Economia | Transit

Baumgartners Angriff

Auf einer Pressekonferenz macht die italienische Frächterlobby gegen die derzeitige Transitpolitik mobil. Man verlangt eine völlige Neuorientierung.
LKW-Stau
Foto: wiki
Thomas Baumgartner ist ein Freund klarer Worte. „Einseitige Initiativen, wie die in Tirol eingeführte Blockabfertigung, sind nicht nur wettbewerbsverzerrend und EU-rechtswidrig, sondern sie haben auch kontraproduktive Auswirkungen auf das Stauaufkommen und den Schadstoffausstoß, wie die langen LKW- Schlangen in Tirol an den Tagen mit Fahrverbot zeigen“, sagt der Hauptaktionär und CEO des Transportriesen FERCAM auf einer Pressekonferenz in Bozen.
Baumgartner sitzt als Präsident des Verbandes ANITA, der die Unternehmen des Warentransports und der Logistik vertritt. Neben ihm am Podium, sitzen zwei hochrangige Exponenten der italienischen LKW- und Autobranche. Pierre Lahutte, IVECO-Manager und Präsident der ANFIA, der Vereinigung der Unternehmen und Infrastrukturbetreiber im Bereich Transporte und Logistik, sowie Franco Fenoglio, Präsident der Sektion Industriefahrzeuge des Verbandes UNRAE, der die ausländischen Automobilhäuser vertritt, die in Italien PKWs, Nutzfahrzeuge, Busse, Anhänger, Wohnmobile, und Wohnwägen vertreiben und durch ihre Filialen die technische Betreuung sowie den Vertrieb von Originalersatzteilen garantieren.
Alle drei Verbände gehören zur Confindustria, deshalb fand die gemeinsame Pressekonferenz auch am Sitz des Unternehmerverbandes statt. Dabei galt es die Sichtweise der Transportunternehmer auf die Verkehrspolitik dies- und jenseits des Brenners aufzuzeigen. „Die derzeitige Situation ist auch ein soziales Problem für die LKW-Lenker“, resümiert Thomas Baumgartner. 
 

Schiene kein Allheilmittel

 
Gut 70 Prozent der italienischen Wirtschaftsleistung geht über die Alpen. Der Brenner ist dabei die Basis für die Exporte zu den bedeutenden Märkten im Zentrum und Norden Europas. Die gemeinsame Botschaft auf der Pressekonferenz: Es brauche deshalb eine gemeinsame Transportpolitik im Alpenraum, die Umweltbedürfnisse mit Wirtschaftlichkeit vereinbart. 
Thomas Baumgartner: „Bereits derzeit ist der kombinierte Warentransport eine weit verbreitete Lösung, auf die es sicherlich noch stärker zu setzen gilt, allerdings ist es einschränkend und kurzfristig auch unrealistisch zu glauben, dass die einzige Lösung für einen nachhaltigen Warentransport im alpinen Raum in der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf der Schiene liegt.“ 
Für die Transportunternehmer ist die Verlagerung kein Allheilmittel. „Die Verringerung der negativen Auswirkungen des Warentransports kann nicht rein über die Verlagerung erfolgen, sondern kann nur im Einklang mit dem grundlegenden Prinzip des freien Warenverkehrs erreicht werden“, so Baumgartner.
 

Die Energiewende

 
Pierre Lahutte, erklärte aus der Sicht der italienischen LKW-Hersteller die derzeitige Situation.: „Heute sind die Herstellerfirmen mehr als je zuvor dazu aufgerufen, Lösungen zu finden, um eine Produktpalette anzubieten, die einerseits die immer strengeren Umweltauflagen und andererseits die immer komplexeren Bedürfnisse des Transports, sowohl für die Langstrecke, als auch für die Kurzstrecke im lokalen und urbanen Bereich erfüllt.
 
Für den Brand President IVECO ist Flüssigerdgas im Moment die einzig konkret vorhandene Technologie, die sofort eine Reduzierung der Emissionen ermöglicht. Im Fall von Biomethangas würde dies im Vergleich zu den Dieselmotoren zu einer Reduzierung von fast 110.000 Tonnen/jährlich an CO2 Emissionen führen. 
In diesem Zusammenhang nehme die Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Logistikunternehmen und Institutionen eine strategische Rolle ein. Nur so sei die Energiewende zu schaffen. „Die italienische Automobilbranche will dabei nicht nur Zuschauer sondern Darsteller sein, indem dem Warentransport, insbesondere für umweltsensible Zonen, wie den Alpenraum, sofort umsetzbare Lösungen angeboten werden“. versicherte Lahutte.
Auch Franco Fenoglio, Präsident der Sektion Industriefahrzeuge des Verbandes UNRAE, schlägt in dieselben Kerbe: „In unserem Land, wo mehr als 64,8 Prozent der Fahrzeuge den Klassen Euro 0, I, II, III angehören (d.h. sie haben einen Altersdurchschnitt von mehr als 11 Jahren, höher als in den anderen europäischen Ländern), wäre eine Erneuerung des Fuhrparks dringend notwendig.
Die Hersteller der Industriefahrzeuge hätten hohe Summen investiert, um dem Markt Fahrzeuge der letzten Generation (Euro VI, LNG, CNG, Hybrid.) anbieten zu können. „Dadurch ist ein Qualitätssprung sowohl im Bereich der Umweltverträglichkeit als auch der Wirtschaftlichkeit, aber auch bei der Sicherheit auf der Straße möglich“, so Fenoglio.
 

Die Vorschläge

 
Dann stellten man auf der Pressekonferenz einen Lösungs- und Forderungskatalog vor, der im wahrsten Sinne des Wortes die aktuelle Transitpolitik auf den Kopf stellen dürfte.
Laut ANITA könne die Situation durch folgende Maßnahmen verbessert werden:
 
  • Abschaffung des Nachtfahrverbotes und der Blockabfertigungen; 
  • Rollende Landstraße (ROLA) auch für PKWs; 
  • Gleichstellung des Transitverkehrs mit dem Ziel- und Quellenverkehr in der Europaregion; 
  • Stärkung und Erhöhung der Verladeterminals; 
  • öffentliche Anreize für den intermodalen Verkehr und Verbesserung der Qualität der Dienstleistung; 
  • alternative Antriebsmethoden für die Schwerfahrzeuge (wie zum Beispiel Flüssigerdgas); 
  • Verbreitung von Motoren der neuesten Generation (Euro VI); 
  • innovative Lösungen für die Optimierung des Transports, wie autonome Fahrweise in Platooning. Darunter versteht man dass mehrere Fahrzeuge mit Hilfe eines technischen Steuerungssystems in sehr geringem Abstand hintereinander fahren können, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird. 
  • die erweiterte Kombination der Lasten wie Ökokombi. Hinter diesen harmlosen Wort verbergen sich die so genannten Mega-Trucks. Also bis zu 25,25 Meter langen Sattel- und Anhängerzüge. 
In der Politik und bei den Transitgegner wird dieser Forderungskatalog noch für einige Diskussionen sorgen.
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Benno Kusstatscher Sab, 04/28/2018 - 05:36

Seltsam, dass im Alperialand nicht einmal die Wirtschaft vom eHighway spricht. Wesentlich weniger Logistik als mit der RoLa, gut kombinierbar mit dem Platooning, dadurch frische Fahrer am Ziel und für anfäglichen Anzeiz könnte die öffentliche Hand nicht nur die Maut erlassen, sondern auch gleich den "Spritverbrauch".
https://www.heise.de/newsticker/meldung/eHighway-Bauarbeiten-fuer-Oberl…

Sab, 04/28/2018 - 05:36 Collegamento permanente