Economia | Sparkasse

Blinde Kuh im Sheraton

Am Dienstag sollen die Aktionäre der Sparkasse den amtierenden Verwaltungs- und Aufsichtsrat für weitere drei Jahre bestätigen. Nur wissen dürfen sie das vorab nicht.
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Foto: sparkasse
Schon die alten Römer wussten, wie Demokratie am Besten funktioniert.
Man muss das Fußvolk nur möglichst unwissend lassen, dann setzt man alles durch, was man will.
Auch die amtierende Spitze der Südtiroler Sparkasse scheint genau das zu denken. Nur so ist erklärbar, was sich derzeit rund um die Südtiroler Traditionsbank abspielt.
Wobei vorausgeschickt werden muss: Es läuft alles streng nach den Spielregeln ab, die man sich selbst gegeben hat.
Es sind aber Spielregeln wider jede Transparenz, die die eigenen Aktionäre fast schon zu Stimmvieh degradieren.
 

Die Aktionärsversammlung

 
Am kommenden Dienstag sind die 23.000 Aktionäre der Südtiroler Sparkasse zur Aktionärsversammlung ins Bozner Hotel Sheraton geladen. Auf der Tagesordnung stehen der Geschäftsbericht des Verwaltungsrates, die Berichte des Aufsichtsrates und der Revisionsgesellschaft sowie die Genehmigung des Jahresabschlusses zum 31.12.2018.
Zudem finden auch Neuwahlen in der Sparkasse statt. Das Mandat des amtierenden Verwaltungs- und Aufsichtsrates läuft an diesem Tag mit der Bilanzgenehmigung aus. Die Aktionärsversammlung muss deshalb – so wie im Statut der Sparkasse vorgesehen – die Anzahl der Verwaltungsratsmitglieder festlegen und danach einen neuen Verwaltungsrat und einen neuen Aufsichtsrat wählen, die in den nächsten drei Jahren die Geschicke der Bank leiten werden.
 
 
Das Absurde dabei: Bisher weiß nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten, wer für diese Ämter zur Wahl steht. Jeder Gesellschafter kann seine Stimme abgeben, doch weiß er erst am Dienstagnachmittag, wen er überhaupt wählen soll, kann und darf. Die Kandidaten werden von der Sparkassenspitze bewusst unter Verschluss gehalten. Das heißt ähnlich dem Kinderspiel Blinde Kuh muss man sich am Dienstag auf eine Wahl einlassen, bei der man erst im allerletzten Moment die Augen öffnen darf.
Der Grund dafür ist einfach: Alle Entscheidungen sind längst vorgegeben.
 

Die Wiederbestätigung

 
Der amtierenden Bankspitze ist es dabei gelungen, in der Stiftung Sparkasse jene Lösung durchzusetzen, die Gerhard Brandstätter & Co unbedingt wollten: Es muss alles so bleiben, wie es ist.
Der amtierende Verwaltungs- und Aufsichtsrat soll in toto so bestätigt werden, wie er in den vergangenen drei Jahren die Bank geführt hat. Demnach stehen – nach Informationen von salto.bz - für den Verwaltungsrat Gerhard Brandstätter (als Präsident), Carlo Costa (Vizepräsident), Nicola Calabró (Generaldirektor und Alleinverwalter), Aldo Bulgarelli, Marco Carlini, Sieglinde Fink, Hans Krapf, Christoph Rainer und Klaus Vanzi zur Wahl.
Als Aufsichtsräte sollen hingegen Martha Florian von Call (Präsidentin), Massimo Biasin und Hugo Endrizzi und als Ersatzaufsichtsräte Armin Knollseisen und Carlo Palazzi wiedergewählt werden.
„Es ist den Herren und Damen wichtig, dass sie unter sich bleiben“, sagt einer, der selbst lange im Verwaltungsrat der Sparkasse saß „denn Neueinsteiger bringen gewisse Gleichgewichte ins Wanken“.
 
 
Die Sparkasse hat einen großen Hauptaktionär. Die gemeinnützige Stiftung Sparkasse hält 65,81 Prozent an der Bank. Der ehemalige inzwischen verstorbene SVP-Senator und Stiftungspräsident Hans Rubner hat ein anschauliches Bild für das Verhältnis zwischen Stiftung und Bank geprägt. Die Stiftung ist der Bauer und die Bank der Knecht.
Die Realität in der Sparkasse sieht heute aber anders aus: Denn inzwischen schafft der Knecht dem Bauer an, was dieser zu tun hat.
Die Realität in der Sparkasse sieht heute aber anders aus: Denn inzwischen schafft der Knecht dem Bauer an, was dieser zu tun hat.
Das zeigt sich auch daran, wie Gerhard Brandstätter & Co ihre Wiederbestätigung generalstabsmäßig geplant haben.
 

Die Weichenstellung

 
Der amtierende Verwaltungsrat verabschiedete – wie von der Bankenaufsicht empfohlen - auf seiner Sitzung am 7. Februar 2019 die neuen „Richtlinien für die Ernennung des Verwaltungsrates“. 
Dort heißt es: „Das vorliegende Dokument, das vom amtierenden Verwaltungsrat genehmigt wurde, regelt die angemessene Zusammensetzung des Verwaltungsrates, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Insbesondere regeln die vorliegenden Richtlinien die Voraussetzungen der Eignung der Verwalter sowie die Kriterien der Kompetenz und Korrektheit, die diese erfüllen müssen.
Laut dem Statut der Sparkasse setzt sich der Verwaltungsrat der Sparkasse aus mindesten 9 und höchstens 13 Mitglieder zusammen. Es obliegt der Aktionärsversammlung, die Anzahl der Verwaltungsräte festzulegen. Diese Abstimmung steht dann auch vor den Neuwahlen am Dienstag auf der Tagesordnung.
In den Richtlinien zur Ernennung des Verwaltungsrates, die Brandstätter & Co vor zwei Monaten beschlossen haben, heißt es aber auch: „Derzeit setzt sich der Verwaltungsrat aus neun Mitgliedern zusammen, es handelt sich um die vom Statut vorgesehene Mindestanzahl an Verwaltern. Diese quantitative Zusammensetzung ist der operativen Größe und der Komplexität der Organisationsstruktur der Bank und der Gruppe insgesamt angemessen.“
Zudem – so heißt es in dem Dokument - habe auch die Selbstprüfung der letzten Geschäftsjahre bestätigt, dass die Anzahl von neun Verwaltungsräten, bezogen auf die Komplexität und das Risikoprofil der Bank, angemessen sei. Deshalb schlägt der Verwaltungsrat der Gesellschafterversammlung auch weiterhin einen Verwaltungsrat mit neun Mitgliedern vor.
 

Die Stiftung


Die eigentliche Vorentscheidung über die Bestellung des Sparkassen-Verwaltungsrates fällt in der Stiftung Sparkasse. Dort hat Sparkassenpräsident Gerhard Brandstätter bekanntlich nicht nur Freunde.
Vor allem aber setzt der politische Wechsel in Südtirol den amtierenden Vizepräsidenten der Sparkasse, Carlo Costa, unter Druck. Costa ist Exponent und Funktionär des PD. Monatelang ging die Angst um, die Lega könnte jetzt diesen wichtigen und lukrativen Posten für sich beanspruchen.
Weil jede Personaldebatte unweigerlich auch eine Diskussion um das unzertrennliche Führungsduo Brandstätter-Costa ausgelöst hätte, drängte die Sparkassenspitze deshalb seit langem auf eine Bestätigung en bloc. Das war der offizielle Antrage an die Stiftung, die sieben der neun Verwaltungsräte nominiert.
 
 
Stiftungspräsident Konrad Bergmeister spielte hier aber nicht so einfach mit. Er ließ im Verwaltungsrat der Stiftung eine geheime Wahl durchführen. Dabei ergab sich zwar eine Mehrheit für die Wiederbestätigung. Doch nach Informationen von salto.bz erzielte der designierte Vizepräsident Carlo Costa mit nur fünf Stimmen bei dieser Wahl das schlechteste Ergebnis.
Das liegt auch daran, dass auf dieser Sitzung bewusst eine brisante Frage aufgeworfen wurde. Carlo Costa ist leitender Angestellter der Brennerautobahn AG, die im Juni eine Inhouse-Gesellschaft der Region werden soll. Laut geltendem Recht kann ein Angestellter einer solchen öffentlichen Gesellschaft nicht rund 150.000 Euro in verschiedenen Ämtern der Bankengruppe dazu verdienen.
Diese Unvereinbarkeit sei zu klären, wenn sie eintrifft, argumentierte die Brandstätter-Gruppe. Tatsache ist, dass man an Dienstag mit Carlo Costa eine Verwaltungsratsmitglied wählt, das aller Voraussicht nach zum Vizepräsidenten der Sparkasse ernannt werden wird und vielleicht schon in ein paar Monaten wieder zurücktreten muss.
 

Die Wahl

 
Von all diesen Hintergründen sollen die Sparkassenaktionäre eigentlich nichts erfahren. Selbst die Namen der Kandidaten für den Verwaltungsrat bleiben bis kurz vor der Stimmabgabe geheim. Dadurch hofft man, mögliche Kritik an dieser Fortschreibung klein zu halten.
Abgesichert ist diese Vernebelungstaktik durch das Statut der Sparkasse und die Geschäftsordnung der Gesellschafterversammlung.
Während viele andere Banken – etwa die Südtiroler Volksbank – eine Regelung haben, nach der alle Kandidatenlisten zehn Tage vor der Gesellschafterversammlung im Internet veröffentlicht werden müssen, ist das bei der Sparkasse nicht vorgesehen. Dort müssen die Kandidatenlisten nur zehn Tage vorher beim Verwaltungsrat hinterlegt, aber nicht veröffentlicht werden.
Das heißt: Die Gesellschafter erfahren erst am Dienstagnachmittag im Sheraton, wen sie zu wählen haben. Ironie der Geschichte: Auch die Kleinaktionäre der Südtiroler Sparkasse dürfen dann erfahren, wer auserkoren wurde, ihre Interessen im Verwaltungsrat der Bank zu vertreten.
Wählen sie eine unbeschwerte Zukunft“, lautet ein aktueller Werbespruch der Sparkasse. Hier passt er besonders gut.