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Società | Fritto Misto

Das böse F-Wort

Es betrifft alle Frauen, und doch ist es vielen unangenehm: Let’s talk about ein heikles Thema.

Nach einer doch etwas länger geratenen Sommerpause möchte ich meinen gewogenen Leser*innen heute ein Thema nahelegen, das mir besonders am Herzen liegt: Es ist Zeit, über die Menstruationstasse, auch Menstruationscup, zu reden. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um einen meist aus Silikon hergestellten, kelchförmigen Behälter, der eingeführt wird, um das Menstruationssekret aufzufangen. Eine umweltfreundliche Alternative zu Monatsbinden und Tampons, weil eine solche Tasse bis zu zehn Jahre lang verwendbar ist und somit nicht nur Kosten spart, sondern auch Müll verringert. Zur Handhabe: Man drückt die Menstruationstasse zwischen Daumen und Zeigefinger…So. Ich schätze, spätestens jetzt ist der Großteil der männlichen Leser ausgestiegen, und wir können mal ein ernstes Wörtchen so ganz unter uns reden:

Wieso, meine lieben weiblichen Mitmenschen, habt ihr eigentlich so ein Problem damit, euch als Feministinnen zu bezeichnen?

Zur Handhabe: Man drückt die Menstruationstasse zwischen Daumen und Zeigefinger…So. Ich schätze, spätestens jetzt ist der Großteil der männlichen Leser ausgestiegen, und wir können mal ein ernstes Wörtchen so ganz unter uns reden: 

Die meisten von euch treten sehr wohl für Gleichberechtigung, gerechte Entlohnung, und dafür ein, dass der Mann im Haushalt mehr erledigt, als das obligatorische Müll runtertragen und Nägel einschlagen. Wenn es aber darum geht, sich als Teil einer Bewegung zu outen, die für ebensolche Belange kämpft, und der wir es verdanken, dass wir Frauen heute wählen, studieren, arbeiten und uns scheiden lassen können, ohne beim Ehegatten dafür die Erlaubnis einholen zu müssen, dann kneift ihr. Das Wort „Feministin“, es kommt euch nicht leicht über die Lippen, und mir bereitet Kopfschmerzen, dass es bei euch solches Bauchweh verursacht. Kein menstruationsgebundenes, wohlgemerkt.

SVP-Newcomerin Jasmin Ladurner ist so ein Beispiel, leider, als sie in einem Interview bekräftigte, sich schon für Frauen einzusetzen, aber Feministin, nein, das sei sie keine. Oder die Referentin, von der eine Facebook-Bekanntschaft jüngst berichtete, die schon fürs Gendern sei und sich daran störe, wenn Frauen als Gefahren im Straßenverkehr hingestellt würden, aber nein, Feministin sei sie keine. Ja, wieso denn nicht?

 

Liegt es daran, dass dieses Wort im deutschen Sprachraum untrennbar mit Alice Schwarzer verbunden ist, mit der zumindest meine Generation hauptsächlich deftige, durchaus männerfeindliche  Aussagen und eine wirre Frisur verbindet? Dass dem Wort immer noch der Ruf von achselbehaarten, BHs-schwingenden, kurzhaarigen Kampfweibern anhängt, deren Forderungen man teilweise wohl unterschreiben mag,  in deren Reihen sich man dann aber doch lieber nicht wiederfinden möchte, weil unsexy, weil anstrengend, weil peinlich? Dabei tritt der Feminismus, auch wenn die Bezeichnung mittlerweile etwas irreführend ist, für die Gleichbehandlung aller Menschen ein, egal welches Geschlecht, welches Alter, welche Hautfarbe oder Herkunft sie haben. Wie kann frau da dagegen sein? (Dass der privilegierte, weiße, mittelalte, mäßig kompetente Mann damit ein Problem hat, Stichwort Verdrängung, leuchtet mir da schon eher ein.) Und frau muss dabei auch nicht an die gute Alice denken, wenn sie ihr als Gallionsfigur nicht schmeckt: Es gibt mittlerweile mit Margarete Stokowski, Sibylle Berg, oder, etwas glamouröser, Emma Watson, Meghan Markle und Popsängerin Pink auch Exemplare, mit denen gerade junge Frauen sich vielleicht eher identifizieren mögen.

Wieso, meine lieben weiblichen Mitmenschen, habt ihr eigentlich so ein Problem damit, euch als Feministinnen zu bezeichnen?

Es könnte aber auch daran liegen, dass junge Frauen mit dem Etikett „Feministin“ nichts anfangen können, weil sie glauben, keine sein zu müssen. 2015 veröffentlichte die Autorin Ronja von Rönne den Text „Warum mich der Feminismus anekelt“,den sie zwei Jahre später zumindest teilweise wieder zurücknahm, und der den vielsagenden Satz enthält: „Ich habe einfach selbst noch nie erlebt, dass Frausein ein Nachteil ist.“ Von Rönne war damals zarte 21 Jahre alt, und man will ihr, wenn man den Text heute liest, zuraunen, ganz ohne Häme und Herablassung: „Dann wart erst mal noch ein paar Jährchen.“

Ich habe dieselbe Einstellung oft bei meinen Schülerinnen erlebt, die behaupteten, die Ungleichbehandlung der Geschlechter, die gäbe es bei uns ja gar nicht mehr.  Mag sein, dass dem so ist im Biotop Schule, wo Mädchen gegenüber Jungs ja oft sogar positiv diskriminiert werden, weil sie die besseren Noten schreiben und ein insgesamt wünschenswerteres Verhalten im Klassenraum zeigen. Später wendet sich dann das Blatt, wenn unpassende Kommentare nicht mehr als Kompliment sondern dank Erfahrung als Sexismus entlarvt werden, wenn beide Partner berufstätig sind, aber das Gros der Hausarbeit wie selbstverständlich an der Frau hängen bleibt, wenn frau in Sitzungen kaum zu Wort kommt und der männliche Kollege ihren Vorschlag als den eigenen ausgibt – und keiner es merkt, womöglich nicht mal er selbst. Apropos: Liebe Männer, die ihr vielleicht doch mitgelesen habt: Ihr braucht euch jetzt nicht die Mühe machen und mir wieder mal schreiben, dass das Gejammer auf hohem Niveau ist; schließlich würden wir Südtiroler Frauen DOC weder genitalverstümmelt, noch zwangsverheiratet, und die Vergewaltigung in der Ehe sei ja auch nicht mehr okay (in Österreich seit 1989. Ja, richtig gelesen, 1989. Die italienische Rechtsprechung ist da nicht minder ernüchternd.). Aber Gewalt gegen Frauen, Unterdrückung, Femizide gibt es auch bei uns. Natürlich könnte alles viel, viel schlimmer sein. Es könnte aber auch einiges viel, viel besser sein. Und sich dafür einzusetzen, so wie es die Feministinnen vor uns getan haben, denen wir, die wir uns so von ihnen distanzieren möchten, verdanken, dass wir über uns selbst entscheiden dürfen, sollte eine Selbstverständlichkeit und keine Schande sein. 

 

Ich habe dieselbe Einstellung oft bei meinen Schülerinnen erlebt, die behaupteten, die Ungleichbehandlung der Geschlechter, die gäbe es bei uns ja gar nicht mehr. 

Dennoch gibt es die Frauen, die ausscheren: Zum Einen die „Ich brauch das nicht“-Powerfrauen, die sich rühmen, den Aufstieg „aus eigener Kraft und nicht wegen einer blöden Quote“ geschafft zu haben, die nach patriarchalen Spielregeln spielen und Frauen die Solidarität versagen, indem sie „lieber mit Männern“ arbeiten und auch sonst nach deren Codes operieren. Ein Beispiel dafür gab jüngst die österreichische Journalistin Martina Salomon ab, die SPÖ-Chefin Pamela Rendi Wagner anstelle einer politischen einer ästhetischen Analyse unterzog („So, wie sie ausschaut, wird sie sich eher nur von ein paar Salatblättchen ernähren.“). Zum Anderen die selbsterklärten „Weibis“, die bereitwillig die Unterwerfung unter den Göttergatten propagieren, sich als aufopferungsvolle Gebär- und Putzmaschinen inszenieren, dem Mann des Hauses feierabends in Duckhaltung die Potschen überstülpen und das Bierl in die Hand drücken, damit er im TV nichts verpasst, und deren Sanftmut sich nur in Rage wandelt, wenn etwa auf Facebook eine Geschlechtsgenossin anzumerken wagt, dass getrennte Konten oder eine Bezahlung für die Hausarbeit durchaus Sinn mache: „SELL TAT MIR NOU INFOLLN MEIN SCHOTZ UM A GELD ZU FROGN BOLL ER IN GONZN TOG BUGGELT A GUITA FRAU KIMP MIT ZEHN EURO IM MONAT AUS PENSION BRAUCH I KUANE JA DAS IST LIEBE!!!!“

Beide stärken bestehende frauenfeindliche Zustände, anstatt sie zu verändern. Statt männliches Verhalten zu imitieren oder an überholten Rollenbildern festzuhalten, sollten wir uns mehr gegenseitig unterstützen, Frauen-Netzwerke bilden, Frauen empfehlen. Auch, wenn wir sozialisiert wurden, uns gegenseitig in den Rücken zu fallen: Uns gegenseitig den Rücken zu stärken bringt mehr. Komplizinnen sein statt Konkurrentinnen. Es sind nicht die Männer, die uns zuvorkommend alle Türen aufmachen müssen: Wir müssen uns erst mal zusammentun und kräftig dran klopfen, pochen, rütteln. Ich glaube, wenn wir zusammenhalten, wenn wir für einander einstehen, dann ist schon viel erreicht. Dann braucht’s gar kein Brecheisen, dann öffnen sich die Türen vielleicht nicht von alleine, aber leichter als gedacht.

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Elisabeth Garber Sab, 09/07/2019 - 14:43

In risposta a di Peter Gasser

Ich finde den von Ihnen indizierten Artikel sehr gut, Herr Gasser und möchte die Thematik noch wie folgt ergänzen:

Das mit "in den Rücken fallen" (letztlich geht es meiner Erfahrung nach darum, eine soziale/berufliche Machtposition zu erlangen, aufrecht zu erhalten oder eine solche auszuspielen) funktioniert bei Frauen meistens dermaßen subtil und diplomatisch, dass man (als direkterer Typ) lediglich ein untrügliches Bauch-Gefühl hat - oder auch komplett reinfällt. Man ist gegen die eben beschriebene Vorgehensweise so gut wie machtlos. Denn Menschen (nicht nur Frauen wenden diese Methodik an, aber vielleicht instinktiver, zielsicherer und duldsamer), die so agieren oder interagieren, nämlich indem sie andere Geister/Werte etc. elegant ignorieren und/oder elegant nach und nach diskreditieren und gleichzeitig den eigenen Wertekanon mit eiserner Konsequenz als Maß aller Dinge setzen...bieten kaum Angriffsflächen. Ganz im Gegenteil - diese Herrschaften stehen auch noch gut da, weil an der Oberfläche Ton und Musik kompatibel sind - auch wenn der Klang im Untergrund mehr als nur Ohrensausen bereiten kann...

Für mich persönlich sind Frauen alles andere als Unschuldsengel - und erst recht sind Frauen nicht das 'schwache Geschlecht'.

Sab, 09/07/2019 - 14:43 Collegamento permanente
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Peter Gasser Sab, 09/07/2019 - 15:03

In risposta a di Elisabeth Garber

„Das mit "in den Rücken fallen" (letztlich geht es meiner Erfahrung nach darum, eine soziale/berufliche Machtposition zu erlangen, aufrecht zu erhalten oder eine solche auszuspielen) funktioniert bei Frauen meistens dermaßen subtil und diplomatisch, dass man (als direkterer Typ) lediglich ein untrügliches Bauch-Gefühl hat - oder auch komplett reinfällt. Man ist gegen die eben beschriebene Vorgehensweise so gut wie machtlos. Denn Menschen (nicht nur Frauen wenden diese Methodik an, aber vielleicht instinktiver, zielsicherer und duldsamer), die so agieren oder interagieren, nämlich indem sie andere Geister/Werte etc. elegant ignorieren und/oder elegant nach und nach diskreditieren und gleichzeitig den eigenen Wertekanon mit eiserner Konsequenz als Maß aller Dinge setzen...bieten kaum Angriffsflächen. Ganz im Gegenteil - diese Herrschaften stehen auch noch gut da, weil an der Oberfläche Ton und Musik kompatibel sind - auch wenn der Klang im Untergrund mehr als nur Ohrensausen bereiten kann...“:
tja, jetzt bin ich absolut betroffen und platt: 2016, ich bin komplett reingefallen... da ich 2 Brüder habe und bis 16 nur in Bubenklassen war, hatte ich wenig Ahnung von dem, was Sie hier beschreiben, als wären Sie dabei gewesen...
Aber lassen wir mein persönliches Schicksal - es soll nur dazu dienen, dass ich Ihnen hier absolut zustimmen muss.

Sab, 09/07/2019 - 15:03 Collegamento permanente
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gorgias Sab, 09/07/2019 - 15:09

In risposta a di Peter Gasser

Der Artikel ist interessant, weil er bestimmte Verhaltensmuster beschreibt, leider lässt er aus wie wann und warum Frauen diese anderen Verhaltensmuster lernen sollten. Auch dass Frauen immer noch vermittelt wird sie sollten Männer gefallen kommt mir fremd vor.
Frau Garber spricht davon dass Frauen instinktsicherer bestimmte Techniken anwenden, was vielleicht auch auf eine Veranlagung und weniger auf Sozialisation hinweisen könnte.
Der Feminismus kann aus ideologischen Gründen nur Sozialisation als Erklärung zulassen. Ansonsten wo kann er sich sonst noch die Rechtfertigung holen, das vermeintlich noch existierende Patriarchat zu bekämpfen.

Sab, 09/07/2019 - 15:09 Collegamento permanente
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Waltraud Astner Lun, 09/09/2019 - 23:26

Über dieses Thema ließe sich vieles sagen. Zuerst einmal müssen wir Frauen einmal anerkennend feststellen, dass wir es dank unserer weiblichen Vorfahren geschafft haben den uns zustehenden Platz in der Gesellschaft zu erringen. Die Aktionen der "Blaustrümpfe" und "Suffragetten" waren auch schon damals nicht immer jedermann(frau)s Sache. Genauso ist"Feministin" auch heute noch ein zwiespältig aufgefasster Begriff, wo es auch heutzutage noch umstrittene Aktionen gibt, die mMn oft über das Ziel hinausschießen. Z.B. die unselige Sternchen und Binnen I Schreibweise die die deutsche Sprache verhunzt und das Schriftbild entstellt, ist reine auf Äußerlichkeiten reduzierte Symbolpolitik. Ebenso das oft zickige Sexismus Gekreische bei jeder oft nur unglücklich gewählten und als Kompliment gemeinten Äußerung vonseiten der Männerwelt. Da wird gleich "me-to" geschrieen. Gleichzeitig lassen wir jene, denen wirklich Schlimmes angetan wird oder bevorsteht, im Regen stehen. Nur weil "uns" nicht Zwangsheirat und Genitalverstümmelung droht, gibt es viele Frauen in unserer Mitte, für die es Alltag ist, dem Mann zu gehorchen, als Gebärmaschine zu fungieren, als junges Mädchen in der Mittelschule zur "Oma" in das Heimatland geschickt zu werden oder unter alle möglichen Verhüllungen schlüpfen zu müssen, da einem ja schon als Kind eingeredet wird, dass man ansonsten ein Flittchen, Hure usw. ist und eine Schande für die Familie. Dass man es unter diesen Umständen "freiwillig" macht, ist ja klar. Wo bleibt unser Protest diesen Praktiken gegenüber. Der ist eher mau bis nicht vorhanden. Denn in diese Familien schauen wir besser gar nicht hinein und schließlich kann ja jede "anziehen" was sie will, als ob diese Verhüllungen mit Kleidungsstücken gleichzusetzen wären, deren Definition doch wohl die Anlassbezogenheit ist. Da erscheinen unsere Probleme klein bis nicht vorhanden, dank wie gesagt, guter, mutiger Vorarbeit.
Aber natürlich gibt es noch viel zu tun. Was ich nicht so sehe, ist dass sich Frauen gegenseitig mehr sabotieren, als es Männer untereinander tun. Frauen müssen und sollen weitermachen, sich ihren Platz in Politik, Beruf und Gesellschaft zu erkämpfen. Was verblüfft ist, dass einstige Männerberufe jetzt zu reinen Frauenberufe mutiert sind, etwa im gesamten Erziehungsbereich. In Kindergärten und Schulen sind Männer exotische Wesen. Auch Hebamme will keiner werden und der Arztberuf ist auch zunehmend Frauensache. Machen sich Männer etwa aus dem Staub wenn die Frauen anrücken? Scheint fast so zu sein. In anderen Sparten gibt es fast wieder nur Männer. Da wird aber beklagt, dass Frauen kaum sog. MINT Fächer studieren um mit Männern gleichziehen zu können.
Kompliziert ist der Familienbereich. Es muss gelingen den Bereich Kindererziehung und Familienzeiten gleichmäßiger zwischen den Eltern aufzuteilen um Nachteile für Frauen bei Gehalt und Rente auszugleichen. Dass der Wirtschaft dominierten Politik da nur Kinderbetreuungsplätze einfallen, ist typisch. Dabei ist es längst schon so, dass weder Männer noch Frauen Lust haben bis 70 durchgehend zu arbeiten und wichtige Lebensbereiche im familiären Bereich zu vernachlässigen. Wie man sieht, gibt es viel zu tun. Was niemand brauchen kann ist das unselige Gegeneinander zwischen den Geschlechtern. Das ständig zu betonen oder herbeizureden bringt uns nicht weiter. Denn seien wir ehrlich. Wenn eine Frau will, und die nötige Zielstrebigkeit aufbringt, dann kann sie erreichen was sie wünscht. Es ist aber so, dass ganz viele Frauen gar nicht den Ehrgeiz haben sich in Politik und Wirtschaftswelt herumzuschlagen, sondern lieber beschaulich mit der Familie ein entspanntes Leben führen. Dass sie da nicht auf dem Haushalt sitzen bleiben, das haben auch wieder sie in der Hand. Aber ja doch.

Lun, 09/09/2019 - 23:26 Collegamento permanente
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Elisabeth Garber Sab, 09/14/2019 - 21:51

@Stereo Typ und Gorgias Aussagekräftig hierzu sind Interviews von Ferdinand von Schirach (ehemaliger Strafverteidiger und Schriftsteller), der meiner Ansicht nach schlüssig erklärt, warum in der Regel z.B. Frauen Morde (oft Giftmorde) begehen und die meisten Gewaltverbrechen von Männern ausgehen: Frauen (Stichwort Veranlagung) sind Männern physisch unterlegen und deshalb gezwungen, andere Mittel und Wege zu finden, um Ventile für Aggressionen oder Ängste zu finden. Die so genannte ‚Heimtücke‘ kommt aufs Tapet. Diese wird, in Verbindung mit Mord, „ungerechterweise den Frauen gegenüber“ (frei zitiert nach F. v. Schirach) von der Rechtsprechung viel schwerer bestraft als Totschlag, weil minutiöse Planung dem Drama vorausgeht. Da der Fall Kachelmann erwähnt wurde: nach Jahren von Prozessen hat sich ergeben, dass die Dame die Vergewaltigung erfunden und sich die Verletzungen (Hämatome u. dgl.) selber zugefügt hat, um Rache am Wettermann Kachelmann zu üben. Die Frau ist inzwischen rechtskräftig verurteilt und musste ein paar Tausender Schmerzensgeld hinlegen. Der A. Springer-Konzern (Bild, Bunte, Focus) musste eine enorme Summe (über 600.000 Euro) an Schmerzensgeld wegen einseitiger Berichterstattung (Monster Kachelmann) zahlen. Die bekannte Feministin Alice Schwarzer, die den Fall immer wieder als paradigmatisches Beispiel für gewalttätige Männer zitiert/e (Emma/in Vorträgen – auch noch nach der Verurteilung von Kachelmanns Ex!) ist ohne Schuldspruch davon gekommen.
Im Fall Kachelmann sehe ich persönlich beide Beteiligten als Opfer und Täter. Ein Scheit allein brennt bekanntlich nicht. Allein die Tatsache, dass sich die Geliebte unglaubliche Demütigungen über einen längeren Zeitraum gefallen ließ, wirft diverse Fragen auf: Liegt so was an der falschen Erziehung, die die Frau genossen hat oder ist ‚so etwas‘ Veranlagung? War es ein leidenschaftliches Machtspiel (dazu braucht‘s zwei), in das beide bis zum sprichwörtlichen ‚nimmer mehr‘ verwickelt waren? War die Frau dem Mann hörig – oder beruhte ‚das alles‘ auf fataler Gegenseitigkeit? Auf diese Fragen werden wir keine Antwort kriegen, weil es höchstprivat ist und Intimitäten genau deshalb „intim“ sind. Der bekannte Rest war ein den Medien vorgeworfener Fraß für die Öffentlichkeit und für die Leserquote.
Ich glaube, dass wir immer noch in einer patriarchalen Gesellschaft leben, nicht nur in einer vermeintlichen (Gorgias). Deren Strukturen sind aber dahingehend aufgeweicht, dass die gesellschaftliche Platzierung für Jugendliche vielleicht schwieriger geworden ist. Wir leben in einer Art androgynen Zeit, in einer Transgender-Zeit - sofern ich das (in Anbetracht einiger Dokus) richtig mitbekommen habe?! Nach wie vor gibt es aber, ganz traditionelle Erziehungsmuster, die dem traditionellen Rollenklischee Genüge tun: der Mann ein breitspurig-abgebrühter Macho und die Frau das zart-hübsche Weibchen. Daneben gibt es auch den „androgynen Typus“, vor allem in der Modewelt und in der Kunstwelt ist diese Variante beobachtbar.
Was mir z.B. zu denken gibt ist, dass die Selbstmordrate unter Männern (Männer versuchen nicht, sie tun es, aggressiv und wirkungssicher) sehr viel höher ist, als jene unter Frauen. Auch da könnte man die Frage nach der Veranlagung stellen. Man kennt die Hauptgründe der häufigen Suizide unter Männern: sie liegen gerade in der vom Patriarchat? festgelegten Rolle des Mannes. Nämlich keine Schwächen zu zeigen und/oder sie zu tabuisieren, Karriere-Druck, Familie gründen, Frau und Kinder schützen, ernähren usw. usf.…So komme ich (der Komplexität wegen) zum abrupten Schluss, dass wohl beide Geschlechter ihr Kreuz zu tragen haben und ihr jeweiliges Rollenbild, je nach Veranlagung belastend sein kann, aber teilweise auch Struktur und Halt bieten kann.

Epilog: Der immer noch und immer wieder gültige christliche Wertekodex (Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen, Toleranz, Akzeptanz, Respekt und Hilfe für andere und schwächere Individuen) sowie die Vermittlung desselben seitens Erziehungsberechtigter ist m. M. für gefestigte Persönlichkeiten (geschlechter- und rollenunabhängig) unerlässlich. Da gebe ich der Autorin von ‚Das böse F-Wort‘, Alexandra Kienzl, auf jeden Fall recht. Die gesamten und weitreichenden Überlegungen von Frau Astner zum F-Thema finde ich ebenfalls informativ, interessant und anregend.
Was mich sehr gewundert hat, ist, dass sich keine bekennende Feministin zu Wort gemeldet hat, dafür eine Reihe von Männern…Also doch, tatsächlich:„Das böse F-Wort“.

Sab, 09/14/2019 - 21:51 Collegamento permanente
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Peter Gasser Dom, 09/15/2019 - 10:17

In risposta a di Elisabeth Garber

https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/das-zeitalter-des-patriarch…
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„Komplizinnen sein statt Konkurrentinnen. Es sind nicht die Männer, die uns zuvorkommend alle Türen aufmachen müssen: Wir müssen uns erst mal zusammentun und kräftig dran klopfen, pochen, rütteln. Ich glaube, wenn wir zusammenhalten, wenn wir für einander einstehen, dann ist schon viel erreicht. Dann braucht’s gar kein Brecheisen, dann öffnen sich die Türen vielleicht nicht von alleine, aber leichter als gedacht“:
unsere ganze Welt lebt davon, „Konkurrent“ und nicht „Komplize“ zu sein, und nochmal, da das Patriarchat jahrtausendelange Übung hat:
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https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/das-zeitalter-des-patriarch…

Dom, 09/15/2019 - 10:17 Collegamento permanente