Società | Schutzmaterial

Prüfbericht unter Verschluss

Der Sanitätsbetrieb hat das Oberalp-Schutzmaterial in einem Labor in Busto Arsizio prüfen lassen. Der Prüfbericht wird seit sieben Wochen unter Verschluss gehalten.
Schutzanzüge
Foto: upi
Die offizielle Antwort des Südtiroler Sanitätsbetriebes besteht aus genau einer Zeile. „Derzeit laufen verschiedene Verfahren in der Angelegenheit, weshalb wir als Sanitätsbetrieb aktuell dazu keine Auskünfte erteilen“, erklärt die Pressestelle.
Die Nachfrage von Salto.bz gilt einem Punkt, der bisher nicht bekannt ist und anscheinend auch nicht an die Öffentlichkeit kommen soll. Dabei könnte die Sache neues Licht in die sogenannte Maskenaffäre bringen.
Seit gut sechs Wochen ist der Sanitätsbetrieb im Besitz eines neuen Prüfberichtes zum Oberalp-Schutzmaterial, dessen Existenz und Ergebnis man anscheinend bewusst zurückhält.
 
 

Widmanns Antwort

 
Wie fast alle Oppositionsparteien hat auch das Team K im Landtag eine Anfrage zu den aus China importieren Schutzbehelfen gemacht. Es geht dabei um die Lieferung für die das Unternehmen Oberalp als Vermittler aufgetreten ist.
Eine der Fragen, die Paul Köllensperger & CO in der Landtagsanfrage stellen, lautet dabei: „Wie viele Gutachten zu dieser Lieferung gibt es insgesamt? Gibt es neben Dekra und ARWT sowie dem internen Gutachten des Sabes (Dr. Kaufmann) noch weitere Gutachten?
Vergangene Woche antwortete der zuständige Landesrat Thomas Widmann ausführlich. In der Antwort heißt es:
 
„Vorerst präzisiere ich, dass die Gutachten DEKRA und ARWT weder vom Land noch von SABES in Auftrag gegeben wurden und dass Dr. Kaufmann kein Gutachten, sondern eine Stellungnahme abgegeben hat.“
 
Vor allem der zweite Teil dieser Antwort ist interessant. Macht er doch deutlich, dass man die Dinge so dreht, wie man es gerade braucht.
Widmanns Antwort macht deutlich, dass man die Dinge so dreht, wie man es gerade braucht.
Denn im offiziellen Beschluss des Sanitätsbetriebes zum Ankauf der ersten Oberalp-Lieferung vom 17. März steht das genaue Gegenteil. Dort heißt es wörtlich:
 
nach Einsichtnahme in das Gutachten von Dr. Marc Kaufmann, Primar des Dienstes für Rettungs- und Notfallmedizin, vom 17.03.2020, mit welchem dieser bestätigt, dass die von der Firma Ober Alp S.p.A. angebotenen Produkte den Vorgaben laut Art. 34 des Gesetzesdekretes Nr. 9 vom 2. März 2020 entsprechen;
 
 
Das zitierte Dekret ermöglicht es dem Sanitätsbetrieb die Schutzausrüstung direkt und ohne Ausschreibung anzukaufen.
Obwohl der Beschluss des Sanitätsbetriebes längst Rechtsgültigkeit hat, macht man jetzt kurzerhand aus Kaufmanns Gutachten im Nachhinein eine Stellungnahme.
 

Analyse der Gutachten

 
Landerat Thomas Widmann beantwortet auch die Frage nach den Gutachten äußerst detailliert.
 
Es gibt, bis heute, folgende Gutachten:
 
1)  DEKRA-Prüfbericht Test Report vom 27.03.2020
2)  Prüfbericht-Masken ARWT vom 29.03.2020
3)  INAIL 1 Antwort ASL Bozen vom 07.04.2020
4)  Positives Gutachten CTS vom 16.04.2020
5)  INAIL 2 Antwort SB Bozen vom 18.04.2020
6)  INAIL 3 Antwort SB Bozen vom 19.04.2020
7)  INAIL 4 Antwort SB Bozen vom 22.04.2020“
 
Damit werden hier die negativen Prüfberichte des deutschen Prüfinstitutes DEKRA, des Wiener Amtes für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) und die vier Gutachten des römischen Arbeitsversicherungsinstitutes INAIL angeführt. Aber auch das positive Gutachten des „Comitato tecnico scientifico“ (CTS) des italienischen Zivilschutzes, das am 16. April grünes Licht für den Einsatz und die Verteilung der chirurgischen Masken aus der Oberalp Lieferung gegeben hat.
 
 
Zur Frage nach den Auftraggebern der Gutachten heißt es in Antwort des Sanitätslandesrates:
 
Der Sanitätsbetrieb hat für den Ankauf von Schutzmaterialien keine der in den verschiedenen Salto- Artikeln angesprochenen Gutachten in Auftrag gegeben, sondern gemäß Art. 15 des Gesetzesdekret Nr. 18/2020 eine Eigenerklärung an das INAIL zwecks Gebrauch und Verteilung der PSA eingereicht. Die gesamte Dokumentation, welche die Betriebsdirektion vom INAIL als Antwort auf die Eigenerklärung erhalten hatte, wurde umgehend den Leitern der Gesundheitseinrichtungen des Betriebs zur Verfügung gestellt.
Und weiter: „Die uns zur Kenntnis übermittelten Prüfberichte des ARWT und Dekra wurden mit den verantwortlichen Direktoren analysiert und die weitere Vorgehensweise vereinbart.
Salto.bz hat mehrmals über diese „Analyse“ ausführlich berichtet.
 

Das 8. Gutachten

 
In der Liste der Gutachten findet sich aber auch eine Überraschung. Thomas Widmann führt in seiner Antwort noch ein weiteres Gutachten an.
So steht:
 
8)  Prüfbericht CentroCot - Busto Arsizio vom 30.04.2020
 
Dazu heißt es: „Lediglich das Gutachten laut Punkt 8 wurde vom Sanitätsbetrieb in Auftrag gegeben.
Centrocot“ ist die Abkürzung für „Centro Tessile Cotoniero e Abbigliamento SpA“. Das Unternehmen mit Sitz Busto Arsizio ist eines der bekanntesten italienischen Labors für Materialprüfung im Textil-Bereich. In den Labors werden dabei auch persönliche Schutzkleidungen getestet.
 
 
Deshalb spricht einiges dafür, dass der Sanitätsbetrieb in Busto Arsizio jene Schutzanzüge testen hat lassen, die aus China importiert wurden. Allein bei der ersten Oberalplieferung geht es dabei um einen Wert von 8.237.000 Euro.
Dass die Prüfung im Stillen ablaufen soll und niemand davon etwas mitbekommen soll, zeigt die bisherige Vorgangsweise. Es wurde offiziell bis heute vom Sanitätsbetrieb kein Beschluss veröffentlicht, mit dem dieses Gutachten in Auftrag gegeben wird. Weil eine Veröffentlichungspflicht besteht, dürfte es diesen Beschluss auch nicht geben.
Nach Auskunft von Sanitätslandesrates Thomas Widmann liegt das Gutachten des Centrocot dem Sanitätsbetrieb seit 30. April 2020 vor. Warum sagt dann niemand, dass man die Schutzanzüge in Busto Arsizio hat prüfen lassen? Und warum hält man das Prüfgutachten seit sieben Wochen unter Verschluss?
Auf die konkrete Nachfrage von Salto.bz heißt es nur, dass „wir als Sanitätsbetrieb aktuell dazu keine Auskünfte erteilen“.
Wahrscheinlich muss auch dieses Gutachten erst „analysiert“ werden.
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Peter Gasser Gio, 06/18/2020 - 14:46

Ja, wie das halt so ist mit Gutachten.
Aber das mit der Veröffentlichungspflicht finde ich jetzt gut.
Ich werde da in anderer Sache, in der Salto auch viel geschrieben hatte, nochmal nachhaken. Ein Gutachten, das nunmehr seit 3 Jahren unter Verschluss gehalten wird.

Gio, 06/18/2020 - 14:46 Collegamento permanente
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Salto User
Günther Alois … Ven, 06/19/2020 - 07:47

..............wir aktuell keine Auskünfte erteilen????? Das heisst im Klartext,wir verschweigen,vertuschen alles,hoffentlich kommt niemand drauf-wird euch nicht gelingen,dazu ist der Fall "ZU HEISS" typisches S V P Verhalten,eine FRECHHEIT überhaupt so eine Aussage zu tätigen-wo bleibt die TRANSPARENZ Herr Widmann???????

Ven, 06/19/2020 - 07:47 Collegamento permanente
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Andreas Mozzelin Ven, 06/19/2020 - 22:26

Bereits nach dem letzten negativen INAIL Bescheid hatten Widmann und Zerzer angekündigt, das Material in einem italienischen Labor prüfen zu lassen. Gehört hat man dann nichts mehr. In der Zwischenzeit hat ff berichtet, dass das österreichische BEV die Oberalp Masken positiv getestet hat. Hatte hoffen lassen, dass die Geschichte eine glückliche Wende nimmt, aber kein anderes Medium hat die Nachricht aufgegriffen

Ven, 06/19/2020 - 22:26 Collegamento permanente