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“Parteiinteressen zurückstellen!”

Stephan Lausch macht vor der Behandlung des Gesetzentwurfes zur Direkten Demokratie im Landtag mobil. Und richtet einen eindringlichen Appell an die Volkspartei.
Fingerzeig
Foto: Pixabay

Gründe gibt es für Stephan Lausch genug. Kommende Woche soll der Landtag über ein neues Gesetz zur Direkten Demokratie befinden. Als Koordinator der Initiative für mehr Demokratie macht Lausch im Vorfeld mobil. Denn er befürchtet, dass der Gesetzentwurf von Magdalena Amhof, Brigitte Foppa und Sepp Noggler, der nach langer Vorlaufzeit zustande gekommen ist und nach einem Volksbegehren eigentlich noch in dieser Legislaturperiode behandelt werden muss, von der SVP verwässert bzw. vollkommen in Frage gestellt werden könnte. “Die Uneinigkeit der Volkspartei und heftige Widerstände innerhalb der Partei und in ihrem Interessenumfeld stellt die Verabschiedung des Gesetzentwurfes zur Direkten Demokratie am 23. und 24. Juli in Frage”, warnt Lausch.

An die zahlreichen Organisationen und Bürger, die an dem Gesetzentwurf mitgewirkt haben, appelliert er nun, Druck auf die Landtagsabgeordneten auszuüben, den Entwurf nicht mehr auf die lange Bank zu schieben und “möglichst unversehrt” zu verabschieden. Dafür listet er eine Reihe an Gründen auf, mit denen sich Bürger und Organisationen an die Landtagsabgeordnten wenden sollen:

  • Der Gesetzentwurf Amhof/Foppa/Noggler ist auf der Grundlage eines aufwändigen partizipativen Verfahrens zustande gekommen, an dem wir beteiligt waren. Diese intensive Bemühung um einen Kompromiss nach 20 Jahren Ringen um ein gutes Gesetz, darf nicht umsonst gewesen sein!
  • Bitte, parteiinterne Uneinigkeiten zu Gunsten einer endlich anwendbaren Regelung der Direkten Demokratie, auf die die Bevölkerung des Landes seit 2001 statutarisch Anrecht hat, (Art. 47) zurückzustellen und partei- und Mehrheit und Minderheit übergreifend diesen Gesetzentwurf endlich verabschieden!
  • Der Kompromiss ist mit der Gesellschaft ausgehandelt worden. Bitte diesen jetzt nicht parteiverpflichtet verunstalten oder gar ablehnen, sondern den Bürgerinnen und Bürgern und ihren Organisationen verpflichtet, verabschieden! Sie haben sich massiv dafür engagiert.
  • Es handelt sich um einen schwachen Kompromiss, der aber eine zu Beginn der Legislatur versprochene Verbesserung gegenüber der derzeitigen Regelung darstellt, der dieses Aufsehen und der weiteren Energieaufwand nicht wert ist. Schlicht und einfach ein Versprechen und eine Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern!
  • Bitte, die den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber im Koalitionsabkommen für die Legislatuperiode 2013-2018 eingegangene Verpflichtungen ernst nehmen:
    • "Dieses  Programm  rückt  die  einzelne Bürgerin  und  den  einzelnen  Bürger  in  den  Mittelpunkt  der  Politik,  damit  diese  ihren Handlungsspielraum  wieder  verstärkt  in  Eigenverantwortung  nutzen  können.  Dies  erfolgt im Bewusstsein, dass das Land den Menschen die wichtigen Lebensentscheidungen nicht abnehmen kann und nicht abnehmen darf." (Seite 1)
    • "Wir wollen die Südtirolerinnen und Südtiroler an den maßgebenden Entscheidungsprozessen beteiligen, um den Herausforderungen in unserem Land bürgernah begegnen zu können." (Seite 3)
    • Gleichzeitig bedeutet eine Modernisierung und Anpassung  des  Regierungssystems, die Beziehungen zwischen  Landesregierung und  Landtag  zu  optimieren,  die  Qualität  der  Gesetzgebung  sowie die Entscheidungsprozesse zu überdenken und an der horizontalen Subsidiarität zu arbeiten, indem moderne Formen der demokratischen Beteiligung und der direkten Demokratie vorgesehen werden." (Seite 32)
    • "Die gesunkene Wahlbeteiligung zeigt, dass sich auch in Südtirol viele Bürger von der Politik abgewandt  haben. Es gilt deshalb, das Vertrauen in Politik, Politiker und Institutionen wieder zu festigen, was  auch bedeutet, dass die Gestaltung der Gesellschaft nicht in den Händen weniger konzentriert werden darf,  sondern die Bürgerinnen und Bürger wieder vermehrt in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Die Koalitionspartner sind sich deshalb einig, dass neue  Formen  der  Partizipation  der  Bürger  auf  den Weg  gebracht  werden müssen." (Seite 36)
  • Seit 2001 haben Südtirols Bürgerinnen und Bürgern auf der Grundlage des Autonomiestatutes Anrecht auf eine gut anwendbare Direkte Demokratie (Art. 47). Bis heute ist die Verpflichtung zur Anwendbarkeit dieses Rechtes nicht erfüllt und den Bürgerinnen und Bürgern des Landes seine Ausübung vorenthalten worden. Es ist überfällig, diese Verpflichtung endlich einzulösen mit der Verabschiedung des Kompromissvorschlags Amhof/Foppa/Noggler!
  • Der Kompromissvorschlag Amhof/Foppa/Noggler zur Bürgerbeteiligung und Direkten Demokratie hält sich in etwa (im Gesetzentwurf 25%) an die Vorgaben des Autonomiestatutes (0 Quorum und 8.000 Unterschriften). Das ist ausreichend Garantie dafür, dass es nicht falsch sein kann, diesen Gesetzentwurf unverändert zu verabschieden!
  • Parteiinteressen zurückstellen gegenüber den Interessen der Bürgerinnen und Bürger! Aufruf an den Landtag, den Kompromissvorschlag Amhof/Foppa/Noggler transversal – so wie er zustande gekommen ist – Mehrheit und Opposition übergreifend verabschieden!