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Die Hoffnung der “Bürger ohne Lobby”

Die Entscheidung über die geplante Schottergrube in Gais naht. Die Landesregierung erhält einen offenen Brief – von einem SVP-Gemeinderat und Grubengegner.
Gais
Foto: Grüne Verdi Verc

Über ein Monat ist vergangen seit sich die betroffene Bevölkerung zur geplanten Schottergrube in Gais geäußert hat. Knapp 80 Prozent der Menschen, die an der Bürgerbefragung am 2. November teilgenommen haben, haben sich für den Standort ausgesprochen, der am weitesten vom Wohngebiet entfernt liegt.

Das Unternehmen, das die Schottergrube anlegen und betreiben will, die BWR Gmbh – an ihr ist auch der Gaiser Bürgermeister Christian Gartner beteiligt – sagte zu, den Standort “auf Wunsch der Bürger” verschieben zu wollen. “Wir werden mit Taten beweisen, dass ein schonender und nachhaltiger Schotterabbau in Gais möglich ist – entgegen allen Ängsten, die letzthin geschürt wurden”, so BWR-Geschäftsführer Roland Pezzi. Der Seitenhieb geht in erster Linie an die ad-hoc in Gais eingesetzte Bürgerinitiative gegen den Schotterabbau. Seit Monaten wütet ein Grabenkampf zwischen Gegnern und Befürwortern.

Ein grundsätzliches Ja oder Nein zum Vorhaben der BWR war bei der Bürgerbefragung Anfang November nicht möglich. Dafür war zeitgleich eine Meinungsumfrage abgehalten worden. Die eingegangenen Stellungnahmen wurden nach Bozen weitergeleitet. Denn die Zuständigkeit über die Genehmigung liegt bei der Landesregierung. Die hatte aufgrund des großen Widerstands in Gais das Konzessionsvergabeverfahren unterbrochen – das UVP-Gutachten ist positiv ausgefallen – und wollte nach der Bürgerbefragung eine Stellungnahme der Gemeinde abwarten.

Nun naht die Entscheidung über die Schottergrube – und ein vehementer Grubengegner wendet sich mit einem offenen Brief an die gesamte Landesregierung. Es ist Martin Stolzlechner von der Bürgerinitiative Gais und zugleich SVP-Gemeinderat in Gais, der schreibt:

“Sehr geehrte Landesregierung,

Landesrat Philipp Achammer teilte uns mit dass sich die Landesregierung voraussichtlich am Dienstag mit dem Thema beschäftigt. Sie wollte sich zuvor die Meinungen aller Parteien einholen, weshalb sich alles hinauszog. Im Gemeinderat kam leider das Projekt Schottergrube nie zur Sprache, da es laut Gemeindeausschuss nicht Zuständigkeit der Gemeinde ist. Der Gemeinderat konnte sich nie offiziell und verbindlich dazu äussern. Bedenklich stimmt mich aber, dass nicht eine richtige Volksbefragung abgehalten wurde, bei welcher auch ein NEIN zur Schottergrube zur Auswahl gestanden ist, was laut Aussagen der Meinungsumfrage der Wunsch der Bevölkerung gewesen wäre.

Bei der Vorstellung des Landeshaushaltes 2020 durch Landeshauptmann Arno Kompatscher sind mir besonders zwei Aussagen im Gedächtnis hängen geblieben und zwar Nachhaltigkeit und soziales Zusammenleben. Trotzdem... es wäre alles andere als nachhaltig, in Gais zusätzlich zu den beiden bereits aktiven Schottergruben eine dritte zu genehmigen.
Ich hoffe, dass dies die Landesregierung bei ihrer Entscheidung beachtet und im Sinne der Bevölkerung entscheidet oder sobald rechtlich möglich – also nach den Gemeinderatswahlen – eine ‘tatsächliche’ Volksbefragung mit der Wahlmöglichkeit ‘NEIN zur Schottergrube’ abhaltet.

‘Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können’ (Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, 1987). Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung rückt dabei zwei Schlüsselbegriffe in den Mittelpunkt:

  • Der Begriff *Bedürfnisse*: Dabei sollen die Bedürfnisse jetziger und zukünftiger Generationen befriedigt werden können. Hierbei geht es um menschliche Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Freiheit, körperlicher Unversehrtheit und Gemeinschaft. Insbesondere geht es dabei auch um Aspekte der Gerechtigkeit.
  • Der Gedanke von *Beschränkungen*: Diese beziehen sich auf die natürlichen Grenzen der Tragfähigkeit (also der Ökosysteme) und die Auswirkungen auf die Tragfähigkeit durch Technologie und soziale Organisationen.

Können wir unsere natürlichen Ressourcen und Energieträger schonen und zugleich wachsende Bedürfnisse befriedigen?

Den Ressourcenverbrauch auch in der Bauindustrie nachhaltiger machen heisst: Durch vorausschauende Rationierung der neuen Schotterentnahmen wird die begrüssenswerte Entwicklung zur Wiederverwendung von Sekundärstoffe und Recyclingprodukten forciert.

Wir einfache Bürger ohne Lobby und direktem Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht sind zuversichtlich, dass unsere gewählten Vertreter in der Landesregierung und eine SVP, die an Nachhaltigkeit und an die nächste Generation denkt, im Sinne der Bevölkerung entscheidet.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Stolzlechner   
Bürgerinitiative Gais”