Ambiente | Bauernbund

Unsanfte Landung

Eine Aussagen von Leo Tiefenthaler zum Ausbau des Bozner Flughafens lassen im Bauernbund die Wogen hochgehen. Gerät der SBB-Obmann unter Druck?
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Foto: SWR
 
Es war nur kurzer Satz. Aber ein Satz mit nachhaltigen Folgen.
Leo Tiefenthaler ist Obmann des Südtiroler Bauernbundes (SBB). Der Montaner Weinbauer ist aber auch Präsident des Südtiroler Wirtschaftsrings (SWR). Es sind zwei Ämter, die manchmal einen Spagat erforderlich machen, der kaum zu bewältigen ist. Das muss Leo Tiefenthaler spätestens in den vergangenen Tagen klar geworden sein.
Der Leo ist im wahrsten Sinne zwischen Hammer und Amboss geraten“, bemüht ein Mitglied des Landesbauernrates ein italienisches Sprichwort.
 

Das Frühstück

 
Am vergangenen Donnerstag lud der Südtiroler Wirtschaftsring (SWR) im Bozner NOI-Techpark zum „Wirtschaftsfrühstück“. Beim „meet & greet“ konnten die Unternehmer die Landtagskandidaten der Wirtschaft aller Parteien kennenlernen.
Vor allem aber stellte der Wirtschaftsring ein Positionspapier mit den Anliegen der Wirtschaft an die Politik vor.
In dem Positionspapier sind rund 100 konkrete Vorschläge der Wirtschaft enthalten. Es geht darum die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, Unternehmen in ihrer Entwicklung zu unterstützen, einen ausgewogenen Landeshaushalt sicherzustellen, die Erreichbarkeit zu garantieren und Südtirol zu vernetzen, in Jugend und Bildung zu investieren, die Arbeit der Zukunft zu gestalten, Südtirol als Plattform des Austauschs im Herzen Europas zu stärken, eine ausgewogene Entwicklung zwischen Stadt und Land zu ermöglichen und das friedliche Zusammenleben zu fördern
 
In dem 29-Seiten-Dokument gibt es auch einen Satz zum Bozner Flughafen. „Der Regionalflughafen Bozen bildet einen wichtigen Mosaikstein in der Erreichbarkeit Südtirols. Ein Ausbau wird - im Respekt der jüngsten Volksabstimmung - begrüßt“, heißt es im den SWR-Dokument.
Der Satz wäre wahrscheinlich untergegangen, hätte ihn Leo Tiefenthaler nicht vor laufender Kamera wiederholt. In einem Interview mit dem RAI-Journalisten Christian Bassani sagte der SWR-Präsident wörtlich: „Ein bestimmter Ausbau ist diesbezüglich natürlich notwenig, wenn man den Flughafen weiterbetreiben will. Aber natürlich immer im Respekt dieser Volksabstimmung.
Es ist der Satz des Anstosses.
 

Die Kontroverse

 
Die Aussage klingt wie die Quadratur des Kreisen. Denn in einer landesweiten Volksabstimmung hatte sich die Mehrheit der Südtiroler und Südtirolerinnen 2016 gegen ein öffentliche Finanzierung und indirekt damit auch gegen den Ausbau des Bozner Flughafens ausgesprochen. Die Südtiroler Wirtschaft will ihn jetzt durch private Investoren ausbauen lassen.
Geht man ausschließlich wörtlich vor, widerspricht dieser Plan dem Flughafenreferendum vielleicht nicht. Realpolitisch dürfte ein Ausbau des Flughafens im Respekt der Volksabstimmung aber ein Ding der Unmöglichkeit sein.
Bereits im Vorfeld der Flughafenabstimmung war es im Südtiroler Bauernbund zu Kontroversen gekommen. Denn in der wichtigsten Südtiroler Standesorganisation gibt es seit langem eine breite Gegnerschaft gegen den Bozner Flughafen. Vor allem die Bauernbund-Ortsgruppe aus Bozen, dem Überetsch und dem Unterland forderten deshalb offen, dass sich der SBB auf die Seite der Flughafengegner stellt. Wirtschaft nahe Kreise versuchten hingegen bis zum letzten Moment den Bauernbund als Unterstützung für das Flughafenprojekt zu gewinnen.
Im März 2016 entschied der Landesbauernrat wenig überraschend, sich beim Referendum neutral zu verhalten und den SBB-Mitglieder keine Wahlempfehlung zu erteilen.
Vor diesem Hintergrund muss man auch die Kontroverse sehen, die jetzt wieder aufflammt.
 

Der Rücktritt

 
Helmuth Alessandrini betreibt biologischen Anbau auf dem Engelmooshof in Bozen und er hat sich seit Jahren gegen den Bozner Flughafen eingesetzt. Alessandrini ist auch seit fast 15 Jahren Obmann der Bozner SBB-Ortsgruppe. Damit ist es jetzt aber vorbei.
Der Bozner Bauernbundchef wird am Dienstag auf der Sitzung des Ortsbauernrates aus Protest gegen die Tiefenthaler-Äußerungen von seinen Amt von zurücktreten.
Ich trete als Obmann der Ortsgruppe Bozen sofort zurück“, erklärte Alessandrini am vergangenen Samstag der Tageszeitung Dolomiten. Und weiter: „So etwas aus dem Mund von Tiefenthaler zu hören, war wie ein Schlag ins Gesicht“.
 
Bevor er seinen Schritt öffentlich machte, hat Helmuth Alessandrini Leo Tiefenthaler in einer persönlichen Aussprache seine Empörung und seinen Rücktritt mitgeteilt. Der SBB-Obmann bezeichnete die Reaktion von Alessandrini als „überzogen“. Gleichzeitig korrigierte er seine Aussagen ein klein wenig. Plötzlich ist von „notwendigen Anpassungen“ die Rede.
Leo Tiefenthaler: „Das Ergebnis der Volksbefragung ist auf alle Fälle zu respektieren. Wenn wir den Flughafen beibehalten wollen, dann werden Anpassungen notwendig sein. Wer dies dann bewerkstelligt, werden wir sehen. Die öffentliche Hand wird es bekanntlich nicht sein.
Ob damit das Feuer im Bund gelöscht ist, wird sich erst zeigen.
Helmuth Alessandrini bestätigte am Montag RAI Südtirol gegenüber, dass sein Rücktritt unwiderruflich sei.
 

Die Opposition

 
Inzwischen schießt sich die Opposition auf den Bauernbundobmann ein.
Die Enttäuschung und der Rücktritt des Bozner Bauernbund-Ortsobmannes Helmuth Alessandrini aufgrund der Flughafen-Aussage von Landesobmann Tiefenthaler sind mehr als verständlich“ schreibt Fabian Pernter, bäuerlicher Landtagskandidat der Freiheitlichen in einer Aussendung.
Tiefenthaler sitze in seiner Doppelfunktion als Obmann des Südtiroler Bauernbundes und Vorsitzender des Südtiroler Wirtschaftsrings zwischen den Stühlen und er stelle jetzt die Forderungen einiger Wirtschaftskreise über die Interessen der Bäuerinnen und Bauern.
Fabian Pernter weiter: „Schon seit Jahren sei der Bauernbund parteipolitisch in sehr einseitigem Fahrwasser unterwegs. Wenn Leo Tiefenthaler nun aufgrund der Doppelfunktion auch noch das ureigenste Bauerncredo, den Schutz von Grund und Boden, über Bord zu werfen scheint, sei es nicht verwunderlich, wenn sich immer weniger Bauern von der Ausrichtung und Positionierung des Südtiroler Bauernbundes vertreten fühlen“.
Auch die Südtiroler Grünen schalten sich die Bauernkontroverse ein. „Schon wieder wird über die Flughafenabstimmung diskutiert und neuerdings wird versucht, das politische Ergebnis umzudeuten“, meinen Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, und Hans Heiss.
 
Die Grünen erinnern an die politische Aussage,“die die Bürgerinnen in der Abstimmung im Juni 2016 mit dem sensationellen Ergebnis von 70,7 % für das Nein getroffen haben– entgegen der SVP und der gesamten Wirtschaftsmacht im Lande.
Andreas Pöder stellt eine andere Rechnung auf: „Fast sieben Millionen Euro Steuergelder aus dem Südtiroler Landeshaushalt wurden seit dem deutlichen Nein der Bevölkerung bei der Volksbefragung zum Flughafenausbau und zur öffentlichen Flughafenfinanzierung für den Bozner Flugplatz ausgegeben“.
Laut dem Landtagsabgeordneten der Bürgerunion werden monatlich aus dem Landeshaushalt rund 350.000 Euro Netto für die Führungskosten des Flugplatzes an die landeseigene Flughafengesellschaft ABD bezahlt. Dazu kommen noch rund 100.000 Euro Zivilschutzkosten, die monatlich anfallen und ebenfalls größtenteils aus dem Landeshaushalt finanziert werden.
Pöder hat zur bevorstehenden Haushaltsdebatte im Südtiroler Landtag einen Tagesordnungspunkt eingebracht, mit der er genau das verhindern will, was Leo Tiefenthaler angekündigt hat