Politica | Affäre Achammer

Mussners Rüffel

Alles in bester Ordnung: So der Tenor einer Antwort von Landesrat Florian Mussner zu Philipp Achammers Führerschein. Das Problem sei die Presse.
Philipp Achammer
Foto: Fonte Facebook
 
Persönliche Bemerkungen kommen in der Beantwortung von Landtagsanfragen sehr selten vor. Und schon gar nicht von ihm.
Landesrat Florian Mussner gilt eigentlich als besonders zurückhaltend und vorsichtig. Zuständig für den Nahverkehr, muss sich der Transportlandesrat regelmäßig mit öffentlichen Beschimpfungen und Angriffen aus der SAD-Ecke Marke Ingomar Gatterer herumschlagen. Trotzdem entfuhr dem Grödner SVP-Politiker bisher öffentlich kein tadelndes Wort.
Hier aber ist es völlig anders. „Es sei mir hierzu eine kurze Bemerkung erlaubt“, schreibt Florian Mussner. Um dann eine rhetorische Frage zu stellen:„ Muss wirklich, wie es leider zu oft vorkommt, die öffentliche Verwaltung immer wieder ins negative Licht gerückt und unbegründete Verdächtigungen in den Raum gestellt werden?
Mussners Antwort: „Im konkreten Fall und mit nüchternem Blick auf die Fakten wurde hier weder jemand benachteiligt noch bevorzugt.
Die Besonderheit in diesem Fall: Es geht um den Obmann der Südtiroler Volkspartei und seine Probleme bei der Erneuerung des Führscheins.
Andreas Pöder hatte in der aktuellen Fragestunde des Landestages dazu eine Anfrage gestellt.
Entspricht der von der Wochenzeitung FF am 2. November 2017 publizierte Artikel über die Führerscheinproblematik und den Autounfall von Landesrat Philipp Achammer den Tatsachen – welche Rechtfertigung hat der Herr Landesrat für die genannten Vorgänge?“, wollte der Abgeordnete der BürgerUnion von Florian Mussner wissen.
 
 
Muss wirklich, wie es leider zu oft vorkommt, die öffentliche Verwaltung immer wieder ins negative Licht gerückt und unbegründete Verdächtigungen in den Raum gestellt werden?
Florian Mussner
Jetzt hat der ladinische SVP-Landesrat die schriftliche Antwort geliefert. Es ist ein Musterbeispiel, wie schnell man im Land reagiert, wenn es um die persönlichen Probleme von SVP-Politikern geht.
Mussner schreibt:
 
Am Montag nach Allerheiligen habe ich unverzüglich Ressortdirektor, Abteilungsdirektor, die Direktorin des Führerscheinamtes und den Führerscheinprüfer zu einer Besprechung geladen, um den Sachverhalt zu klären.
Es ist mir ein Anliegen klarzustellen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich nach bestem Wissen und Gewissen für die Bürgerinnen und Bürger arbeiten, egal um wen es sich dabei handelt."
 
Der Tenor der Antwort: Alles in bester Ordnung.
So heißt es weiter:
 
Grundsätzlich hat sich das Amt auch in diesem Fall gemäß der üblichen, vom Gesetz vorgesehenen Vorgangsweise verhalten. Zum Artikel und nach Rücksprache mit den darin Zitierten darf ich zudem festhalten, dass im Bericht nicht alle Fakten angeführt wurden.
Tatsache ist, dass das Amt für Führerscheine nach der Prüfung des Herrn Achammer Unregelmäßigkeiten in der Übersetzung festgestellt und diese dem Transportministerium gemeldet hat. Das Ministerium hat die beanstandete Übersetzung für begründet gewertet. Die Prüfung wurde für bestanden erklärt, die Fragen wurden gestrichen. Das ist die Regel. Wird eine Frage aus Übersetzungsgründen gestrichen, dann kommt der Kandidat bei genügend anderen richtigen Antworten durch.
 
Florian Mussner bestätigt auch die zweite Prüfung von Philipp Achammer.
 
Auf ausdrücklichen Wunsch des Kandidaten Achammer wurde diese Prüfung allerdings annulliert. Die Prüfung wurde mit einem anderen Prüfer und mit fünf weiteren Kandidaten erneut abgenommen. Die Direktorin des Amtes für Führerscheine hat den korrekten Ablauf der Prüfung kontrolliert. Achammer hat bestanden.“
 
Zudem sei auch das Fahren des SVP-Obmannes nach der durchgefallenen Prüfung absolut rechtens. Auf Nachfrage habe das Transportministerium schriftlich mitgeteilt:
 
„se la prova di teoria o di guida dell’esame di revisione ha esito negativo, l’Ufficio procederà a revocare la patente ai sensi dell’art. 130 comma 1 lettera b del Codice della Strada. Il provvedimento di revoca ha effetto dal momento della notifica ed il conducente ha l’obbligo di riconsegnare immediatamente la patente (non appena notificato il provvedimento di revoca) perché sia distrutta e cancellata dagli archivi. Durante il periodo intercorrente tra l’esame con esito negativo e la notifica del provvedimento di revoca il conducente può legalmente circolare, salvo che la patente non sia già sospesa per altri motivi.”  
 
Also: Ende gut, Führerschein gut und Presse schlecht. So einfach kann es sein.
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Markus Gufler Mer, 11/15/2017 - 09:41

es wäre ja ganz einfach:
Würden Serien-Landtags-Anfragende Pöders und Titelblatt schreibende Hinterwaldners in selber Form und Umfang einen entkräfteten Vorwurf publizieren, könnten sie beide dem Eindruck entgegenwirken, dass es ihnen wohl eher um Skandal-Trächtigkeit und weniger um "alles rechtens?" geht.
Pöder könnte in Form von üblicherweise prompten Pressemitteilungen festhalten, dass der Vorwurf falsch und die Rechtfertigung stichhaltig gewesen ist. Kommt ihm aber wohl nur sehr schwer über die Lippen.
Und auch ein Karl Hinterwaldner könnte einen weiteren journalistischen Edelstein in die Welt setzen. Hier schon mal eine Vorlage für die Einleitung:
"Der Mann in der Redaktion ist ein Häuflein Elend. Er sitzt da, verzweifelt, fertig. „Zwei Fehler!“, hat der zuständige Landesrat ihm gerade mitgeteilt. Der Mann denkt sich: „Puttega.“ Er hatte sich vorbereitet, mehr schlecht als recht, wie er zugibt, ..."

Geradezu grandios und aufrichtig würde ich finden, wenn Pöder eine weitere Anfrage stellt: "Wie viele Führerschein-Prüfungen hat es in Südtirol in den letzten 25 Jahren gegeben, in denen ein Kandidat aufgrund von gestrichenen, falsch übersetzten Fragen zwar durchgekommen ist, dann aber ausdrücklich und aus freien Stücken darauf bestanden hat die Prüfung noch einmal mit richtigen Fragen zu wiederholen. Karl Hinterwaldner könnte das Ergebnis dieser Anfrage dann in der FF abrucken lassen. Auf der Titelseite natürlich.

Mer, 11/15/2017 - 09:41 Collegamento permanente
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Martin Daniel Mer, 11/15/2017 - 12:15

Wie viele Führerschein-Prüfungen hat es in Südtirol in den letzten 25 Jahren gegeben, in denen ein Kandidat aufgrund von falsch übersetzten Fragen durchgesaust ist und die Fragen nicht annullieren lassen konnte?

Mer, 11/15/2017 - 12:15 Collegamento permanente
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Markus Gufler Mer, 11/15/2017 - 22:22

In risposta a di Martin Daniel

Auch eine gute Frage! Das von Franceschini zitierte Antwortschreiben enthält eine präzise Erklärung wie vorgegangen wurde mit dem Nachsatz "Das ist die Regel", was sich an "regelmäßig" anlehnt.

Wer jetzt wirklich unbedingt und ganz ganz fest will, kann das nicht verstehen wollen, und weiterhin vermuten, dass "die da oben grundsätzlich betrügen"
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das speziell dann gut ins eigene Weltbild passt, wenn man keine Chance sieht ähnlich erfolgreich zu sein. Aber darum soll es hier nicht gehen.

Vielmehr ergibt sich die Frage: warum sollten Beamte "freundlich" oder auf Zuruf eine Sonderbehandlung gewähren, wenn der Prüfling selbst danach doch aus freien Stücken auf eine Nachprüfung besteht?

Im Prinzip würde Logik reichen, aber der Drang und Bedarf nach einem Skandal scheint wohl sehr groß zu sein...

Mer, 11/15/2017 - 22:22 Collegamento permanente
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Markus Gufler Ven, 11/17/2017 - 13:35

In risposta a di Martin Daniel

D.h. der Vorwurf manipuliert zu haben geht gegen die Beamten, und Achammer hat ihnen mit seiner Ehrlichkeit einen Strich durch die Rechnung gemacht?
Das ist schon sehr dünnes Eis auf dem da skandalisiert wird. Im Prinzip also auch ein gutes Zeichen für Gesellschaft und Bürger. Weniger gut für die Opposition und all jene, die glauben, dass direkte Demokratie hauptsächlich den eigenen Vorstellungen zu entsprechen hat. Und auch für jene Journalisten, die sehr auf Verurteilung, belehrende Feststellungen und tendenziöse Berichterstattung bedacht sind, damit versuchen dem Bürger seine eigene Meinungsbildung vorzuenthalten und ihren Beruf deshalb nicht optimal erfüllen.

Ven, 11/17/2017 - 13:35 Collegamento permanente
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Stereo Typ Mer, 11/15/2017 - 15:12

Die Geschichte der FF war eine Nicht-Geschichte. Die Zeitschrift wollte mal ihr neues Stilmittel, die comicähnliche Aufmachung einer Story testen, in Anlehnung an Magazine wie dem Zeit-Magazin oder der Süddeutschen. Achammer scheint sich korrekt verhalten zu haben, von Affäre kann keine Rede sein. Gibt es denn wirklich keine anderen Themen, bei denen die FF investigativ tätig sein könnte?

Mer, 11/15/2017 - 15:12 Collegamento permanente