Società | Gedenktag

Mutig auch im Jahr 2019

Vor 75 Jahren verweigerte Josef Mayr-Nusser den Eid auf Hitler. Nicht nur Heiner Oberrauch ruft zu mehr Mut im Netz und gegen populistisches Gedankengut auf.
Josef Mayr-Nusser
Foto: Diözese Bozen-Brixen

“Er stellte sich gegen den Mainstream, auch wenn er ahnte, dass ihn das sein Leben kosten würde. Und doch ist er seinen Weg konsequent gegangen.” Mit diesen Worten erinnert Heiner Oberrauch an Josef Mayr-Nusser. 1910 in Bozen geboren, verweigerte Mayr-Nusser am 4. Oktober 1944 den Eid auf das nationalsozialistische Regime und Adolf Hitler. Aus religiösen Gründen. In der Folge sollte er in das KZ Dachau gebracht werden. Auf dem Weg dorthin verstarb er am 24. Februar 1945 in Erlangen, in einem Viehwaggon. Am 18. März 2017 wurde Mayr-Nusser im Dom von Bozen selig gesprochen.

Am morgigen Donnerstag (3. Oktober) gibt es mehrere Gedenkveranstaltungen. Im Dom von Bozen wird Bischof Ivo Muser einen Gottesdienst feiern. “Josef Mayr-Nusser steht für die biblische Überzeugung, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen. Nichts und niemand darf mit Gott verwechselt oder an seinen Platz gestellt werden: keine Ideologie, kein Volk, keine Sprache, kein Land, keine Kultur, kein politischer oder religiöser Führer”, unterstreicht Muser.
Eine Andacht gibt es auch am Bozner Magnagoplatz, im Kinder- und Jugendzentrum “Josef Mayr-Nusser”. “Wir wollen nach seinem Vorbild junge Menschen weiterhin dazu auffordern, sich einzubringen und mutig ihre Meinung zu sagen”, heißt es von der Katholischen Jungschar.

Zu mehr Mut fordert auch Heiner Oberrauch als Präsident des Haus der Familie in Lichtenstern auf. In der dortigen Kirche waren die Gebeine von Mayr-Nusser bis zur Seligsprechung 2017 bestattet.
In einer Stellungnahme schreibt Oberrauch:

“Wir brauchen heute viel mehr Mut gegen populistisches Gedankengut zu schwimmen – vor allem in den sozialen Medien. Auf Facebook, Twitter, Instagram und in anderen sozialen Netzwerken werden Fakten verdreht, bewusst falsche Nachrichten verbreitet, unhaltbare Behauptungen veröffentlicht und Richtigstellungen übersehen: Der erste Aufschrei bleibt immer hängen.

Wer vom Online-Mob überfallen wird, ist ihm hilflos ausgeliefert. Algorithmen belohnen Emotionen und Empörung mit besonderer Aufmerksamkeit und Reichweite. Wer von einer Hasslawine, einem Shitstorm im Netz betroffen war, weiß von der psychischen Gewalt, die Menschen dabei widerfährt. Die Belastungen sind riesengroß.

Die Sprache im Netz verroht zusehends. Wenn Panik über Fakten triumphiert, Lügen nur als ‘alternative Fakten’ bezeichnet werden, der Einzelfall gewichtiger wirkt als das Ganze, Schuldzuweisungen und Beschimpfungen keine Konsequenzen haben und aus Falschmeldungen durch vielfaches Teilen vermeintliche Wahrheit wird, dann ist Solidarität gefragt: Die Angst im Netz schaukelt sich ansonsten noch weiter hoch – und damit verbunden Druck und Ausgrenzung.

Es braucht Verständnis und Mut, sich auf die Seite der Schwächeren zu stellen. Gefragt sind Respekt, Nachfrage und Recherche. Die metaphorischen Räume verkommen ansonsten zu Räumen voller Hass und Häme. In der vermeintlichen Anonymität übertragen Menschen eigene Probleme ungefiltert auf andere. Lernen wir, uns im Internet so zu bewegen, als würden wir der Person gegenüberstehen und ihr das ins Gesicht sagen.

Josef Mayr-Nusser stellte sich gegen den Mainstream, auch wenn er ahnte, dass ihn seine Eidesverweigerung das Leben kosten würde. Und doch ist er seinen Weg konsequent gegangen. Er hat den Mut aufgebracht, die Stimme gegen das nationalsozialistische und rassistische Gedankengut zu erheben. Seien wir im Jahr 2019 mutig, uns vor Schwächere zu stellen. Auch in den sozialen Medien können wir gemeinsam für einen menschenwürdigen Umgang miteinander sorgen.”

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Karl Trojer Gio, 10/03/2019 - 09:17

Ein wesentlicher Weg zu weniger Abhängigkeit von fakenews scheint mir der zu sein, die Würde eines jeden einzelnen Menschen als von außen unantastbar zu erkennen. Der Mensch ist würdig weil er Mensch ist (Christen würden sagen, weil er Kind Gottes ist), seine Würde ist weder nehmbar noch gebbar. Und doch verhalten zu viele von uns sich so, als ob sie von außen bestimmbar wäre : bereits als Kindern wird uns beigebracht, dass wir wertvoll (würdig) sind, wenn wir gelobt werden und dass wir uns schämen sollten (unwürdig), wenn wir getadelt werden. Unseren Kindern Urvertrauen (aus dem Erleben von Würde und Angenommen sein) vermitteln , ist die beste Abwehr gegen das Ausgeliefert sein.

Gio, 10/03/2019 - 09:17 Collegamento permanente