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Mensch oder Maschine?

Können Roboter Kunst machen? Überholen Maschinen uns in der Kreativität? Dazu forscht Ahmed Elgammal, Gast beim Futurological Congress von Transart und Eurac Research.
KI und Kunst
Foto: Unsplash

Dr. Ahmed Elgammal ist Informatiker und Künstler. An der Rutgers University forscht er über die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Kunst. Um das Thema KI und Kunst geht es auch beim Futurological Congress von Transart (21.-26. September) in Zusammenarbeit mit EURAC Research, auf dem Elgammal als Gastredner eingeladen ist. Mit Salto sprach er vorab darüber, wie eine Maschine menschliche Kreativität ersetzen kann und ob digitale Kunst lebende Künstler in Zukunft überflüssig macht.

 

Professor Elgammal, Sie forschen zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) und Kunst. Wie fortgeschritten ist die Digitalisierung in der Kunst?

Ahmed Elgammal: Wir haben mittlerweile KI-Programme entwickelt, die Bilder lesen können und daraus neue Werke generieren. Diese imitieren nicht einfach Kunstgeschichte, sondern können innovative ästhetische Konzepte hervorbringen. Wir haben diese Kunst an Leuten getestet, und sie mit vom Menschen produzierter Kunst verglichen. Die Betrachtenden konnten nicht erkennen, welche der Bilder von einer Maschine erzeugt wurden.

Können Sie genauer erklären, wie KI Kunst generieren kann?

Das Programm besteht aus einem Algorithmus, der die Entwicklung der Kunstgeschichte simuliert und analysiert. Dadurch lernt er, wie Kunst entsteht und warum sich neue Kunst-style entwickeln; also zum Beispiel warum folgte der Barock der Ranaissance? Was führte zur Entstehung des Kubismus? Basierend auf diesen Faktoren kann der Algorithmus seine eigenen, neuen Kunst-style entwickeln.

Wie kann Technik überhaupt Kunst machen? Bedarf es dafür nicht einzigartiger menschlicher Fähigkeiten wie Kreativität, Emotionen und Lebenserfahrung?

Die Maschine kann auch keine Kunst kreieren, die Maschine kreiert nur Bilder oder Melodien. KI kann beeindruckende und überraschende visuelle bzw. auditive Erfahrungen bieten; doch wahre Kunst geht viel tiefer. Um aus dieser Erfahrung von etwas „Schönem“, eine Kommunikation zu machen, brauchst du einen Menschen dahinter. Denn Kunst ist ein Kommunikationsprozess zwischen dem menschlichen Künstler und dem Betrachter oder dem Hörer.

 

 

Technologie wird länger schon vom Menschen benutzt, um Kunst zu schaffen. Denken wir etwa an elektronischer Musik. Künstliche Intelligenz geht aber einen Schritt weiter. Ist es möglich, dass eine Maschine, ganz ohne menschliches Einwirken, alleine Kunst produzieren kann?

Nein. Denn auch bei der künstlichen Intelligenz müssen Menschen die Maschine mit Daten füttern, damit diese etwas produzieren kann. Zudem kann die Maschine zwar Bilder für uns generieren, doch Kunst besteht aus mehr als nur Bildern. Die Rolle des Menschen ist essentiell, denn er entscheidet, welche Bilder die Maschine generieren soll, welches Konzept dahintersteckt. Die Künstliche Intelligenz ist eher eine Art Partner des Menschen im Kunstprozess, ein Instrument, das Künstler nutzen können. Es geht um eine neue Art, Kunst zu schaffen, in der Mensch und Maschine zusammenarbeiten. Ich beschäftige mich jetzt auch vermehrt damit, wie ich Künstlern helfen kann, Technologie zu erfahren und sie für ihre Kunst zu nutzen, ohne dass sie dafür Informatik-Experten sein müssen.

Was ist also ihre Vision für die Zukunft von KI in der Kunst? Wie wird die Digitalisierung unser Verständnis von Kunst verändern?

Egal um welche Kunstform es sich handelt, Tanz, Musik oder Visuelle Kunst, KI wird sicherlich die Definition von dem, was Kunst überhaupt ist, ändern. Man kann es mit der Erfindung der Fotokamera vergleichen. Vorher beschränkte sich Kunst auf handgemachte Gemälde. Es dauerte eine Zeit, bis auch Fotografie als eigene Kunstform anerkannt wurde. Dasselbe passiert gerade mit Künstlicher Intelligenz, mit der immer mehr Künstler beginnen, zu experimentieren.

Durch die Erfindung der Kamera starb die Portrait-Kunst aus. Wird digitale Kunst ebenso analoge Formen der Gestaltung ersetzen?

KI soll ein alternatives Instrument sein, das den Künstler unterstützen und inspirieren kann. Keinesfalls aber wird es Leinwand und Pinsel oder Musikinstrumente ersetzen. Ein Künstler kann auch KI verwenden, um ein Muster zu generieren, und dieses dann mit Farbe und Pinsel an die Wand bringen. Es ist also eine Ergänzung.

 

 

Sie selbst sind nicht nur Informatiker, sondern auch Künstler. Nutzen Sie die Technik für ihre eigenen Werke?

Ja, ohne Technik wäre ich gar kein Künstler. Daraus ergibt sich natürlich die Frage: Bin ich überhaupt ein Künstler, wenn ich ohne Technik gar keine Kunst produzieren kann?

Welche weiteren philosophischen und ethischen Fragen ergeben sich aus der Entwicklung dieser Disziplin?

Eine ganze Menge. Zum einen natürlich die große Frage: Was ist Kunst überhaupt? Wenn jede Maschine wunderschöne Landschaftsbilder kreieren kann, die ich in meiner Wohnung aufhänge, ist das Kunst und ersetzt sie dann vom Menschen gemachte Werke? Welches ist dann die Rolle des Menschen in der Kunst? Solche Fragen kamen auch nach der Erfindung der Fotografie auf: ist es ethisch korrekt Kameras zu benutzen und die Ergebnisse als „Kunst“ zu bezeichnen? Diese Debatten zeigen aber auch, dass eine Hinterfragung des Kunstbegriffs gesund ist, weil sie uns daran erinnert, dass Kunst nicht statisch ist. Sie ist in der Geschichte immer wieder ständig neu definiert worden, und wird sich auch in Zukunft immer neu entwickeln.

 

Wer mehr Antworten auf solche und ähnliche Fragen sucht, findet sie vom 21. bis 26. September beim Futurological Congress rund um das Thema Kunst und Künstliche Intelligenz im NOI Techpark. Mehr Infos zu diesem Event im Rahem von Transart gibt es auf der Homepage: https://www.transart.it/event/der-futurologische-kongress-de/

 

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Elisabeth Garber Lun, 09/21/2020 - 20:43

"Durch die Erfindung der Kamera starb die Portrait-Kunst aus. " Stimmt so nicht, auch die Landschaftsmalerei ist nicht ausgestorben... Das Konkurrenzmedium Photograhie diente Malern als Gedächtnisstütze und förderte und forderte neue schöpferische Lösungen.

Lun, 09/21/2020 - 20:43 Collegamento permanente
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Karl Trojer Gio, 09/24/2020 - 09:33

Wenn wir Menschen den "Maschinen" freien Lauf lassen, werden sie uns mit ihrer "künstlichen Intelligenz" zur Seite schieben. Die Welt würde dann nicht "besser" , wohl aber über Algorithmen maniplierbarer werden. Die Politik der EU ist aufgefordert, dazu rechtzeitig Rahmenbedingungen festzulegen, die das Recht des Menschen aufs Menschsein und seine Würde sicherstellen; die Zeit drängt !

Gio, 09/24/2020 - 09:33 Collegamento permanente