Società | Notdienst in Not

Recht auf Gesundheit quo vadis?

Notdienst in Hochsicherheitsquarantäne und das Recht auf Gesundheit quo vadis?
Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit oder Maßnahmen zur Gesundheitsgefährdung?
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Gehirn in Quarantäne
Foto: Jeremias

Offener Brief
An Philipp Achammer,  Landesrat für Deutsche Bildung und Kultur, Bildungsförderung, Handel und Dienstleistung, Handwerk, Industrie, Arbeit und für Integration
[email protected] [email protected]

und an den Landesrat für Gesundheit, Thomas Widmann
[email protected][email protected]

Heute (18.05.2020) ist der erste Tag des Notdienstangebots in der Schule. Übers Wochenende haben die Schulstellen auf Hochtouren gearbeitet: Samstag 10h sind sie Anleitungen zu den Sicherheitsmaßnahmen an den Schulen eingetroffenen und die Schulen in einen geradezu Hochsicherheitstrakt verwandelt worden.
Klar, dass es Austausch- und Informationsbedarf zwischen Eltern und Schule gibt. Als Eltern haben wir die Kinder also heute um 8h zur Schule begleitet. Prompt wurden wir mundschutztragend am Eingang der Schule während eines Gesprächs mit der zuständigen Lehrerin „aus“ dem Gebäude gewiesen. Zuerst waren wir sprachlos von der Panik, mit der wir verwiesen worden sind, nur weil wir Informationen zur Gestaltung des Vormittags unsere Kinder bekommen wollten.

Dann stellte sich Fassungslosigkeit ein: die Kinder sind zu 5. in der Klasse und sollen für die gesamten 4 1/2Stunden die Mundschutzmasken tragen: sowohl im Klassenraum bei offenen Fenstern als auch im Pausenhof. Zudem dürfen sie keinen Körperkontakt haben auch nicht unter Geschwistern: “Meine Schwester wurde aufgefordert Abstand zu mir zu halten, auch wenn ich ihr Bruder bin“, so ein 10-jähriger, für den der Abstand zur Schwester keinen Sinn ergibt.
Sie sollen also 4 1/2 Stunden ihr eigenes Kohlendioxid einatmen, das z.B. zur Übersäuerung sowie zu Konzentrationsproblemen, Kopfschmerzen und Übelkeit führen kann.
Zudem bietet die feuchte ausgeatmete Luft an der Mundschutzmaske ein gutes Milieu für die Vermehrung von Bakterien und Pilzen und beste Konditionen für das Überleben von Viren. Siehe dazu die Stellungnahme (Interview) des Wissenschaftlers Stefano Montanari.

Wir fragen uns daher als Eltern, die wir für die Gesundheit unserer Kinder verantwortlich sind, auf welchen wissenschaftlichen Begründungen diese strikten Maßnahmen erlassen worden sind.
Die Südtiroler Landesregierung und der Südtiroler Gesundheitsbetrieb sollten für die Gesundheit der Bevölkerung zuständig und Maßnahmen zum Wohl der Gesundheit erlassen.

Wo bleibt das Recht auf Gesundheit?

Zu wissen, dass unsere Kinder vier Wochen in einem Notdienst in „Quarantäne“ verbringen, damit wir als Eltern unser Recht auf Arbeit ausüben können, bringt uns als Eltern keinerlei Erleichterung und kann nicht als Unterstützung gesehen werden. Im Gegenteil: als verantwortungsbewusste und kritische  Eltern sehen wir uns gezwungen, die getroffene Entscheidung für den Notdienst neu zu bewerten. Das inhaltliche Angebot von Seiten der Lehrpersonen war angemessen und positiv, die Rahmenbedingungen aber unpädagogisch und nicht nachvollziehbar.
Die Kinder haben ein Recht auf eine gesunde Umgebung und das Recht auf Gesundheit. Wenn die Betreuung von durchschnittlich fünf Kindern pro Gruppe im Grundschulalter nur unter diesen paradoxen Vorkehrungen möglich ist, liegt es nahe, die Kinder vom Notdienst zu befreien und zu den Großeltern zu schicken, die wir ja eigentlich als Risikogruppe schützen wollten.

Zu hoffen bleibt, dass sich auch die Schulstellen für ihre Autonomie der Ausübung der Betreuung zum Wohle der Kinder äußern und Stellung zu solchen absurden wissenschaftlich unbegründeten Maßnahmen beziehen.
Die Schule sollte schließlich nicht zum unkritischen Befolgen von Maßnahmen beitragen, die wie so mancher treffend beschrieben hat, „das Gehirn in Quarantäne“ schicken und uns in den Angstmodus versetzen, sondern weiterhin zu kritischen hinterfragendem und eigenständigem Denken anregen und dazu beitragen, im Sicherheitsmodus für das Gehirn bestmögliche Bedingungen fürs Lernen zu schaffen (Gerald Hüther, Neurobiologe).

Mit diesem Schreiben ersuchen wir dringendst um Aufhebung jener Maßnahmen, die wissenschaftlich nicht nachvollziehbar begründbar sind.

Hier der uns zugeschickte Brief:

AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL
PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO - ALTO ADIGE
Deutschsprachiger Schulsprengel Xx
Istituto comprensivo in lingua tedesca Xx

Sehr geehrte Eltern und Erziehungsberechtigte,
wir teilen Ihnen hiermit mit, dass Ihre Tochter/Ihr Sohn zum Notdienst an ihrer/seiner Grundschule zugelassen wurde.

Gerne geben wir Ihnen die wesentlichen Informationen laut Rundschreiben der Bildungsdirektion weiter. Bitte lesen Sie diese aufmerksam durch und besprechen Sie insbesondere die Informationen zu den Krankheitssymptomen mit Ihren Kindern.
Ausmaß:
Der Notdienst beginnt am Montag, 18. Mai 2020 und endet am Dienstag, 16. Juni 2020. Er findet von 08.00 Uhr bis 12.30 Uhr statt. Bitte beachten Sie Eintrittszeit und Betreuungsende an der Grundschule Obermais und Schenna. (Übersicht über die Gruppe Ihres Kindes am Ende)
Räumlichkeiten:
Der Notdienst wird nach Möglichkeit vorrangig im Freien abgewickelt oder immer im selben Raum der Schule angeboten. Ausgänge in die nähere unmittelbare Umgebung sind möglich.
Schülertransport und Mensa:
Es gibt keine eigenen Schülertransporte und auch kein Mensaangebot. Für den Schulweg bzw. für die Beaufsichtigung der Kinder vor und nach dem Angebot gelten dieselben Bedingungen wie während des Schuljahres (Eigenerklärung der Eltern).
Schutzmaßnahmen und Hygiene:
Das Tragen eines Mund-Nasenschutzes ist für Schüler*innen wie Lehrpersonen verpflichtend. Die Schüler*innen bringen ihren eigenen Mund-Nasenschutz mit. Schüler*innen sind während des Notdienstes (wie auch während des Schuljahres) versichert.
Gesundheitszustand der Kinder:
Die Eltern übernehmen die Verantwortung für den unbedenklichen Gesundheitszustand ihrer Kinder und klären diesen gegebenenfalls im Vorfeld mit einem Arzt ab. Die Erziehungsverantwortlichen melden der Grundschule umgehend, dass die Schülerin oder der Schüler
• Krankheitssymptome oder am Morgen vor Antritt des Angebots eine Körpertemperatur von 37,5 Grad und mehr aufweisen,
• Kontakt zu einer positiv auf Corona SARS-CoV-2 getesteten Person haben oder
• Maßnahmen der Quarantäne unterzogen werden. In diesen Fällen wird er oder sie für die Dauer der Krankheit bzw. für die Dauer der damit verbundenen Maßnahmen vom Angebot des Notdienstes ausgeschlossen.
Zudem erfolgt täglich, bei Eintritt in den Notdienst, eine Temperaturmessung mit Frontalthermometer.
Kinder, die während des Aufenthaltes in der Schule Krankheitssymptome (Husten, Halsschmerzen, Schnupfen, Temperatur/Fieber) entwickeln, melden dies umgehend der Lehrperson und werden nach Möglichkeit von den anderen Kindern getrennt. Die Eltern werden umgehend informiert. Sie sind angehalten, das Kind abzuholen.
Inhaltlicher Rahmen:
Die inhaltliche Abwicklung des Angebots obliegt den Lehrpersonen. Diese wählen geeignete Tätigkeiten für die Kinder aus und geben ihnen auch die Möglichkeit, sich mit den individuellen Arbeitsaufträgen, die im Rahmen des Fernunterrichts von den Lehrpersonen erteilt werden, zu beschäftigen. Die Lehrpersonen sind angehalten, eine gute Mischung aus Aufgabenbetreuung und Aktivitäten im Freien zu finden.
Die Lehrpersonen der Schulstelle Xx ersuchen darum, dass die Kinder ihre Mal-und Bastelsachen, sowie Griffelschachtel mitbringen.
Abschließend ersuche ich Sie, die uns von der Bildungsdirektion übermittelten „Verhaltensregeln und Hinweise für die am Notdienst beteiligten Personen“ genau zu lesen und mit Ihrem Kind/Ihren Kindern wesentliche Elemente zu besprechen.
Untenstehend erhalten Sie die Informationen zur Gruppe Ihres Kindes.

Zur Kenntnisnahme:
Verhaltensregeln und Hinweise für die am Notdienst beteiligten Personen

Unmittelbar nach Betreten der Schule muss jede Person die Hände gründlich mit Wasser und
Flüssigseife waschen (mind. 30 Sekunden, die Wassertemperatur spielt dabei keine Rolle) oder Händedesinfektionsmittel verwenden. Das Händedesinfektionsmittel sollte an die Schüler*innen unter Aufsicht verteilt werden. Das gründliche Händewaschen muss den gesamten Tag über mehrmals durchgeführt werden, insbesondere nach dem Schnäuzen, Niesen und Husten, vor dem Essen, nach der Benutzung von Toiletten usw. sowie vor dem Verlassen der Schule.
Die Schüler*innen sollen auf das Händewaschen hingewiesen werden.
Abstand halten
Die Schüler*innen müssen einen Abstand von mindestens einem Meter einhalten; die Arbeitsplätze sind entsprechend anzuordnen.
Mund-Nasen-Schutz tragen
Im gesamten Schulgebäude, auch im Gruppenraum, muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Die Schüler*innen verwenden den eigenen mitgebrachten Mund-Nasen-Schutz. Für die Lehrpersonen wird die vorgesehene Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt.
Nicht berühren
Augen, Nase oder Mund sollen nicht berührt werden. Hände können Viren aufnehmen und das Virus übertragen.
Auf Atemhygiene achten
Beim Husten oder Niesen sind Mund und Nase mit gebeugtem Ellbogen oder einem Papiertaschentuch zu bedecken; das Papiertaschentuch muss anschließend sofort entsorgt werden. Singen sollte unterlassen, Schreien und Laufen vermieden werden.
Keine Kontakte mit anderen Gruppen/Personen
Kontakte zu anderen Gruppen bzw. anderen Personen müssen sowohl im Gebäude (auch in den Toiletten) als auch im Freien strikt vermieden werden. Freiflächen dürfen von den einzelnen Gruppen nicht gleichzeitig genutzt werden.
Pausen
Die Pausen sollen im Freien verbracht werden und müssen für die verschiedenen Schülergruppen gestaffelt organisiert werden.
Lüften
In allen genutzten Räumen muss regelmäßig und gründlich gelüftet werden (wenn möglich Querlüftung).
Gemeinsame Verwendung von Gegenständen/Arbeitsmaterialien vermeiden
Die Schüler*innen sollten nach Möglichkeit Gegenstände/Arbeitsmaterialien nicht gemeinsam nutzen. Wenn Gegenstände/Arbeitsmaterialien von mehreren Kindern genutzt werden, müssen diese regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden.

Für Eltern:
Auf dem Weg zum Notdienst gelten die durch die geltenden Bestimmungen vorgegebenen Verhaltensregeln im öffentlichen Bereich:
•  Einhaltung des Sicherheitsabstands von mindestens zwei Metern zu anderen Personen
• Mund-Nasen-Schutz, wenn dieser Sicherheitsabstand von zwei Metern nicht eingehalten werden kann
Sofern Eltern/Erziehungsverantwortliche gemeinsam mit ihrem Kind/ihren Kindern die Schule betreten müssen, erfolgt der Zutritt kontrolliert.
Beim Betreten und Verlassen des Gebäudes ist eine Ansammlung von Menschen auf jeden Fall zu vermeiden. Die Vorgaben der Schule, zur Staffelung der Zeiten oder für andere geeignete Maßnahmen, müssen eingehalten werden.

Verhalten bei allfälligen Verdachtssituationen:
1. Ein Kind zeigt Symptome Bei grippeähnlichen Symptomen wie
-  Fieber
-  Asthenie
-  Muskelschmerzen
-  Husten
-  Bindehautentzündung wird das Kind sofort isoliert und unter Beobachtung gehalten.
Das Personal informiert die Eltern /Erziehungsverantwortlichen und die zuständige Führungskraft. Das Kind wird nach Möglichkeit in einem separatem Raum oder Bereich bis zur Ankunft der Eltern unter Beobachtung gehalten.
Das Personal erhöht nochmals die Hygienemaßnahmen und achtet auf den eigenen Schutz Die Eltern holen das Kind ab und wenden sich an den Kinderarzt bzw. Arzt.
Tritt schwere Atemnot auf/Husten/Fieber, muss der Notruf 112 aktiviert werden, wobei die Symptome genau zu beschreiben sind.
Es wird das Department für Gesundheitsvorsorge - Dienst für Hygiene und öffentliche Gesundheit ([email protected]) unmittelbar informiert.
Die anderen Kinder, die mit diesem Kind in engen Kontakt waren, sollen den Kontakt mit anderen Menschen vermeiden.
2. Personal zeigt Symptome
Weist das Personal Erkältungssymptome und Fieber oder nur Fieber auf, so muss er es sich von der Arbeit fernhalten, geht nicht in die Notaufnahme und setzt sich mit dem Hausarzt telefonisch in Verbindung, welcher die weiteren Weisungen erteilen wird. Das Personal informiert die Führungskraft.
Falls die Symptome während der Tätigkeit auftreten vermeidet das Personal möglichst weitere Kontakte mit der Gruppe und informiert die Führungskraft.
Es wird das Department für Prävention - Amt für Hygiene und öffentliche Gesundheit ([email protected]) unmittelbar informiert.
Andere Personen, die mit dieser Person in engem Kontakt waren, sollen den Kontakt mit anderen Menschen vermeiden.
3. Kinder oder Mitarbeiter*innen mit einem positiven Test – COVID-19
Falls ein/e Mitarbeiter*in oder ein Kind positiv auf COVID-19 getestet wird oder einen „engen Kontakt“ mit einer positiv getesteten Person hatte, darf er/sie/es nicht die Schule erreichen.
Diese Personen bzw. deren Eltern /Erziehungsverantwortliche informieren unmittelbar die zuständige Leiterin bzw. Führungskraft der Schule, welche die notwendigen Maßnahmen einleiten wird. Bis auf anders lautende Anweisungen des Dienstes für Hygiene wird die Gruppe aufgelöst und die Beteiligten dürfen in der Zwischenzeit an keiner anderen Tätigkeit teilnehmen.
Falls ein/e Mitarbeiter*in oder ein Kind aus irgendeinem Grund einer Kontrolle unterzogen wird, bleibt er/sie/es bis zum Ergebnis derselben zu Hause.
Nach Abschluss der Überprüfungen, sollte das Ergebnis negativ sein, kann er/sie/es wieder am Dienst teilnehmen.
4. Zusammenlebende Person oder enger Kontakt eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin oder eines Kindes positiv getestet
Im Falle eines positiven Tests bei einer zusammenlebenden Person oder einem engen Kontakt eines Mitarbeiters / einer Mitarbeiterin oder eines Kindes entscheidet der Arzt des Dienstes für Hygiene die notwendigen Maßnahmen.
Als Vorsichtsmaßnahme, falls er/sie/es im Dienst anwesend ist, wird der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin oder das Kind isoliert und kehrt nach Hause zurück.
Wichtige Kontakte:
Department für Gesundheitsvorsorge n des SABES, Dienst für Hygiene und öffentliche Gesundheit
[email protected]
Bozen, Mai 2020