatz zu steigern. Sogar die Müllkippen fahren feiertags durch Bozen, geben dadurch öffentliches Ärgernis und stören mit ihren Kravall die festtägliche Ruhe und die Stadt wird aber dennoch nicht sauberer. Ich bin sehr dankbar, dass unser Bischof hin und wieder immer wieder dazu öffentlich Stellung bezieht. Auch unser Landeshauptmann betont immer wieder, wie wichtig für ihn der Sonntag für die Familie ist. Aber was nützt es? Wo bleiben die Taten? Wo bleibt das viel gepriesene respektvolle Miteinander? Es ist eindeutig die Aufgabe der Politik hier für einheitliche, klare, gesetzliche Regelungen zu sorgen! Die Landesregierung hat hier anscheinend nicht den Mut dazu und ihre laxe Haltung ist unverständlich, weil auch nach aktuellen Umfragen die große Mehrheit der Bevölkerung immer mehr gegen die Sonntagsöffnung ist.
Paul Berger – Bozen-Gries

Sab, 08/20/2016 - 21:15 Collegamento permanente