Politica | Polemik

Faschistische Gesinnungsschnüffelei

Alessandro Urzì verlangt von Bildungslandesrat Philipp Achammer Disziplinarmaßnahmen gegen den Lehrer Gabriele Di Luca. Der Fall landet jetzt sogar im „Il Giornale“.

Meloni a Bolzano
Foto: Othmar Seehauser
Ein Charakteristikum des Faschismus in jeder seiner Ausprägungen ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit und damit zusammenhängend die Verfolgung aller regimekritischen Äußerungen.
In leicht abgewandelter Form ist das auch eines der Hauptmerkmale der Politik von Alessandro Urzì. Der Landtagsabgeordnete von „L’Alto Adige nel cuore/Fratelli D’Italia“ denunziert regelmäßigMeinungen, Äußerungen und Handlungen, die seinem Weltbild entgegenstehen. Was als auch forcierter Dissens in einer dialektischen politischen Auseinandersetzung durchaus zur Tagesordnung gehört, treibt Urzì damit auf die Spitze, dass er öffentlich und im Landtag immer wieder Maßnahmen und Sanktionen der Behörden gegen Andersdenkende einfordert.
Wie Urzìs Meinungsjustiz dabei aussieht, lässt sich an einem Fall darstellen, der es am 1. April sogar in die Mailänder Tageszeitung „Il Giornale“ geschafft hat. Der Fall macht auch deutlich, wie unverfroren ein Rechtspolitiker aus der Provinz in diesem Staat dafür einstehen kann, die Grundregeln der Demokratie kurzerhand außer Kraft zu setzen.
 

Urzìs Frontalangriff

 
Das Ziel der Frontalattacke ist der Oberschullehrer Gabriele Di Luca. Der zweisprachige Publizist und Autor, langte Zeit Redaktionsmitglied von Salto.bz und derzeit als Kolumnist für den „Corriere dell’Alto Adige“ und das Wochenmagazin FF tätig, ist Alessandro Urzì schon seit längerem ein Dorn im Auge. Bereits in der Vergangenheit kam so zu verschiedenen, hart geführten Auseinandersetzungen. Jetzt hat der "Fratelli D’Italia"-Politiker aber noch einen Zahn zugelegt.
 
 
In einem offiziellen Schreiben an Bildungslandesrat Philipp Achammer fordert Alessandro Urzì Disziplinarmaßnahmen gegen Gabriele Di Luca. Der Grund: Politische Äußerungen, die Di Luca als Privatperson auf Facebook gemacht habe.
Im Urzì-Schreiben an Achammer heißt es:
 
„Nei giorni scorsi un docente appartenente al corpo insegnante della Formazione professionale in lingua tedesca ha espresso via social parole severamente offensive verso l'On. Giorgia Meloni. Il docente in questione, Gabriele Di Luca, ha pieno diritto ad avere il suo orientamento ideologico e manifestare i suoi giudizi verso i temi politici e gli attori politici, ma è meno giustificabile per un insegnante usare un modello espressivo verbalmente violento e non dignitoso che proprio per via del ruolo di formatore che svolge, non smette mai di essere modello per i propri alunni anche fuori dall’orario di servizi.
 
 
Was aber hat Gabriele Di Luca getan?
Der Publizist hatte sich getraut, die Führerin von Fratelli D’ Italia, Giorgia Meloni, mit folgenden Worten zu beschreiben: „Una di quelle turiste vomitate dai pullman che arrivano qui durante il mercatino“.
Außerdem hat Gabriele Di Luca anlässlich des Erinnerungstages an die Foibe-Massaker seine persönliche Einschätzung wiedergegeben: „Il giorno del ricordo è purissima propaganda fascista“.
Meinungen, die laut dem Rechtsabgeordneten so nicht tragbar sind.
 

Die Antwort

 
Vergangene Woche antworteten Bildungslandesrat Philipp Achammer und Bildungsdirektor Gustav Tschenett auf das Urzì-Schreiben. Der Oberschullehrer habe die Äußerungen außerhalb des schulischen Kontextes gemacht und sich auf eine politische Situation bezogen, zu die er seine persönliche Meinung geäußert habe. „A scuola l’insegnante ha un rapporto positivo con gli studenti caratterizzato da rispetto reciproco nelle parole e negli atteggiamenti. Non ci sono venuti a conoscenza episodi contrari“, heißt es im Schreiben weiter.
 
 
 
Es ist wohl die einzige Antwort, die ein normal denkender Mensch geben kann.
Alessandro Urzì, selbst Berufsjournalist, gibt sich damit aber keineswegs zufrieden. Unter dem reißerischen Titel "L'insulto choc del prof a Meloni: Turista vomitata dal pullman" macht der Mailänder Giornale die Gesinnungsschnüffelei am Donnerstag zum nationalen Fall. Dabei lässt es sich Urzì nicht nehmen, Achammers Antwort als „inaccettabile“ zu bezeichnen. Und er erinnert daran, „Il capo della Svp, che è lo stesso partito che ha più volte definito FdI partito post-fascista".
Alessandro Urzì, der nur zu gut weiß, dass die öffentliche Einschüchterung politischer Gegner zum Werkzeugkasten seiner Bewegung gehört, baut seine "Lamentelen" vor allem darauf aus, dass Lehrer Vorbilder für die Schüler sein sollten.
Bleibt zu hoffen, dass man diesen moralischen Maßstab nicht auch auf manche Politiker anwendet.
Denn dann schaut es in diesem Land wirklich düster aus.
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Meine Ansicht Gio, 04/01/2021 - 20:21

FdI mit der Parteivorsitzenden, welche ausgiebig versucht das Parlament niederzuschreien, sind beim Einstecken sehr dünnhäutig. Aber beim Austeilen ist diese Bewegung ganz groß im Geschäft. Andere Ideen oder konstruktive Vorschläge hat man ja nicht auf Lager. Das Traurige dabei ist, dass auf Drohungen zurückgriffen werden muss.

Gio, 04/01/2021 - 20:21 Collegamento permanente
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gorgias Ven, 04/02/2021 - 12:44

Natürlich ist das lächerlich und man darf gerne hoffen, dass das Ganze nach hinten losgeht. Doch wenn ich gleich am Anfang das hier lese:

>Ein Charakteristikum des Faschismus in jeder seiner Auspärgungen ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit und damit zusammenhängend die Verfolgung aller regimekritischen Äußerungen.<

sollte man doch gleich hinzufügen, dass die Linke in dem nicht weit nachsteht. So veruchen doch einige sich mit political correctness die Deutungshoheit an sich zu reißen und stark regeln was und wie gesagt werden darf. Und mit Cancel Culture werden jene noch beiseite gebracht, deren Meinungen nicht im eigenen Rahmen passen.
Und immer wieder kann man sehen dass diese Revolution dank dessen innerenten Reinheitswahn nicht davor zurückschreckt die eigenen Kinder zu fressen.

Das naheliegenste Beispiel an dieser Stelle ist doch was Lisa Maria Gasser geschehen ist, weil sie anscheinend das "falsche" Bild verwendet hat, das in einem bestimmten Kontext "sexistisch" gegenüber Frauen sei und als "Wiedergutmachung" einen öffentlichen Kanossagang ablegen sollte. Zum Glück ist Lisa Maria Gasser weiblich und jung und kein "alter weißer Mann". - Ein Franceschini hätte da weit mehr Federn lassen müssen. - Denn es zählt nicht was man bisher gesagt und getan hat, sondern nur Geschlecht, Alter, "Rasse", Kultur und alles andere für das man in diesem Mindset Handycap-Punkte erhällt.

Ven, 04/02/2021 - 12:44 Collegamento permanente
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Christoph Fran… Ven, 04/02/2021 - 13:57

In risposta a di gorgias

Herr Gorgias, bevor man weltbewegende Kritik von sich lässt, sollte man wenigstens lesen lernen.
1. Steht im ersten Satz ausdrücklich " Faschismus in jeder seiner Ausprägungen". Was damit wohl gemeint ist?
2. Hat das "falsche Bild" nicht Lisa Maria Gasser verschuldet, sondern meine Wenigkeit und es war auch nicht die Chefredakteurin, die einen "Canossagang" abgelegt hat, sondern ich habe mich umgehend bei Frau Christine Clignon schriftlich und mündlich entschuldigt. Leider war ihr das nicht genug. Deshalb hat die Chefredakteurin - so wie es sich gehört - öffentlich zum "Fall" Stellung genommen.
Nur soviel zur historischen Wahrheit.

Ven, 04/02/2021 - 13:57 Collegamento permanente
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gorgias Ven, 04/02/2021 - 16:01

In risposta a di Christoph Fran…

Herr Franceschini, aufmerksam gelesen haben Sie wohl auch nicht, habe ich doch von "sollte" gesprochen. Und auch wenn Sie sich schützend vor Ihrer Nachfolgerin gestellt haben, war wohl entscheidend dass Frau Gasser doch nicht so gut in das Narrativ der weißen alten Männer und des repressiven Patriarchats passt. Oder glauben Sie umgekehrt wäre das auch so glimpflich abgelaufen?

PS Sehen wir mal, wenn sich das nächste mal die Gelegenheit bietet auch bereit sind den linken Meinungsfaschismus beim Namen zu nennen
Bis jetzt sieht das nicht so aus.

Ven, 04/02/2021 - 16:01 Collegamento permanente