Società | Hofburggarten Brixen

Offener Brief an Brixner Bürgermeister

In Anbetracht der Vorkommnisse rund um den Flashmob "Wir sind das Event" vom Samstag, 01. Juni 2019 in Brixen verfassten die vier InitiatorInnen folgenden Brief.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: Massimo Santoro

Brixen am 04. Juni 2019

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Peter Brunner,

am 1. Juni fand am Domplatz ein friedliches Sit-in von Bürger*innen aller Altersgruppen statt, um für eine positive, nachhaltige und ökologische Stadtgestaltung fern von marktwirtschaftlichen und profitorientierten Interessen ein Zeichen zu setzen. Zur Veranstaltung kamen neben den rund dreihundert Teilnehmer*innen auch zwischen 8-10 Personen mit Transparenten, auf denen "We love Heller" u.ä. geschrieben stand. Unabhängig davon, wie man zum Heller-Projekt steht und der Frage, ob ein solches Einbringen die geeignete Plattform für einen Dialog darstellt, unterstand die Präsenz der wenigen Befürworter*innen selbstverständlich ihrem freien demokratischen Recht. Das positive und friedliche Zusammensitzen störten sie insgesamt kaum, die meisten Anwesenden bekamen diese Aktion nicht einmal mit, da sie sich am Rand der Gruppe der Picknickenden abspielte. Kurz: Dass diese Personen am Samstag vor Ort waren, war und ist nicht das Problem.

Doch noch während der Veranstaltung postete Herr Gerold Siller, SVP-Fraktionssprecher, auf seinem Facebook-Account Aufnahmen von der Veranstaltung mit einer gezielt verfälschenden Botschaft, die suggerierte, dass die anwesenden Personen für das Heller-Projekt zusammengekommen waren: "Kundgebung für mehr Nachhaltigkeit in Brixen. Überraschend große Zustimmung für das Hofburggartenprojekt von Heller". Auf dem Bild, das vom  nicht zugänglichen Baugerüst des Rathauses aus aufgenommen wurde, sind die Menschen zu sehen, die friedlich für eine nachhaltige, ökologische und sanfte Stadtgestaltung auftraten und sich gegen die geplante Gestaltung durch André Heller aussprachen.

Innerhalb von nur zehn Minuten wurde die Falschinformation sechs mal geteilt, davon öffentlich (von allen einsehbar) von Personen mit politischem Mandat: Monika Leitner, Stadträtin für Integration und Bettina Kerer, Gemeinderätin, die selbst auf dem Domplatz anwesend waren und damit im vollen Bewusstsein, dass hier eine Falschinformation verbreitet wurde. Empört über die Verbreitung von manipulativen Inhalten kommentierten Teilnehmende den Beitrag. Nach 45 Minuten änderte Hr. Siller seine Überschrift: Es seien ein paar „Heller-Befürworter“ eben auch vor Ort gewesen - was den Tatsachen entsprach und korrekt ist.

In der sicheren Annahme, dass Ihnen die Ethik und das Recht der Veröffentlichung, Verwendung und Beschriftung von Bildmaterial bekannt ist und in der Gewissheit, dass Sie die Manipulation und gezielte Meinungsmache in den sozialen Medien für moralisch verwerflich und inakzeptabel halten, fordern wir Sie als Bürgermeister auf, sich von dieser Art dieser politisch äußerst fragwürdigen und moralisch nicht vertretbaren Kommunikationsmethode, der sich Hr. Siller bediente, zu distanzieren. Gleichermaßen fordern wir die Betreffenden auf, Einsicht und Bedauern darüber zu äußern, dass sie in ihrer Position an der Verbreitung von Fake News mitgewirkt haben.

Für uns war es eine einschneidende und tief negative Erfahrung, erleben zu müssen, wie Bilder, auf denen unsere Kinder und Freunde sichtbar sind, für eine gezielte Falschmeldung von EntscheidungsträgerInnen unserer Stadt instrumentalisiert werden. Um das Ausmaß begreifbarer zu machen: Stellen Sie sich bitte vor, ein Bild ihrer Familie und Bekannten würde mit einer völlig konträren politischen und subjektiven Agenda betitelt und von EntscheidungsträgerInnen Ihrer Heimatstadt in den Echoräumen der sozialen Medien freigegeben. Die Bürger*innen, die friedlich am Event teilnahmen, waren einhellig über diese Vorgehensweise bestürzt. Als InitiatorInnen fühlen wir uns für die Haltungen, Wertesysteme und Integrität der anwesenden Personen verantwortlich und fordern eine klare Stellungnahme von Ihrer Seite.

Es obliegt unter anderem der Verantwortung der Entscheidungsträger*innen, ein lebenswertes Klima insbesondere in einer Kleinstadt wie Brixen zu erhalten und Entscheidungsprozesse dementsprechend zu gestalten. Skrupel- und gedankenlose Aktionen vonseiten einzelner Politiker*innen dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Eine anwesende Vertreterin der SVP gab an, dass ihr Ziel das sogenannte „Crashen“ unserer Veranstaltung sei. Wir möchten abschließend darauf hinweisen, dass in der Regel Aktionen der politischen Mehrheit von Minderheiten „gecrasht“ werden. Wenn nun die regierende Mehrheit den Meinungspluralismus in der Gesellschaft unterwandert und Bürger*inneninitiativen mit konträren Haltungen gezielt manipuliert, dann haben wir dafür ein anderes Wort: Es nennt sich repressiver Machtmissbrauch. Das „Picknick“ war ein Riesenerfolg, die Atmosphäre positiv und die überwältigende Resonanz für uns unerwartet. „Gecrasht“ wurde damit nicht unsere friedliche Aktion, sondern das Ansehen der politischen Mehrheit in Brixen.

In Erwartung einer Antwort insbesondere im Hinblick darauf, dass trotz der Vorkommnisse, die auf mediales Echo stießen, in der Gemeinderatssitzung vom 03. Juni keine Dialogbereitschaft signalisiert wurde, verbleiben wir mit besten Grüßen,

Barbara Plagg, Magdalena Fischnaller, Manuel Strickner, Evelyn Fink

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Franz Linter Sab, 06/08/2019 - 15:04

Der Artikel der salto-Redakteurin Lisa Maria Gasser berichtet nicht nur umfassend vom Flashmob und den folgenden Auseinandersetzungen auf facebook, er enthält auch einige Bilder u.a. die SVP-Sprecher Gerold Siller gepostet hat.
Eines davon, von der Perspektive fast sicher von der Baustelle der Gemeinde aufgenommen, zeigt wie die weißen Laken gut verteilt, aber ziemlich einsam ihre "wir lieben Heller"-Botschaft darbieten. Entweder waren wenige Hellerfreunde mit vielen Tüchern da, oder sie haben sich nach dem Ausbreiten verzogen.
Zu sehen auch auf einem Beitrag der Rai (mit Video).
Sollte der Bürgernmeister das verbotene Betreten der Baustelle ahnden wollen, kann er ja Siller fragen, von wem er das oder die Fotos hat. Siller selbst war eindeutig am Domplatz.

Sab, 06/08/2019 - 15:04 Collegamento permanente
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gorgias Dom, 06/09/2019 - 15:50

In Brixen wird halt durchregiert. Ein echter Dialog mit der Bevölkerung ist unerwünscht. Mit dieser Aktion wird der ganzen Sache noch das Sahnehäupchen aufgesetzt.

Dom, 06/09/2019 - 15:50 Collegamento permanente