Politica | Ente?

Kalterer Gerüchte

Ein Abschiebezentrum in Kaltern? Landesrätin Martha Stocker dementiert die Nachricht aus dem Trentino: “Weiß nicht, wo diese Ente herkommt. Wir haben keine Eile.”
Migration
Foto: upi

“Das ist eine komplette Ente.” Martha Stocker will die Nachricht, die am Mittwoch aus dem Trentino nach Südtirol schwappt, umgehend dementieren. Könnte das Abschiebezentrum für Migranten ohne Bleibeperspektive in Kaltern entstehen?

Region redet mit

Noch ist alles offen. Fest steht, dass auch in der Region Trentino-Südtirol, wie in allen italienischen Regionen, ein Abschiebezentrum für Migranten, die nicht um internationalen Schutz ansuchen oder die Voraussetzungen für Asyl nicht erfüllen, entstehen soll. Das hat die Regierung in Rom dieses Jahr beschlossen. Am 12. April wurde das entsprechende Gesetzesdekret definitiv genehmigt. Doch wo genau das CPR (Centro di permanenza per i rimpatri, so die offizielle Bezeichnung für die Zentren) entstehen soll, steht weiterhin in den Sternen.
Zuletzt war das Thema Ende Mai Gegenstand von Gesprächen in Rom gewesen. Die Regionalregierung hat keinen direkten Einfluss auf den Standort. Es ist der Staat, der entscheidet. Allerdings wurden die beiden Landeshauptmänner Arno Kompatscher und Ugo Rossi von Innenminister Marco Minniti beauftragt, geeignete Strukturen in Rom zu melden. Doch Rossi und Kompatscher lassen sich Zeit. “Wir wollen zunächst vom Minister Klarheit haben”, ließ der Südtiroler Landeshauptmann jüngst wissen, “darüber, was sich der Staat genau vorstellt, welche Voraussetzungen eine solche Struktur erfüllen muss”.

Ente Kaltern?

Bereits seit Anfang des Jahres ist der ehemaligen Truppenübungsplatz in der Roveré della Luna als möglicher Standort für das Abschiebezentrum im Gespräch. Ein Drittel der Fläche liegt in der Gemeinde Salurn. Wie die Trentiner Tageszeitung L’Adige in ihrer Ausgabe von Mittwoch (21. Juni) meldet, schwindet die Hypothese eines CPR in Roveré. Das Verteidigungsministerium, in dessen Besitz sich der Übungsplatz befindet, sei nicht bereit, das Gelände zur Verfügung zu stellen. Als Alternative – so will man beim L’Adige in Erfahrung gebracht haben – habe man jetzt Kaltern ins Auge gefasst: “Si sta valutando, in alternativa, la possibilità di utilizzare altre caserme, che si trovano appena oltre il confine con l'Alto Adige nella zona di Caldaro”, meldet die Trentiner Zeitung.

Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Meldung am Morgen in den Redaktionen des Landes. Weil Landeshauptmann Kompatscher auf Urlaub weilt, wird bei Soziallandesrätin Martha Stocker nachgefragt: Stimmt die Meldung aus dem Trentino? Soll tatsächlich Kaltern Standort für das Abschiebezentrum werden? “Ich habe keine Ahnung, wo diese Zeitungsente herkommt”, beeilt sich Stocker klar zu stellen. “Es kursieren eine Vielzahl an Gerüchten. Dabei ist ganz klar abgemacht, dass wir dem Ministerium Vorschläge unterbreiten werden.” Bislang seien noch “keine genauen Vorschläge” gemacht worden, betont die Landesrätin.

Zeit für Zentrum

Anfang Mai gab es ein Treffen des technischen Arbeitsgruppe zwischen Innenministerium und Regionenkonferenz. Dabei wurde eine erste Liste mit künftigen CPR präsentiert. Die Region Trentino-Alto Adige schien auf dieser ersten Liste nicht auf. “Wir warten noch auf die Antworten aus dem Ministerium. Sobald wir ein klares Bild haben, werden wir unsere Vorschläge vorbringen”, so Landeshauptmann Kompatscher damals. Seine Landesrätin bestätigt: “Es werden zunächst jene Zentren umgesetzt, die bereits geplant sind – wir sind nicht dabei.” Und man habe auch “keine Eile”, vorzupreschen, fügt Stocker hinzu. In dieselbe Kerbe schlägt auch der Trentiner Landeshauptmann. “Non abbiamo dato la nostra disponibilità a trovare una soluzione, ma spetta al ministero degli Interni attivarsi perché siano realizzabili: i problemi in questo caso non siamo noi a porli”, wird Ugo Rossi vom L’Adige zitiert.

Wie aber ist es zu erklären, dass nun Kaltern ins Spiel gebracht wurde? “Vielleicht hat sie irgendjemand erfunden, der meinte, Kaltern würde sich, nun ja, dafür anbieten”, meint Martha Stocker mit einem Augenzwinkern. Bekanntlich weigert sich die Überetscher Gemeinde bislang, regulär im Land befindliche Asylsuchende aufzunehmen.