Cronaca | Sanität

Masken im Lager

Zwei konkrete Fälle, die zeigen, dass es die angebliche extreme Notsituation bei der Beschaffung von Schutzmasken Mitte März - so wie dargestellt - nicht gegeben hat.
Ich möchte keineswegs polemisch sein“, sagt Dieter Gallmetzer, „aber wundern tu ich mich schon“.
Der 59jährige Südtiroler Unternehmer ist Chef und CEO der Firmengruppe „ Gerhò“ mit Sitz in Bozen. Die Gallmetzer-Gruppe betreibt 40 Dentalkliniken in Italien (in Bozen die Zahnklinik „Mirò“) aber auch in London, zwei Beauty-Abteilungen und über die Tochterfirma „Intermedical“ mischt man auch europaweit in der Herstellung von Medizin und Anästhesieprodukten mir.
Das Kerngeschäft der Gerhò ist seit 35 Jahren aber die Belieferung von Zahnärzten, Apotheken und Kliniken mit Sanitäts- und Zubehörprodukten. „Wir sind der zweitgrößte Händler für Dentalprodukte in Italien“, so Dieter Gallmetzer. Seit vielen Jahren beliefert sein Unternehmen auch den Südtiroler Sanitätsbetrieb mit Dentalprodukten und Zubehör. Darunter auch medizinische Schutzausrüstung und Masken.
Auf Nachfrage von Salto.bz bestätigt Gallmetzer: „Wir importieren normalerweise rund 200.000 Masken in der Woche aus China, derzeit sind es über 400.000 Masken“. Das Südtiroler Unternehmen hat damit nicht nur jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Schutzausrüstung, Gallmetzer kann auch auf verlässliche und EU zertifizierte Zulieferer zurückgreifen.
Demnach wäre das Unternehmen der perfekte Ansprechpartner als Anfang März die Coronakrise ausbricht und sich die Südtiroler Sanität angeblichen in Sachen „Schutzmasken“ in einer totalen Notstandssituation befindet. „Ich wurde weder vom Sanitätsbetrieb, noch vom Land oder vom der Unternehmerverband kontaktiert“, sagt Dieter Gallmetzer zu RAI Südtirol.
Dabei weiß man in der Sanität aber auch in der Politik, sehr wohl, dass der Import von Schutzmasken eines der Kerngeschäfte Gallmetzers ist. Das wird nicht nur durch seine Arbeit als Zulieferer der Dentalabteilungen der Krankenhäuser deutlich, sondern auch aus einer bewussten Good-Will-Aktion seines Unternehmens.
 
 
Als Mitte März die ersten Nachrichten über mögliche Engpässe an Schutzmasken in Südtirol laut werden, erhält Gerhò gerade eine größere Maskenlieferung aus China. Dieter Gallmetzer schenkt 10.000 chirurgische Masken davon dem Südtiroler Sanitätsbetrieb. Das Unternehmen lässt sie direkt aus dem Hafen von Genua nach Bozen bringen.
Doch danach hörte Gallmetzer vom Sanitätsbetrieb nichts mehr. Obwohl dieser angeblich händeringend nach Schutzmasken gesucht haben will.
Die Ironie der Geschichte. Nach Ausstrahlung des Radiobeitrages von RAI-Südtirol meldet sich am Donnerstag per Mail der Sanitätsbetrieb Bruneck bei dem Unternehmen Gerhò und stellte eine Anfrage nach Schutzmasken.
Dabei ist das kein Einzelfall. Salto.bz liegen mehrere dokumentierte Fälle von seriösen Unternehmen vor, die ebenfalls bereits im März dem Südtiroler Sanitätsbetrieb Schutzmaterialen angeboten haben und bis heute nicht einmal eine Antwort bekommen haben.
 

Die Ebola-Masken

 
Es gibt aber noch andere Tatsachen, die deutlich machen, wie unvorbereitet und dilettantisch der Sanitätsbetrieb in Sachen Schutzmasken vorgeht.
Was kaum jemand weiß, im Lager des Bozner Krankenhauses lagern hunderte wieder verwertbare Vollgesichtsmasken mit austauschbaren Filtern, die man vor Jahren als die Ebola-Krise ausgebrochen ist, angekauft hat. Diese Masken werden aber nicht benutzt.
Nach einer schriftlichen Stellungnahme eines leitenden Mitarbeiters der Sanitätsdirektion des Gesundheitsbezirkes Bozen hat man beschlossen, „diese Masken für diese Pandemie nicht einzusetzen.“ Deshalb habe man diese Masken auch nicht einer Revision unterzogen und eingesetzt.
Obwohl Südtiroler Ärzte jetzt angeblich ohne Schutzausrüstung dastehen, liegen diese Masken auch heute noch unberührt im Lager.
Nur darf und soll man das nicht wissen.
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Sepp.Bacher Sab, 04/25/2020 - 17:37

In risposta a di Werner Beikircher

Herr Beikircher, ich danke für den Einblick in die Praxis des Krankenhauses. Ich habe auch ihre bisherigen Beiträge auf salto.bz sehr geschätzt.
Was ich aber nicht nachvollziehen kann ist folgende Äußerung: "Falls ein solches Ablehnungsschreiben wirklich existiert (was ich immer noch nicht glauben kann), dann sollte man jetzt aufhören mit Politikerbashing,.." Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendwo von einem Ablehnungsschreiben die Rede ist. Entscheidend finde ich folgende Aussagen: "Dieter Gallmetzer schenkt 10.000 chirurgische Masken davon dem Südtiroler Sanitätsbetrieb." Damit hat er signalisiert und erinnert, dass er in diesem Bereich ein Fachverkaufer ist. Doch „Ich wurde weder vom Sanitätsbetrieb, noch vom Land oder vom der Unternehmerverband kontaktiert“. Ist das nicht klar genug?
Empfinden Sie diesen Artikel von Franceschini wirklich nicht als Aufdeckungen einer Ungereimtheit, sondern als Politikerbashing?

Sab, 04/25/2020 - 17:37 Collegamento permanente
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Werner Beikircher Sab, 04/25/2020 - 18:05

In risposta a di Sepp.Bacher

Nein Herr Bacher, ich meinte nicht, daß Franceschini Politikerbashing betreibt, sondern viele andere in der Öffentlichkeit.
Zum anderen. Der erste ausführliche Bericht über die Angebote von anderen Firmen lief in den Mittagsnachrichten des Radiosenders RAI Bozen am Mittwoch, 22. April und dort glaube ich mich zu erinnern, daß einer der Firmeninhaber (Gallmetzer? ich weiß es nicht mehr) von einer schriftlichen Absage durch LR Widmann gesprochen hat (ungefähr so:"wir haben genug"). Auf diese Aussage habe ich mich bezogen; sollte ich mich aber getäuscht oder etwas mißverstanden haben, dann entschuldige ich mich in aller Form bei allen Angesprochenen und den Lesern dieses Forums.

Sab, 04/25/2020 - 18:05 Collegamento permanente
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Heinrich Zanon Sab, 04/25/2020 - 16:55

Wir wohlwollend gestimmten und nach wie vor positiv denkenden Bürger hoffen sehr und wünschen dem Südtiroler Sanitätsbetrieb aufrichtig, dass es ihm gelingen möge, die von der Oberalp AG organisierten Schutzmasken ordnungsgemäß nachzertifizieren zu lassen und anschließend doch noch der geplanten Verwendung zuzuführen.
Für den Fall, dass dies schiefgehen sollte, dass der Sanitätsbetrieb umgehend und in ausreichendem Ausmaß Ersatzmaterialien beschaffen können sollte und es sich daher erübrigen müsste, die nichtzertifizierten Schutzmasken mit annähernd gegebenem FFP2-Standard als angedachte unumgängliche Notlösung trotzdem zum Einsatz zu bringen, könnte zur Schadensbegrenzung an eine Abgabe dieser Schutzmasken an private Interessenten gegen eine angemessene Spende oder gegebenenfalls auch entgeltlich über gewerbliche Kanäle in Betracht gezogen werden (soweit steuerrechtlich machbar und ohne die Gefahr eines Einschreitens der Staatsanwaltschaft beim Rechnungshof zu bewerkstelligen).
Die Abgabe der Masken an private Interessenten müsste selbstverständlich unter Aushändigung einer genauen Gebrauchsanweisungen und unter Hinweis auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Gerätes und das Fehlen der amtlichen Zertifizierung erfolgen.
Private Abnehmer könnten die nichtzertifizierten Masken legal nutzen, und es ist davon auszugehen, dass nicht wenige Privatpersonen am Erwerb solcher Masken interessiert sein würden. Ihre Verwendung würde nämlich wohl deutlich mehr Sicherheit bieten als gewöhnliche chirurgische Masken und ihre Träger jedenfalls geringeren Risiken aussetzen als die derzeit weit verbreiteten schlauchartigen Halstücher oder auch die vielfach selbstgeschneiderten zunehmend modisch gestylten Auswurfhemmer.
Der Einsatz der aus der Oberalp-Lieferung stammenden Masken durch private Nutzer würde es beispielsweise Großeltern gestatten, endlich wieder ihre Enkelkinder in die Arme zu schließen, oder möglicherweise die Zulassung von Besuchen betagter und kranker Angehörigen in Seniorenheimen erleichtern oder auch die Inanspruchnahme körperbezogener Dienstleistungen fördern (sobald eine solche in näherer Zukunft wieder zulässig sein wird).
Die Nutzung der Masken durch private Abnehmer würde zumindest unweigerlich die Gefahr neuer Ansteckungen reduzieren und eine vermutlich längerfristige Verstopfung von Lagerräumen unnötig machen.

Sab, 04/25/2020 - 16:55 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Sab, 04/25/2020 - 17:46

In risposta a di Heinrich Zanon

Ja, das ist eine gute Idee Herr Zanon! Daran hatte ich auch schon gedacht, dass man die untauglichen Masken abgeben könnte, denn es ist nicht leicht, taugliche zu einem vernünftigen Preis zu finden. Ich habe letzthin eine waschbare Maske für 8.50 € gekauft. Ich glaube aber nicht das diese ein zertifizierter Mundschutz ist, m.E. total misslungen.

Sab, 04/25/2020 - 17:46 Collegamento permanente
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Antonino Zema Sab, 04/25/2020 - 18:39

In risposta a di Heinrich Zanon

Herr Zanon, der Gebrauch dieser nicht zertifizerten bzw. nicht den Normen entsprechenden Masken würde einige Probleme aufwerfen.

Kein Arbeitgeber würde diese seinen Mitarbeiter zur Verfügung stellen, einerseits da die durchgeführten Materialprobem bereits ergeben haben, dass das Material nicht den Anforderungen entspricht und andererseits, da den Arbeitnehmern immer zertifizierte Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden müsste. Genau aus diesem Grund musste ja das INAIL die Zertifikate prüfen. Bei Nichteinhaltung könnte es sicher zu Fragen durch Gewerkschaften, Arbeitsinspektorat, INAIL usw. kommen. Da fragt man sich schon ob das einen Sinn ergibt, da die Betriebe in der aktuellen Wirtschaftslage schon Probleme genug haben.

Ich habe größere Bedenken, dass die Abtretung der Masken und deren Nutzung durch die Bevölkerung die Anzahl der Neuansteckungen reduzieren wird, eher das Gegenteil. Sobald die Phase 2 beginnen wird, wird es sowieso wieder zu Menschenansammlungen kommen, unabhängig davon, ob dies erlaubt sein wird (die Geduld der Menschen ist am Ende). Dies obwohl die soziale Distanzierung nach wie vor das beste Mittel ist, um Neuansteckungen zu vermeiden. Masken vermitteln eine Scheinsicherheit, allzuoft sieht man auf unseren Straßen Personen die diese Schutzausrüstung nicht richtig verwenden (umgekehrt, nicht angepasst, Nase frei und nur Mund abgedeckt, mit Vollbart usw.). Eine nicht korrekte Verwendung führt dazu, dass die Schutzausrüstung nicht richtig ihre Rolle ausübt und damit eine höhere Ansteckungsgefahr besteht. Effektiv kann dies eine größere Gefahr für den Träger und seinen Mitmenschen darstellen als ohne Maske aus dem Haus zu gehen.

Würden Sie sich sicher fühlen, wenn man Kondome mit Löcher zur Verwendung austeilen würde? Dasselbe müsste für diese Masken gelten.

Sab, 04/25/2020 - 18:39 Collegamento permanente
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Martin Mayr Sab, 04/25/2020 - 19:55

In risposta a di Antonino Zema

Danke Dr. Beikircher. Wünsche Ihnen und allen Ihren Kolleginnen und Kollegen für die nächste Zeit viel Kraft. Sie werden diese - bei der Führung in der Sanität - wirklich brauchen. Ich bewundere Sie nicht nur für Ihre täglichen Leistungen sondern auch für Ihre Ironie in diesen schwierigen Zeiten. Ich habe leider nicht Ihre menschliche Größe zumal mir - obwohl nicht einmal direkt betroffen - in dieser Sache „die Galle hochkommt“.

@ Elisabeth Garber: Wirklich perfekt oder?

Sab, 04/25/2020 - 19:55 Collegamento permanente
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Martin Mayr Dom, 04/26/2020 - 14:30

In risposta a di Philipp Trafojer

@ Elisabeth Garber: Danke für das Sie. Wenn eine gegenteilige Meinung mit fundierten Argumenten vertreten wird, dann akzeptiere ich das sehr gern. Wenn jemand hingegen mit Argumenten wie, ich zitiere Sie „Insider Informationen.., Fakt ist das weltweit Schutzmaterial Mangelware ist....... Ich verstehe sie nicht ...Das müssen Sie selber wissen was Sie glauben sollen.....“ daherschwätzt, dann ist die Rückfrage ob Sie nicht verstehen, meiner Meinung nach mehr als gerechtfertigt.
Wie vertreten Sie Ihre Meinung nach dem Kommentar von Dr. Beikircher (Ironie ist das einzige was bleibt in dieser Zeit)?
Hochachtungsvoll

Dom, 04/26/2020 - 14:30 Collegamento permanente