Società | Alles nur Corona?

Gibt es nur noch die eine Grippe?

Was ist mit der bisherigen medizinisch bewährten Strategie, in Grippeepidemien auch weiter auf Influenza zu testen?
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Grippetest
Foto: Pixabay

Sehr geehrte Entscheidungsträger des Corona-Krisenstabes,

ich bin ihnen sehr dankbar um all Ihre Bemühungen, die Bevölkerung aus erster Hand in dieser schweren Zeit über die komplexe Materie aufzuklären und mit mutigen und klaren Entscheidungen durchzubegleiten

Ich als praktischer Arzt mache mir aber Sorgen darüber, wie aufgrund der momentanen epidemiologischen Daten, die sich großteils auf Denkmodelle und Theorien berufen, weitreichendste Entscheidungen getroffen werden.

Weil wir aktuell nichts Besseres haben, müssen wir uns auf diesen medizinisch nicht validierten PCR-Test verlassen und auch die jetzt (vor)eiligst erwarteten Antikörpertests können hoffentlich bestimmte Fragestellungen klären.

Es scheint mir, dass medizinisch alles ausser der Coronathematik keine Bedeutung mehr hat. Dort aber scheint jedes Mittel recht, obwohl es genug erprobtere Strategien gibt.

Wieso, frage ich mich, werden bei den aktuell getesteten Personen nicht auch so wie all die Jahre bisher Influenza-Tests durchgeführt, die validiert, massenhaft erprobt sind und wohl auch verfügbar sein müssten?

Mich macht es stutzig, dass im bereits stark selektierten Kollektiv dieser eh schon sehr auffälligen klinischen Fälle mit Hochrisikohintergrund nur ca. 10% positiv getestet werden.

Könnten die restlichen 90% klinisch auffälligen, aber Corona-PCR-testnegativen Patienten und all jene, die krank zuhause sitzen und auf eine klärende Testung warten, nicht einfach mit dem Influenzatest teilweise Klarheit erhalten und zumindest erfahren, ob sie nicht von Influenza befallen sind und deshalb an Grippe leiden?

Bei solchen Fragen wird man in diesen Tagen leider entweder ignoriert oder von oben herab epidemiologisch abgekanzelt und der Unwissenheit des allgemeinen Volkes bezichtigt. Ob es genügt, nur solidarisch aufzuschauen und abzuwarten ob die (einzige) Strategie aufgeht?

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Rudolf Gruber Lun, 03/30/2020 - 22:37

Ich möchte vorausschicken, dass ich in diesem Text nur Zitate aus Erstquellen verwende, die ich seit Jahren regelmässig aus beruflichen Gründen konsultiere und dazu persönliche Überlegungen anstelle und sich daraus für mich unbeantwortete Fragen ergeben, die ich farblich unterstreiche. Ich bedauere die aktuelle Corona-Krisensituation zutiefst und spreche allen Betroffenen und Helfern mein Mitgefühl aus. Zudem unterstütze ich alle derzeit vom Dekret vorgesehenen Maßnahmen und freue mich über die grosse Disziplin und Solidarität der Bevölkerung. Ich verstehe aber auch die Unsicherheit und Angst, die Sorgen um die Zukunft und auch die wachende verzweifelte Ungeduld der Menschen.
So war es mit den Atemwegsinfekten laut Robert Koch Institut bis 2019:

• Eine Erkältung wird oft als "grippaler Infekt" bezeichnet, hat mit der echten Grippe (Influenza) jedoch nichts zu tun. Eine Influenza-Erkrankung wird durch Influenzaviren ausgelöst. Sie kann durch einen plötzlichen Erkrankungsbeginn mit Fieber oder deutlichem Krank¬heits¬ge¬fühl, verbunden mit Muskel- und/oder Kopf¬schmer¬zen und Reizhusten, einhergehen. Sie kann vor allem bei älteren Menschen, chronisch Kranken und Schwangeren zu Komplikationen wie beispielsweise einer Lungenentzündung führen und dann sogar tödlich verlaufen. Gegen die Grippe kann man sich impfen lassen und im Erkrankungsfall stehen spezifische antivirale Arzneimittel für die Therapie zur Verfügung.

• Erkältungen dagegen werden von mehr als 30 verschiedenen Erregern (z.B. Rhino- und Coronaviren) hervorgerufen. Zu den Symptomen zählen Hals¬schmer¬zen, Schnupfen und Husten, seltener auch erhöhte Temperatur oder Fieber. In Einzel¬fällen, etwa bei immunsupprimierten Menschen und Klein¬kin¬dern, kann jedoch auch eine Erkältung zu schweren Komplikationen führen. Impfstoffe gegen Erkältungsviren gibt es nicht.

• Es ist oft nicht möglich, Influenza und Erkältung anhand der Symptome zu unterscheiden. Für Ärzte ist es daher auch wichtig zu wissen, welche Viren gerade in der Bevölkerung zirkulieren. Mitten in der Grippewelle ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient an Grippe erkrankt ist, auch bei milder Symptomatik hoch.

• Während der Grippewelle können Ärzte aufgrund klinischer Merkmale und Symptome relativ zuverlässig die Erkrankung diagnostizieren, ohne dass zusätzliche Labortests durchgeführt werden müssen. In Einzelfällen können frühzeitige Laboruntersuchungen aber Therapieentscheidungen unterstützen, wenn sich z.B. Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf vorstellen, die eventuell keine typische Influenzasymptomatik entwickeln (z.B. ältere Menschen, Personen mit chronischen Vorerkrankungen wie Diabetes oder Patienten unter immunsupprimierender Therapie). Wichtig ist die Erregerdiagnostik auch bei respiratorischen Ausbrüchen in Alters- und Pflegeheimen. Meine Frage: Wieso war der Influenzatest nur bisher wichtig?

• In diesen Fällen können Influenzaviren mit der so genannten PCR-Methode zuverlässig nachgewiesen und charakterisiert werden. Dabei werden charakteristische Abschnitte im Erbgut des Virus nachgewiesen. Zur Diagnose sollte ein Rachen- oder Nasenabstrich möglichst rasch nach Beginn der Erkrankung von einem Arzt entnommen und an ein Labor eingesandt werden.

• In Einzelfällen kann für den behandelnden Arzt eine schnelle Diagnostik durch einen Influenza-Schnelltest (Antigentest) hilfreich sein – etwa, um zu entscheiden, ob ein Patient mit einer Vorerkrankung rasch ein Grippemedikament einnehmen sollte. Wenn der Schnelltest während der Grippewelle positiv ausfällt, kann man davon ausgehen, dass eine Influenzaerkrankung vorliegt (hohe Spezifität). Der Test erkennt Influenzaerkrankungen jedoch nicht immer zuverlässig: wenn das Testergebnis also negativ ausfällt, kann man nicht sicher sein, dass tatsächlich keine Influenzaerkrankung vorliegt (mäßige Sensitivität). Meine Frage: haben wir nicht jetzt genau die selbe Thematik und müssten wir nicht deswegen auch die aktuellen Daten differenzierter und vorsichtiger anschauen?

• Das Risiko einer Ansteckung mit einem Influenza-Virus ist bei engen Kontakten größer als bei flüchtigen Begegnungen. Als enge Kontaktpersonen werden Menschen bezeichnet, die mit Erkrankten im selben Haushalt leben, die Patienten ohne adäquaten Schutz pflegen oder sonstigen engen Kontakt mit Erkrankten hatten. Gerade für Haushaltskontakte lässt sich eine Übertragung nur begrenzt vermindern, z.B. durch getrenntes Schlafen oder die räumlich/zeitlich getrennte Einnahme der Mahlzeiten. Weitere Hinweise sind bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung abrufbar

• Dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in der Öffentlichkeit das eigene Risiko einer Ansteckung signifikant verringert, ist nicht wissenschaftlich belegt (kein Eigenschutz).
Nur in besonderen Situationen, z.B. bei der Pflege von erkrankten Personen, kann ein Mund-Nasen-Schutz das Infektionsrisiko des Pflegenden reduzieren.

• Dagegen kann es sinnvoll sein, dass an einer akuten respiratorischen Infektion erkrankte Personen einen Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn sie sich im öffentlichen Raum bewegen. Dadurch kann das Risiko einer Übertragung auf andere Personen durch Tröpfchen verringert werden (Fremdschutz). Für die optimale Wirksamkeit ist es aber wichtig, dass der Mund-Nasen-Schutz korrekt sitzt (d.h. eng anliegend getragen wird), bei Durchfeuchtung gewechselt wird, und dass während des Tragens keine (auch keine unbewussten) Manipulationen daran vorgenommen werden.

• Die wichtigsten und effektivsten Maßnahmen zum persönlichen Schutz sowie zum Schutz von anderen Personen vor der Ansteckung mit Erregern respiratorischer Infektionen sind eine korrekte Hustenetikette und das Einhalten eines Mindestabstandes (ca. ein Meter) von krankheitsverdächtigen Personen, ergänzt durch eine gute Händehygiene.

• Zur ursächlichen Behandlung der Influenza stehen die Neu¬ra¬mi¬ni¬da¬se¬hemmer Oseltamivir (Tamiflu(R)), Zanamivir (Relenza(R)) und Peramivir (Alpivab (R)) zur Verfügung. Der aktuelle wissen¬schaft¬liche Stand zu Thera¬pie¬mög¬lich¬kei¬ten bei Influenza ist in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt (2016; 113 (47)) zusammengefasst.

Grippe und Covid-19 im Jahr 2020:
Ähnlichkeiten:
• Beide Virengattungen werden über Nasen- Rachenbstrich und PCR festgestellt.
• Ähnlich ist die Ausprägung der Infektionskrankheiten: Beide sind von einem Virus (Grippe: Influenzaviren, COVID-19: SARS- CoV-2) verursachte akute respiratorische Erkrankungen (ARE), also Atemwegserkrankungen, deren Verlauf bei beiden Erkrankungen sehr unterschiedlich sein kann - von symptomlos oder mild(80%) bis hin zu sehr schwer (15-20%), mitunter gar tödlich (0,1-5%).
• Beide Erreger werden vorwiegend über Tröpfchen etwa beim Sprechen oder Husten oder auch direkten Kontakt übertragen. Darum greifen bei beiden auch die gleichen Vorsichtsmassnahmen: gute Handhygiene, in den Ellbogen oder ein Taschentuch husten, Kontakt zu Infizierten vermeiden.
• Beide verursachen grundsätzlich eine „Grippewelle“. Als Grippewelle wird der Zeitraum erhöhter ARE- Viren -Aktivität bezeichnet. Die jährliche Grippewelle hat in den vergangenen Jahren meist im Januar begonnen und drei bis vier Monate gedauert. Meine Frage: Ist es nicht auch jetzt so?

• Für den Beginn einer Grippewelle hat die Arbeitsgemeinschaft Influenza eine virologische Definition entwickelt. Im Nationalen Referenzzentrum für Influenza im RKI werden kontinuierlich Proben von Patienten mit Grippesymptomen untersucht. Das Referenzzentrum prüft, ob die Erkrankungen durch Erkältungsviren (z.B. Rhinoviren, respiratorische Synzytialviren) oder durch Influenzaviren ausgelöst wurden. Stark vereinfacht kann man sagen: Wenn in jeder fünften Patientenprobe tatsächlich Influenzaviren nachgewiesen werden – die so genannte Positivenrate also bei etwa 20 % liegt – hat die Grippewelle begonnen. Zum Höhepunkt der Grippewelle werden bei Patienten mit Grippesymptomen dann zumindest bisher die meisten Erkrankungen durch Influenzaviren verursacht. Meine Frage: Wieso hört man plötzlich nichts mehr davon? Wird ganz einfach nicht danach gesucht und getestet?

• Nach jeder Grippesaison wird die Gesamtzahl der über das erwartete Maß hinausgehenden Arztbesuche aufgrund akuter Atemwegserkrankungen geschätzt. Diese Gesamtzahl entspricht vermutlich in etwa der Zahl der Patienten, die mit einer Influenza-Erkrankungen zum Arzt gehen. Meine Frage: kommen jetzt alle schwerer verlaufenden Fälle unmittelbar in die Corona-Triage und damit ins Krankenhaus?

• Saisonale Influenzawellen verursachen in Deutschland jährlich zwischen einer und sieben Millionen zusätzliche Arztkonsultationen, in Jahren mit starken Grippewellen auch deutlich mehr.

• Daten des RKI-Bürgerportals GrippeWeb deuten darauf hin, dass jeder zweite Erkrankte mit typischen Grippesymptomen zum Arzt geht. Demnach erkranken während einer saisonalen Grippewelle in Deutschland zwischen zwei und 14 Millionen Menschen an Influenza, bisweilen auch mehr. Die Zahl der Infektionen während einer Grippewelle - nicht jeder Infizierte erkrankt - wird auf 5 bis 20 Prozent der Bevölkerung geschätzt, in Deutschland wären das 4 bis 16 Millionen Menschen.

Unterschiede:
• Unterschiede gibt es bei der Ausbreitungsgeschwindigkeit: Influenza hat eine kürzere Inkubationszeit zwischen Ansteckung und der Ausbildung erster Symptome, zudem erfolgen die Ansteckungen in den Infektionsketten rascher aufeinander. Bei Covid-19 liegt dieses Intervall bei etwa 5 bis 6 Tagen, bei Influenza bei 3 Tagen. Das bedeutet, dass sich Influenza rascher verbreiten kann als Covid-19.
• Ein weiteres wichtiges Kennzeichen ist die Ansteckungsrate. Das neue Coronavirus Sars-CoV-2 wird nach WHO-Daten von einem Infizierten im Mittel an zwei bis zweieinhalb weitere Menschen weitergegeben - und damit an mehr als bei Influenza. Wegen der unsicheren Datenlage und verschiedenen beeinflussenden Effekten ist ein Vergleich bei diesem Aspekt aber nur eingeschränkt möglich, sagt die WHO.
• Bei Influenza ist die Ansteckung dann am grössten ist, wenn man die stärksten Symptome hat. Doch auch vorher können andere Personen angesteckt werden. Zunächst war man bei Covid-19 davon ausgegangen, dass solche Ansteckungen vor den Symptomen selten seien und die Weiterverbreitung kaum eine Rolle spielten. Man geht nun aber davon aus, dass Patienten auch unmittelbar vor den Symptomen ansteckend sind.
• Erhebliche Unterschiede gibt es im Bezug auf Kinder: «Kinder sind bedeutsame Treiber für die Übertragung von Influenzaviren in der Gemeinschaft», so die WHO. Für den Covid-19-Erreger zeigen erste Auswertungen, dass Kinder weniger betroffen sind als Erwachsene und nur selten deutliche Symptome entwickeln. Vorläufige Daten lassen demnach zudem annehmen, dass Kinder sich vor allem bei Erwachsenen anstecken - Erwachsene aber umgekehrt kaum bei Kindern.
• Schwere bis lebensbedrohliche Verläufe gibt es nach bisherigen Auswertungen bei Covid-19 häufiger als bei der Grippe. Als besonders von schweren Verläufen betroffene Risikogruppen gelten bei Influenza Kinder, Schwangere, Ältere sowie Menschen mit chronischen Krankheiten oder geschwächtem Immunsystem. Bei Covid-19 gehören Kinder und Schwangere nach derzeitigem Wissensstand nicht zu den Risikogruppen.
• Zu beachten ist auch der Unterschied bei den Möglichkeiten für Behandlung und Vorsorge. «Zwar gibt es bereits eine Reihe klinischer Tests von Medikamenten in China, und es sind mehr als 20 Impfstoffe gegen Covid-19 in der Entwicklung, bisher aber gibt es keine zugelassenen Impfstoffe oder Therapien für Covid-19», so die WHO. Bei Influenza hingegen gibt es sowohl schützende Impfungen als auch zugelassene antivirale Medikamente.

• Auf der Seite des Robert Koch Instituts ist aktuell zu lesen:

• Für die Einschätzung der Grippe-Aktivität sind mehrere Datenquellen erforderlich, die zusammen bewertet werden müssen. Die aktuellen Daten werden in Wochenberichten veröffentlicht. Die Einschätzung der Schwere einer Grippewelle ist erst nach der Saison möglich, der Influenzasaisonbericht erscheint üblicherweise im September. Meine Frage: Wieso können wir dann jetzt im Voraus so weitreichende Entscheidungen treffen?

• Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz in Deutschland: Labore müssen gemäß Infektionsschutzgesetz Influenzavirus-Nachweise an die zuständigen Gesundheitsämter melden. Diese ermitteln weitere Informationen zum Patienten und übermitteln die Daten dann über die Landesgesundheitsbehörden an das Robert Koch-Institut. Üblicherweise nehmen Ärzte nur bei einem sehr kleinen Teil von Patienten mit akuten Atemwegserkrankungen Proben aus den Atemwegen und lassen es in einem Labor testen. Seit der Influenzapandemie im Jahr 2009 wurden von Jahr zu Jahr mehr Personen untersucht, allerdings sehr unterschiedlich von Region zu Region. Für die Abschätzung der Krankheitslast sind die Daten deshalb nur bedingt geeignet, sie enthalten aber wichtige Einzelfall-Informationen, zum Beispiel zu Krankheitsverlauf und Impfstatus. Auch von Influenzaausbrüchen mit mehreren Erkrankten, zum Beispiel in Altersheimen oder in Krankenhäusern, erfahren die Gesundheitsämter durch Influenzameldungen und können dann bei der Eindämmung des Ausbruchs unterstützen. Meine Frage: Wieso bestimmt man nicht gerade in Hotspots wie Altenheimen bei knapp verfügbaren neuen Coronatests nicht auch die Influenzaaktivität?

• Krankheitslast/ARE-Aktivität: Um die Krankheitslast auf Bevölkerungsebene zu bestimmen, melden rund 500 Haus- und Kinderarztpraxen der Arbeitsgemeinschaft Influenza dem Robert Koch-Institut wöchentlich die Zahl der Patienten mit akuten Atemwegserkrankungen – fachliche Bezeichnung: akute respiratorische Erkrankungen, ARE – und als Bezugsgröße die Zahl aller Patienten der Praxis mit. Damit kann die Krankheitslast durch ARE bestimmt werden (ARE-Aktivität). Meine Frage: Sind alle ARE dieses Jahres plötzlich nur noch COVID- Fälle? Weil auch die Grippe erfahrungsgemäß ähnlich schwer verlaufen kann und jährlich in zumindest ähnlicher Häufigkeit auftritt, verstehe ich nicht, wieso das dieses Jahr nicht so ist.

• Saisonale Influenzawellen verursachen in Deutschland jährlich zwischen einer und sieben Millionen zusätzliche Arztkonsultationen, in Jahren mit starken Grippewellen auch deutlich mehr.

• Nachzulesen unter https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2019_2020/2020-12.pdf
Die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen (ARE- und ILI-Raten) in der Bevölkerung (GrippeWeb) ist in der 12. Kalenderwoche (KW) 2020 bundesweit gesunken. Im ambulanten Bereich wurden bei Erwachsenen mehr Arztbesuche wegen ARE im Vergleich zur 11. KW 2020 registriert, die Werte in den Altersgruppen der Kinder gehen seit zwei Wochen deutlich zurück.
Im Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Influenzaviren wurden in der 12. KW 2020 in 85 (42 %) von 204 Sentinelproben respiratorische Viren identifiziert, darunter vier Proben mit Influenza A(H1N1)pdm09-, 26 Proben mit Influenza A(H3N2)- und zehn Proben mit Influenza B-Viren. Die Influenza-Positivenrate ist im Vergleich zur Vorwoche gesunken und lag bei 20 %. In der 12. KW ist in drei von 193 untersuchten Sentinelproben (1,6 %) SARS-CoV-2 identifiziert worden.
Für die 12. Meldewoche (MW) 2020 wurden nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) bislang 9.878 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das Robert Koch-Institut übermittelt (Datenstand: 24.3.2020).
Für die 12. KW 2020 wurden insgesamt rund 170.000 Influenza-bedingte Arztbesuche geschätzt (95 % KI 140.000 bis 205.000). Die Influenza-Aktivität ist im Vergleich zur Vorwoche deutlich gesunken.
Die Erhöhung der Zahl der Arztbesuche wegen ARE bei Erwachsenen lässt sich zurzeit weder durch in der Bevölkerung zirkulierende Influenzaviren noch durch SARS-CoV-2 erklären. Meine Frage: Wieso stehen diese Sätze auf der Seite des seriösesten wissenschaftlichen Instituts RKI von Deutschland?

• Die influenzabedingte Sterblichkeit (Mortalität) kann durch statistische Verfahren aus der Zahl der Gesamttodesfälle oder aus der Zahl der als „Pneumonie oder Influenza“ kodierten Todesfälle geschätzt werden. Dieser Ansatz wird gewählt, weil bei weitem nicht alle mit Influenza in Zusammenhang stehenden Todesfälle als solche erkannt oder gar labordiagnostisch bestätigt werden. Die Zahl der mit Influenza in Zusammenhang stehenden Todesfälle wird – vereinfacht dargestellt – als die Differenz berechnet, die sich ergibt, wenn von der Zahl aller Todesfälle, die während der Influenzawelle auftreten, die Todesfallzahl abgezogen wird, die (aus historischen Daten berechnet) aufgetreten wäre, wenn es in dieser Zeit keine Influenzawelle gegeben hätte. Das Schätz-Ergebnis wird als sogenannte Übersterblichkeit (Exzess-Mortalität) bezeichnet. In Deutschland wird, wie in vielen anderen Ländern, die Zahl der Gesamttodesfälle für die Schätzung verwendet. Meine Frage: Wieso ist man sich, wenn bisher alle Zahlen jährlich nur geschätzt wurden, gerade jetzt so unfehlbar sicher in allen Interpretationen?
• Todesfälle mit Influenza werden im Rahmen der Meldepflicht für Influenzavirus-Nachweise an das RKI übermittelt. Diese Daten sind jedoch keine Grundlage für Hochrechnungen. Nicht bei allen Todesfällen wird auf Influenzaviren untersucht, zudem wird der Tod nach einer Influenzainfektion meist durch eine anschließende bakterielle Lungenentzündung verursacht, so dass die Influenzaviren häufig nicht mehr nachweisbar sind. Die offizielle Todesursachenstatistik ist ebenfalls nicht aussagekräftig, sie beruht auf den Angaben auf dem Totenschein, auf dem die Influenza praktisch nie als Todesursache eingetragen wird, sondern zum Beispiel die bakterielle Lungenentzündung oder eine vorbestehende Grunderkrankung wie Diabetes oder eine Herz-Kreislauferkrankung, die die Wahrscheinlichkeit eines schweren bzw. tödlichen Krankheitsverlaufs erhöht. Das höchste Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle haben ältere Menschen. Die Zahl der Todesfälle kann bei den einzelnen Grippewellen stark schwanken, von mehreren hundert bis über 20.000. Meine Frage: Wieso ist man in Deutschland bei jährlich durchschnittlich zu erwartenden 20.000 Todesfällen durch Grippe bisher so (fahr)lässig vorgegangen?

Lun, 03/30/2020 - 22:37 Collegamento permanente