Economia | Kaufleuteverband

Studie der Peinlichkeiten

Der hds hat die internen Abläufe und die Mitarbeiterzufriedenheit erhoben. Die Durchführung dieser Studie ist ein Skandal, der nur durch skeptische Mitarbeiter aufflog.
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Foto: hds
„Es ist blöd gelaufen“, sagt Philipp Moser, „wir haben aber sofort reagiert und die Sache richtiggestellt“. Dem Präsidenten des Handels- und Dienstleisterverbandes (hds) fällt eine undankbare Aufgabe zu. Er muss auf Nachfrage von salto.bz etwas erklären, was nicht erklärbar ist. "Es wurde ein Fehler gemacht, das kann passieren“, meint Moser.
Was der hds-Präsident als Fehler beschreibt, ist in Wirklichkeit ein handfester Skandal, der bezeichnend für die Zustände ist, die in einem der größten Südtiroler Wirtschaftsverbände herrschen. Es ist eine Episode, die ernsthafte Fragen nach der Seriosität der Verbandsspitze wie auch einer prominenten Südtiroler Unternehmerin und Personalberaterin aufwirft.
Vor allem dann, wenn man weiß, dass dieser Skandal nur durch den zivilen Ungehorsam skeptischer hds-Mitarbeiter aufgeflogen ist und man alles tat und tut, damit diese Geschichte nicht an die Öffentlichkeit kommt.
 

Pro Domo

 
Es gehört in größeren Unternehmen und Verbänden durchaus zur Routine, dass man regelmäßig die Abläufe evaluiert und auch die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeiter erhebt. Man beauftragt dazu im allgemeinen ein spezialisiertes externes Unternehmen, das die Untersuchung durchführt und die Ergebnisse dann dem Auftraggeber und - falls gewünscht - auch den Mitarbeitern präsentiert.
So sollte es eigentlich auch beim Südtiroler Handels- und Dienstleisterverband ablaufen. Die hds-Führung hat heuer beschlossen, eine Bewertung in Auftrag zu geben, wie es um die internen Abläufe und die Mitarbeiterzufriedenheit im Verband steht.
Doch bereits bei der Beauftragung kommt es zu einer Absurdität, die dem Vorhaben noch vor seiner Durchführung einen zweifelhaften Stempel aufdrückt. 
Der Vorstand vergibt den Auftrag an das Südtiroler Personalberatungsunternehmen „Business Pool“. Das Unternehmen gehört der Unternehmerin und Personalberaterin Barbara Jäger, die der Firma als geschäftsführende Verwalterin vorsteht.
Barbara Jäger sitzt seit Jahren aber auch im Exekutivausschuss des hds. Die Personalberaterin ist Präsidentin der Berufsgruppe Dienstleister und damit eine der zentralen Führungsfiguren im Verband.
 
 
Hier hat man den Bock zum Gärtner gemacht“, kritisiert eine hds-Mitarbeiterin diese Entscheidung. Denn eines ist vor vornherein klar: Man hat mit der Überprüfung der Abläufe im Verband und der Zufriedenheit der Mitarbeiter jemand beauftragt, der selbst dafür indirekt verantwortlich ist. Es ist damit von Anfang an eine Art Selbstbeschau. 
Zusätzlich zu diesem glasklaren Interessenskonflikt der Verbandsfunktionärin stellt man damit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verbandes vor eine schwierige Entscheidung. Die Befragung ist zwar anonym, doch es dürfte ein wesentlicher Unterschiede sein, ob man Kritik am eigenen Arbeitgeber gegenüber einem neutralen Beobachter äußert oder aber einem Unternehmen, das von einem eigenen Vorstandsmitglied geleitet wird.
Innerhalb des Verbandes kam deshalb auch Kritik an der Auswahl auf. Doch das bisher tadellose Image der beauftragten Unternehmensberatung und der Standing der Besitzerin im Verband ließen jeden Einspruch sofort im Keim ersticken. 
 

Bestelltes Selbstlob?

 
Philipp Moser verteidigt auch heute noch diese Entscheidung: „Ich würde es wieder so machen“. Die Argumentation des hds-Präsidenten: Wenn man in den eigene Reihen Fachleute und Unternehmen hat, die diese Dienstleistung erbringen können, würde es der Verbandslogik zuwiderlaufen, wenn man ein externes Unternehmen beauftragt hätte.
Auch die Doppelfunktion von Barbara Jäger sieht Moser bei der Mitarbeiterbefragung nicht als problematisch. „Weil ein klares Nahverhältnis besteht, hat man von Anfang an ganz besonders auf die Anonymität geachtet“, sagt der hds-Präsident zu salto.bz.
Die Verbandsmitarbeiter erhielten vor rund zehn Wochen einen Fragebogen mit unzähligen Punkten zur Beantwortung. Streng anonym und nur zur internen Überprüfung des Ist-Zustandes im Verband. Aus allen Teilen des Landes pilgerten die über 140 Mitarbeiter in den Hauptsitz nach Bozen, um die rund 100 detaillierten Fragen zu beantworten. 
Vorvergangene Woche folgte dann die offizielle Präsentation der Ergebnisse. Dabei sparte man nicht: Der Verband sperrte einen Tag lang seine Büros zu. Aus den Außenbezirken wurde die Belegschaft über Videokonferenz zugeschaltet.
 
 
Am Hauptsitz war die gesamte Führungsriege angetreten, vom Präsidenten über die Direktion bis hin zu den Geschäftsführern. Mit dabei auch Barbara Jäger, die in an diesem Tag in einer Doppelrolle agierte. Als Präsidentin der Dienstleister und als beauftragte Unternehmerin, die für die Durchführung der Studie verantwortlich ist.
Die Ergebnisse der Studie sind laut Präsentation für die hds-Führungsmann- und Frauschaft sehr schmeichelhaft. Laut Auswertung sind nicht nur die inneren Abläufe im Verband größtenteils effizient, auch die Mitarbeiterzufriedenheit scheint überaus groß zu sein. So stehen Dreiviertel aller Befragten positiv zum eigenen Arbeitgeber.
Das Gesamtfazit der Studie, das an diesem Tag stolz vorgestellt wird: „Einfach weitermachen wie bisher“.
Es ist eine Art offizielles Gütesiegel für die amtierende hds-Spitze. Und so wird es anfänglich auch zelebriert. Deshalb erhalten auch alle Mitarbeiter eine Kurzfassung der Studie zum Nachlesen.
 

Die Spielverderber

 
Spätestens damit beginnt aber das Problem der hds-Spitze und von Barbara Jäger. Weil die Beauftragung von Jägers Unternehmen berechtigterweise bei einigen Mitarbeitern eine gewisse Skepsis aufkommen lässt und man den Verdacht hat, dass die Verbandsspitze sich so selbst ein gutes Zeugnis ausstellen will, testet man heimlich die Güte der Umfrage und ihrer Ergebnisse.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einer Außenstelle hatten sich heimlich bei mehreren Fragen untereinander abgesprochen und einheitlich die identischen Antworten gegeben. Diese Merkmale hätten in der Studie bei der lokalen Auswertung eigentlich ersichtlich werden und sich in den Ergebnissen niederschlagen müssen. Doch dem war nicht so
Deshalb begannen die betroffenen Mitarbeiter am Hauptsitz nachzufragen. Nach einem ersten Dementi erkannte man bald, dass der Fehler – sofern es einer war – sich nicht weiter leugnen lässt. Man blies zum sprichwörtlichen Rückzug.
Am Sonntag, den 24. November wurde die hds-Spitze vom Problem unterrichten, am Tag darauf kam es zu einer Krisensitzung der Verbandsführung mit dem Unternehmen Bussines Pool. „Ich denke wir haben ein gutes und transparentes Krisenmanagement gemacht“, sagt Philipp Moser.
Bereits am Nachmittag des 25. November wurde der hds-Belegschaft eine mehrseitige Entschuldigung übermittelt. Versandt aus dem Büro der Direktion mit ausführlichen Erläuterungen der betroffenen Unternehmensberatung Business Pool, unterzeichnet von der geschäftsführenden Gesellschafterin Barbara Jäger höchstpersönlich. 
 
 
Im Schreiben wendet sich Jäger direkt an die hds-Mitarbeiter und begründet den Vorfall mit Fehlern in der Datenerhebung. „Leider gab es beim Einlesen der Papierfragebögen ein Softwareproblem und Ihre Bewertungen wurden teilweise den falschen Aussagen zugeordnet“, schreibt Jäger. Offiziell soll es während der Auswertung zu einem Computerabsturz gekommen sein und deshalb sei es zu der falschen Datenübermittlung gekommen. 
Im Brief kommt aber auch zum Ausdruck, wie sich das „Softwareproblem“ auf die Ergebnisse der Studie ausgewirkt hat. Laut Schreiben von Business Pool wurden von den 94 Fragen nur 46 richtig bewertet. 48 Aussagen wurden damit falsch oder überhaupt nicht berücksichtigt.
Barbara Jäger kündigt in ihrem Entschuldigungsschreiben auch an, dass man die Ergebnisse überarbeiten und dann nochmals vorstellen werde. „Barbara wird zusammen mit der Verbandsführung in den nächsten Wochen allen Mitarbeitern die Ergebnisse auch nochmals genau erläutern“, bestätigt Philipp Moser.
 

Ein anderes Ergebnis

 
Dabei ging eine erste Neuvorstellung der Studie bereits vergangene Woche über die Bühne. Mit einer neuen Peinlichkeit. Die Mitarbeiter der Bussines Pool und Geschäftsführerin Barbara Jäger waren bereits mitten in der Vorstellung der neuen, korrigierten Ergebnisse, als einer der Anwesenden nach einer Viertelstunde darauf hinweisen muss, dass man nochmals die alten, falschen Ergebnisse vorstellt.
Natürlich war auch das nur ein weiteres Versehen.
Was in der ersten Studie nicht der Rede wert war, wurde nun zu einem der größten Kritikpunkte: das niedrige Lohnniveau im Verband. 
Als man schließlich die korrigierte Fassung der Studie auspackte, wurde schnell klar, dass es man es nicht mit einer statischen Schwankungsbreite zu tun hat, sondern mit völlig anderen Werten, die das ursprüngliche Ergebnis der Studie völlig auf den Kopf stellen.
Standen in der ersten Präsentation beispielsweise noch drei Viertel aller Befragten im Gesamtfazit positiv zum eigenen Arbeitgeber, so war nach der notwendig gewordenen Neuauswertung gar die Hälfte unzufrieden. Und was in der ersten Studie nicht der Rede wert war, wurde nun zu einem der größten Kritikpunkte: das niedrige Lohnniveau im Verband. 
Aus dem ursprünglichen äußerst positiven Zeugnis wurde so ein kaum schmeichelhaftes Ergebnis. Das neue Fazit: Es besteht „dringender Handlungsbedarf“.
Es ist ein Super-Gau für Philipp Moser & Co und noch mehr für die renommierte Unternehmerin und Personalberaterin Barbara Jäger. Eine Geschichte, die nie aufgeflogen wäre, hätten gescheite Mitarbeiter nicht zu einer unorthodoxen Kontrollmethode gegriffen. Man hat der eigenen Verbandsspitze damit den Spiegel vorgehalten. 
Das alles macht deutlich, dass man im hds weit mehr als nur „Softwareprobleme“ hat. 

 

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Michl T. Mar, 12/03/2019 - 09:25

"Aus allen Teilen des Landes pilgerten die über 140 Mitarbeiter in den Hauptsitz nach Bozen, um die rund 100 detaillierten Fragen zu beantworten."
"Softwareproblem beim Einlesen der Fragebögen"
bin zwar Fan der 90er, aber sorry im Jahr 2019 steige ich bei so viel Hinterweltertum mental aus xD

Mar, 12/03/2019 - 09:25 Collegamento permanente
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Michl T. Mar, 12/03/2019 - 17:02

In risposta a di gorgias

falsch. es gibt auch anonyme Erhebungen. Der Betreiber der Umfrage-Plattform kennt dann die IP Adresse des Endgeräts, der auswertende Mitarbeiter von der Business Pool kennt die aber nicht.
also wenn man's sauber macht gibt's kein Problem. aber mit Sachen sauber abwickeln scheint's in dem Fall gehapert zu haben ^_^

Mar, 12/03/2019 - 17:02 Collegamento permanente
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19 amet Mar, 12/03/2019 - 11:46

In jedem korrekt geführten Unternehmen würden die für diese "Fehler" Zuständigen fristlos
entlassen. So würde man zumindest den Anschein wahren korrekte Leute zu sein.Hier handelt es sich wohl um Täuschung der Steuerzahler, die diese Art von Vereinsführung ja leider mifinanzieren müssen.

Mar, 12/03/2019 - 11:46 Collegamento permanente