Società | Politisches Buch

Der Salvinismus lebt

Anmerkungen zu Lorenz Gallmetzers Buch "Von Mussolini zu Salvini".
Matteo Salvini
Foto: upi
Lorenz Gallmetzer hat ein Buch mit einem etwas reißerischen Titel geschrieben und er hat es für den deutschsprachigen Markt geschrieben. Warum sollte es ein Südtiroler lesen, der doch ohnehin die politische Entwicklung in Italien verfolgt und alle Windungen und Wendungen der Lega kennt? Ich habe es als „Pusterer“gelesen, der nach der Matura zum Studieren nach Wien ging und dort hängen geblieben ist, und ich habe es mit Gewinn gelesen.
Denn auch in Österreich treibt uns die Frage um, was ist das für eine Bewegung, die so abstoßend wirkt und dennoch so erfolgreich ist. Was wird sein, wenn Salvini wiederkommt, wenn er zusammen mit den anderen Rechtsparteien die „ganze“Macht erobert? Wird die Demokratie halten, könnte es zu dem angekündigten „Regime-Change“kommen? 
Der ehemalige Präsident des deutschen Bundestages, Norbert Lammert, sagte im Februar dieses Jahres in einem Vortrag: „Heute sterben Demokratien in der Regel nicht mehr durch Putsch, auch nicht durch Bürgerkrieg – sie sterben durch Wahlen, durch Wahlergebnisse“. Neue oder alte Gruppierungen würden formal korrekt ermächtigt werden, Maßnahmen zu setzen, die „unter Berufung auf einen vermeintlichen Volkswillen mal die Pressefreiheit, mal die Unabhängigkeit der Justiz, am besten beides gleichzeitig, erst skandalisieren, dann unterhöhlen - und dann ist wieder einmal eine Demokratie erodiert, vorzugweise ohne den Verfassungstext korrigieren zu müssen“. 
 
 
Gallmetzer hält sich mit Prognosen über die Folgen einer eventuellen Machtübernahme durch Salvini zurück, und er tut gut daran.
Gallmetzer hält sich mit Prognosen über die Folgen einer eventuellen Machtübernahme durch Salvini zurück, und er tut gut daran. Die Stärke seines Buches ist die Beschreibung des derzeitigen Zustands und er liefert eine Fülle von Einzelheiten, die zum Nachdenken anregen. 
Für Beobachter aus der Ferne, die nicht in das Dickicht der politischen Auseinandersetzung eindringen können oder wollen, ist die Schilderung von Salvinis Regierungsarbeit als ununterbrochenen Wahlkampf ein Highlight des Buches. Er greift einzelne Episoden aus dessen Alltag heraus, so gekonnt als hätte er ihn im Rahmen seines Trosses ein Jahr lang begleitet, und fügt sie so zusammen, dass ein Gesamtbild dieses Politikers entsteht. 
Nicht unähnlich einem Bild von Brueghel oder Hieronymus Bosch: man schaut auf die Einzelheiten und Details und wenn man zurücktritt, entsteht durch gedankliche Zusammenschau der große Eindruck.  
 

Der Machtmensch

 
Über unsere österreichischen Medien, die wenig über Italien berichten, kennen wir Salvini als polternden Machtmenschen, der die Schiffe mit Migranten und Asylanten nicht anlanden lässt, sich weder um Recht noch  Rechtsstaatlichkeit kümmert, der des intellektualistischen Diskutierens überdrüssig ist und verspricht, die wirklich wichtigen Probleme in kurzem Prozess zu lösen. Mit autoritären Mitteln. 
Bei Gallmetzer begegnen wir hingegen einem ruhigen, souveränen Salvini, der in einfachen Worten und Gesten sagt, was dem einfachen Mann vertraut ist, was dieser vielleicht gern hört, und übermittelt ihm sozusagen als „Freund“seine politischen Botschaften. Einen Mann, der es versteht, mit politischen Gegnern so umzugehen wie es vor ihm noch keiner getan hat. 
Für Beobachter aus der Ferne, die nicht in das Dickicht der politischen Auseinandersetzung eindringen können oder wollen, ist die Schilderung von Salvinis Regierungsarbeit als ununterbrochenen Wahlkampf ein Highlight des Buches.
„Nach jedem dritten Satz ein Seitenhieb auf die linken 'professoroni, intellettualoni, risiconi, buonisti', also in etwa die hochnäsigen Professoren, Intellektuellen, die Neider und Gutmenschen, meist beim Namen genannt, dazu noch einige Linkspolitiker. Dabei klingt Salvini nie aggressiv, sondern schnoddrig, herablassend, spöttisch, selbstsicher - im Ton eher als stünde er mit den Facebook-Followern am Tresen in einer Bar mit einem Glas Bier in der Hand.“
Und er macht Politik auch mit einfachen, subtilen Gesten, mit Momenten des Alltags. Die Übereinstimmung mit der radikalen Rechten etwa dadurch, dass er im Fussballstadion im Blouson der Marke„Privert“sitzt, dem Outfit der Neofaschisten von CasaPound, oder indem er mit den neofaschistischen Lazio-Hooligans für Fotos posiert.
Diese Vielschichtigkeit der Person korrespondiert mit einer scheinbaren Beliebigkeit der politischen Ansichten. Für jeden Ort und für jede Person eine andere Wahrheit, eine Wahrheit, die der Angesprochene gerne hört.
Salvini versteht sein Geschäft, er ist darin einfach gut. Er ist ganz anders als die Politiker der Rechten, mit denen wir zu tun haben. Die sich entweder wichtigtuerisch aufblasen, sich in der Früh ihre tägliche Dosis Kreide einwerfen, oder den Enkel mimen, der „einfach lieb ist“. 
Bei Gallmetzer lernen wir, dass Salvini das alles kann und noch viel mehr. Er versteht es, auf jede Situation entsprechend zu reagieren und er wirkt dabei nicht wie die Unsrigen antrainiert gekünstelt, sondern authentisch. Diese Vielschichtigkeit der Person korrespondiert mit einer scheinbaren Beliebigkeit der politischen Ansichten. Für jeden Ort und für jede Person eine andere Wahrheit, eine Wahrheit, die der Angesprochene gerne hört. In Moskau spricht er sich, wie Gallmetzer aufzeigt, gegen die Sanktionen aus, in den USA tritt er für Steuersenkungen und Deregulierung ein. Die Kritik sagt, man könne nicht ausmachen, was seine eigentliche politische Position sei.
 
 
Salvini versteht sich vor allem als Wahlkämpfer und da könnten sich seine oft widersprüchlichen Aussagen nicht unbedingt als Nachteil, sondern als Vorteil erweisen. Es könnte ihm dies ermöglichen, in Wählerbereiche einzudringen, die er mit dem Hardcore-Programm der Lega gegen „Migranten, Asylanten, Neger und Islamisten“nicht erreichen würde. Es geht ihm ja nicht um eine stabile Bindung dieser Wähler, er braucht sie nur für den einen, entscheidenden Wahlsieg, den er anpeilt.
 

EU & Russland

 
Zwei Beispiele, um diese Überlegungen zu verdeutlichen. Die Skepis gegenüber der EU und deren Sparpolitik wird von vielen geteilt, die mit der Lega nichts, aber schon gar nichts am Hut haben. Ich zähle mich auch dazu. Bis vor kurzem galt der Satz „Die EU ist nicht zu retten, aber Austritt ist auch keine Lösung“. Man wird sehen, was beim Brexit herauskommt. 
Die „Patrioten“beklagen den Verlust der Souveränität. Das kann keiner leugnen, mit dem Beitritt Österreichs in die EU sind 80% der Kompetenzen nach Brüssel gewandert. Eine „Troika“aus EU, EZB und Weltbank, die es als Institution gar nicht gibt, die von niemanden gewählt wurde und die niemanden Rechenschaft schuldig ist, hat dafür gesorgt, dass die Griechenland-Kredite direkt an die französischen und deutschen Banken gingen, die andernfalls zusammengekracht wären. Die Banken sind gerettet, die Bevölkerung Griechenlands versinkt durch das Diktat dieser Gruppe in Not und Armut. 
Wer erinnert sich dabei nicht an das Bild, wie der strahlende Dijsselbloem dem Schäuble die Hand drückt als  die griechische Regierung das „Sparpaket“trotz anderslautender Volksabstimmung akzeptiert. Und an Schäuble, der sagte: „Die Wirtschaftspolitik darf durch Wahlen nicht beeinträchtigt werden“. Ist das die Demokratie, wie die EU sie meint? 
 
 
Ein anderes Wählersegment könnte Salvini mit der russlandfreundlichen Politik erreichen, das weit größer ist als die Gruppe der exportorientierten Unternehmer. Er würde damit jener älteren Generation entgegenkommen, die als Folge des Vietnamkrieges in einer Woge des Anti-Amerikanismus aufgewachsen ist und die geplante Militarisierung der EU ablehnt, mit NATO-Logistikzentrum in Deutschland, mit panzerfesten Straßen in ganz Europa, mit drastischer Erhöhung des Militärbudgets. 
Den Menschen, die nicht der Meinung sind, dass heute die Gefahr von Russland ausgeht, einem maroden Land und einer demoralisierten Bevölkerung, mit 22 Militärstützpunkten im Ausland - fast alle auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion - mit einem einzigen funktionsfähigen Flugzeugträger und mit einem Verteidigungsbudget von 70 Mrd. Dollar. 
Und die meinen, schaut doch einmal auf die 700 Mrd der USA plus die 300 Mrd der restlichen Nato Staaten, auf die 760 amerikanischen Militärstützpunkte im Ausland, auf die 11 Flugzeugträger, die die Weltmeere beherrschen und es möglich machen, dass Trump sagen kann, „wir können gegen jedes Land der Welt Krieg führen“. 
Mit diesen Aussagen habe ich mich wohl in den Augen so mancher Leser in die Nesseln gesetzt.
 

Casa Pound

 

Mit diesen Aussagen habe ich mich wohl in den Augen so mancher Leser in die Nesseln gesetzt. Ich kehre daher zurück zu Salvini und zur politischen Rechten in Italien. Freunde aus Bozen erzählen schon seit längerem von Casa Pound, von ihren Schlägerbanden, die durch die Städte ziehen, von ihren fanatischen Gefolgsleuten. Gallmetzer bietet ein ganzes Panorma vom Wirken der neu gegründeten faschistischen Kleinparteien, wie sie sich nahezu ungestört in der Gesellschaft bewegen können. 
Es wird einem angst und bange, wenn wir vom Marsch der 6.000 Glatzköpfe von CasaPound erfahren, die in Triest ihre Stiefel auf das Pflaster krachen lassen, oder von den Verfolgungsjagden und dem Niederknüppeln von Migranten und Asylanten - oder von einfach Andersdenken. Wir hören, dass der Staat und manche seiner Organe diese Gruppen entweder gewähren lassen oder ihre Anschläge nicht verhindern können. Und dass Migranten, die in Arbeit stehen, von öffentlichen Funktionsträgern sozialrechtliche Ansprüche versagt werden. 
Werden in Italien faschistische Bewegungen als Normalität betrachtet, wird die rechtliche Ungleichbehandlung von Menschen auf Basis rein ethnischer Kriterien als legitim betrachtet?
 
 
Wir erfahren aber auch von Solidaritätsaktionen von CasaPound, vom Einsatz ihrer Mitglieder bei Überschwemmungen und anderen Katastrophen, von Frauen der Organisation, die Nahrungsmittel oder Kleider sammeln und sie an Bedürftige in armen Stadtvierteln verteilen. Dass sie obdachlose Familien beraten, sie bei der Besetzung leerstehender Wohnung schützen, andere auf Amtswegen begleiten. 
Wir hören von angesehenen Ärztinnen, die sich sehr um Hilfsbedürftige bemühen und von Spenden für „Alte, Kranke, Frierende, Hungerleidene“. Aber alles „nur für Italiener“. Es gibt eine soziale Ader innerhalb der Rechten, ähnlich wie bei den „Muslimbrüdern“in den Ländern des Nahen Ostens; in der Türkei waren und sind sie das Rückgrat von Erdogan. 
 

Ein Faschismus?

 
Ein eigenes Kapitel widmet Gallmetzer der viel diskutierten Frage, ob wir es heute in Italien mit einem Faschismus zu tun haben oder nicht, ob wir auf dem Weg zum Faschismus sind oder ob wir, wie manche Autoren meinen, schon „mitten drin“sind. 
Dabei räumt er einem Artikel von Umberto Eco großen Raum ein, der 1995 an der Columbia University einen Vortrag über den Faschismus gehalten hat. In 14 Punkten führt Eco die Merkmale an, die seiner Meinung nach den Faschismus (von ihm „Ur-Faschismus“ oder „Fascismo eterno“ genannt) charakterisieren. Die „Süddeutsche“hat bei Amtsantritt von Trump diese Punkte als eine Art „Checkliste“verwendet und ist zum Ergebnis gelangt, Trump sei (noch) keiner. Ich kann mit so einer Diskussion, vor allem aber mit so einer Checkliste überhaupt nichts anfangen, halte sie für nicht zielführend. 
 
 
Von ganz anderem Kaliber und von ganz anderer Qualität sind hingegen die Aussagen über die Lega von Massimo Cacciari, ein wichtiger Philosoph und 12 Jahre lang Bürgermeister von Venedig. Gallmetzer hat ihn interviewt. 
„Wir haben es da mit einer Rechten zu tun, die nichts mehr mit jener Rechten zu tun hat, die wir in der zweiten Nachkriegssituation gekannt haben, nicht einmal mit der Le Pens. Die Salvini-Lega hat jeder neoliberalen Ideologie abgeschworen, sie hat sie auf den Dachboden verräumt. Das hat nichts mehr mit den amerikanischen Konsvervativen eines Reagan oder der britischen Thatcher zu tun, ja nicht einmal mit dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano von Giorgio Almirante. In Wirtschafts- und Sozialfragen waren diese Faschismusnostalgiker in Wirklichkeit eine neoliberale Rechte, eine Rechte im Nadelstreif. Die heutige Lega besetzt in ihrer Sozialpolitik hingegen viele klassische Themen der Linken - Pensionen, Einkommen, Schutz des Arbeitsplatzes usw. (...) Heute sagt Salvini, wenn wir das Diktat der EU ablehnen, werden wir für uns, im nationalen Rahmen, eine echte soziale Politik umsetzen. Das ist die Destra Sociale, die neue soziale Rechte. Das stellt für die Linke ein kolossales Problem dar und ist heute die wirkliche Gefahr. Denn wenn man die traditionellen Themen der radikalen Rechten - den Nationalismus, die Xenophobie, streng konservative Positionen in Gesellschaftsfragen - mit einer starken sozialen Ausrichtung der Partei kombiniert, dann spricht man potentiell bis zu 80% der Bevölkerung an. Das kann sehr schnell gehen (...) Die neue soziale Rechte würde die Reform-Linke verdrängen. Die Linke würde dann zur Partei, die noch den Kampf um Demokratie, Menschenrechte, Pazifismus und für ein föderales Europa führen könnte, eine Linke der Bürgerrechte und moralischen Prinzipien ... Also maximal eine Zehn-Prozent-Partei."

Cacciari lässt uns auch einen Blick auf die Anhänger von Mussolini werfen und man geht wohl nicht fehl, wenn man dabei auch Gemeinsamkeiten mit Anhängern der Lega entdecken möchte: „Unmittelbar nach dem Krieg hat Togliatti sofort erkannt, dass ein bedeutender Teil der Anhänger und Mitläufer des Faschismus unweigerlich zu den Kommunisten wechseln würde. Aus Überzeugung, nicht aus Opportunismus. Und nicht nur die Basis, selbst führende Leute. Denn der Faschismus hatte eine starke soziale, eine antikapitalistische Komponente. Die ganze Emilia-Romagna die Toskana - Hochburgen des schärfsten Faschismus - wurden umgehend zu den regioni rosse“.
 
 
Es mag Erleichterung aufkommen wenn man sieht, dass ideologische Positionen nicht festgezimmert bleiben, aber wohl wird mir dabei immer noch nicht. Bei der Lega gibt es ja die Vorrangstellung der eigenen biologischen, sozialen, religiösen oder nationalen Gruppe. Daraus folgen Rassismus, Chauvinismus, Nationalismus. 
Diese Einstellungen gehen tiefer als Ideologie. Ideologien legen sich meist - Russland hat es gezeigt - wie Lack über eine Gesellschaft, blättern aber auch leicht ab. Grundeinstellungen der Menschen, ethisches Verhalten sind in der Regel beständig. Gerade hier habe ich Probleme mit der Lega.
 
Die Anerkennung der Gleichwertigkeit (nicht Gleichheit) der Menschen ist eine Grundidee der meisten Religionen und sie war auch der wichtigste Grundsatz der Aufklärung. Bei der Lega finden wir das Gegenteil. Hier gibt es die Glorifizierung der Starken, die Verachtung des Schwachen. Die Vorstellung, dass es Recht nur zwischen gleich Starken geben kann. Man redet zwar nicht mehr von der Beseitigung der Schwachen und Fremden, sondern nur noch von deren Rückführung in ihre Herkunftsländer. Aber die Entwicklung geht in eine Richtung, die mit der Idee von universellen Menschenrechten nichts mehr gemein hat.
 

Der Ziegel-Böhm

 
Diese Ablehnung und Gegnerschaft zu „Anderen“und „Fremden“ist nichts Spezifisches für die Lega. Es gibt sie auch bei jenen Südtirolern, die mit den „Walschen“nichts zu tun haben wollen. Es gibt sie über alle Zeiten und alle Länder hinweg. 
Das Wien des 19. Jahrhunderts haben vor allem Arbeiter aus „Böhmen“gebaut. Als einmal eine Gruppe böhmischer Arbeiter, die als „Ziegel-Böhm“unter entsetzlichen Arbeits- und Wohnbedingungen lebten, sich etwas Gutes tun wollte, machten sie einen Ausflug in die Wachau. Bei keinem einzigen „Heurigen“fanden sie Einlass und sie mussten zurückfahren ohne etwas gegessen oder getrunken zu haben. 
Diese Ablehnung und Gegnerschaft zu „Anderen“und „Fremden“ist nichts Spezifisches für die Lega. Es gibt sie auch bei jenen Südtirolern, die mit den „Walschen“nichts zu tun haben wollen

Es geht um mehr als um Politik, um viel mehr. Und gerade deshalb bräuchten wir eine menschenfreundliche Politik. Rainer Mausfeld, emeritierter Professor für Allgemeine Psychologie mit Schwerpunkt Wahrnehmungspsychologie: „Wir sind als Menschen für Empathie befähigt, wir sind in der Lage, Erfahrungen durch die Augen anderer zu machen, und diese Befähigung ermöglicht uns, empfänglich für das Leiden anderer zu sein. Gleichzeitig haben wir eine einzigartige Befähigung, andere aus der Gültigkeit der Rechte, die wir für uns beanspruchen, auszugrenzen, und zwar auf der Basis x-beliebiger Merkmale, das kann Hautfarbe sein, das kann geschlechtliche Orientierung sein, das kann Herkunft sein, das kann Religion sein. Es reicht sehr wenig, was aktiviert werden kann, um den anderen nicht mehr das zuzusprechen, was wir für uns beanspruchen. Und das ist auch Aufgabe einer Gesellschaft und auch eines Staates, dafür zu sorgen, dass dieses Ausgrenzungspotential, das wir natürlicher Weise haben, nicht zusätzlich noch aktiviert wird."
Ein Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe gibt es bei Amazon. Nicht nur lesen, sondern innehalten und nachdenken. Nur dann macht der Kauf des Buches einen Sinn.
 
 
Helmut Feichter „stammt aus dem Tauferer-Tal und hat als Kind und Jugendlicher die Attentate der 60er Jahre und einige ihrer Akteure aus nächster Nähe erlebt. Die zum Teil hasserfüllte Auseinandersetzung zwischen Südtirolern und 'Walschen' betrachtet er als nachhaltig prägende, negative Erfahrung.“