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Pusterer Übernahme

Der Athesia-Verlag hat 21,21 Prozent der „Pusterer Medien GmbH“ übernommen. Damit dürfte die Unabhängigkeit der Pustertaler Zeitung nach 31 Jahren zu Ende gehen.
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Foto: Athesia AG
Silke Hinterwaldner hatte es Anfang Februar 2021 angekündigt. Unter dem Titel „Pusterer Dolchstoß“ schrieb die Tageszeitungs-Redakteurin, dass der ehemalige Brunecker Bürgermeister und SVP-Landtagsabgeordnete Christian Tschurtschenthaler seine Anteile an der Pustertaler Medien GmbH an die Athesia AG verkaufen will.
Jetzt ist der Deal in trockenen Tüchern. Mitte April hat die Athesia-Tochter „Bezirksmedien GmbH“ 21,21 Prozent an der „Pusterer Medien GmbH“ übernommen. Damit geht nicht nur ein alter Traum von Michl Ebner & Co in Erfüllung, sondern ein weiteres Stück der unabhängigen Südtiroler Presselandschaft dürfte schon bald durch die Monokultur aus dem Bozner Weinbergweg weggespült werden.
 

Die Pusterertaler Zeitung

 
Am 9. August 1989 gründen eine Handvoll Pusterer Unternehmer die „Pustertaler Medien Gmbh“, deren Gesellschaftszweck die Herausgabe einer eigenen, unabhängigen Bezirkszeitung ist. Am 10. November 1989 - in der Nacht zuvor war die Berliner Mauer gefallen - erscheint die erste Ausgabe der „Pustertaler Zeitung“.
Die PZ - wie die Pustertaler Zeitung genannt wird - ist die erste Südtiroler Bezirkszeitung und unter ihrem Direktor und Mastermind Willy Pöder florierte das Blatt jahrzehntelang. Mit einem zweiwöchigen Erscheinungstermin und einer Auflage, die zwischen 16.000 und 18.000 Stück liegt, mausert sich die PZ in der östlichen Landeshälfte schnell zum wichtigsten und einflussreichsten Medium.
Die PZ war dabei nie ein Oppositionsblatt. Wie ihre Besitzer, die aus dem aufgeklärten SVP-Bürgertum und der liberalen Wirtschaft stammen, ist die Blattlinie von Beginn an durchaus SVP freundlich. Doch der begnadete Stänkerer Willy Pöder erlaubt es sicher immer wieder, auch Enthüllungsgeschichten in die PZ zu stellen, die weit über das Pustertal hinaus für Furore sorgen.
1999 übernimmt die „Pustertaler Medien Gmbh“ den Radiosender „Radio Holiday“, den man bis heute mit viel Erfolg betreibt. Damit wird aus dem Bezirksblatt ein kleines Medienunternehmen.
 
 
 
Diese Konstellation ist dem mächtigen Athesia-Verlag schon bald ein Dorn im Auge. Jahrelang versucht Michl Ebner einen Fuß in die Pusterer Tür zu bekommen. Während der Ebner-Verlag in den Jahren darauf landauf, landab die meisten Bezirkszeitungen kurzerhand aufkauft, beißt man in Bruneck aber auf Granit.
Weil die Besitzer und vor allem Chefredakteur Willy Pöder mauern, versucht der mächtige Verlag alles um dem Pusterer Medienunternehmen wirtschaftlich das Wasser abzugraben. Der Generalangriff folgt dann mit der Herausgabe eine eigenen Bezirkszeitung „Do Puschtra“. Doch auch dieser Versuch misslingt.
 

Der Konflikt

 
Im November 2013 geht PZ-Chefredakteur Willy Pöder in Pension und übergibt den Hof – wie es sich im Bauernland Südtirol gehört – an seinen Schwiegersohn Reinhard Weger. Weger ist ein völlig anderer Typ. Schon damals Kommandant der Feuerwerk Bruneck, schlägt er Jahre später den Weg in die Gemeindepolitik ein. Heute ist Weger nicht nur PZ-Chefredakteur und Chef der Brunecker Feuerwehr, sondern auch Bauassessor der Gemeinde Bruneck. Allein diese Ämterhäufung macht deutlich, dass die PZ unter Chefredakteur Weger längst jene Unabhängigkeit und Unbequemlichkeit eingebüßt hat, die sie jahrzehntelang ausgezeichnet hat.
 
 
 
In den vergangenen Jahren kommt es zudem PZ intern zu einem schweren Konflikt.
Weil die PZ, eine Salto-Enthüllung über einen Einbruch in das Büro des Brunecker Stadtmarketings übernimmt, gehen innerhalb des Verwaltungsrates die Wogen hoch. Christian Tschurtschenthaler, Gründer, Aktionär und Verwaltungsrat stellt die Vertrauensfrage. Eine Zeitlang schaut es so aus als würde sich die PZ von ihrem Direktor trennen. Am Ende aber setzt sich Reinhard Weger in diesem monatelangen Machtkampf durch. Der Chefredakteur bleibt auf seinem Posten. Die logische Konsequenz: Christian Tschurtschenthaler beschließt nach über 30 Jahren in der „Pustertaler Medien Gmbh“ seinen Hut zu nehmen.
 

Der Verkauf

 
Doch Tschurtschenthaler ist nicht der einzige Gesellschafter, der gehen will. Auch der Brunecker Autohändler Franz Josef Moser bietet seine PZ-Anteile zum Verkauf an. Moser hält ein ähnlich großes Aktienpaket wie Tschurtschenthaler. Laut Gesellschaftsstatut haben die Aktionäre ein Vorkaufsrecht. Ende 2020 üben Dieter Schramm, Gerd Schönhuber und Nicolas Wachtler, der Sohn des PZ-Gründers Michael Wachtler, dieses Vorkaufsrecht aus. Sie kaufen um 120.000 Euro die Moser-Anteile.
 
 
Christian Tschurtschenthalers Aktienpaket aber bleibt nicht im Pustertal. Der ehemalige SVP-Landtagsabgeordnete hat seit langem gute Beziehungen zur Athesia. Michl Ebner sieht jetzt die Chance gekommen nach über drei Jahrzehnten endlich das gallische Dorf PZ zu stürmen.
Die Athesia bietet für die PZ-Anteile 200.000 Euro. Die anderen Gesellschafter wollen so viel Geld nicht lockermachen. Mitte April 2021 geht der Deal über die Bühne. Die in Schlanders beheimatete Athesia-Tochter „Bezirksmedien Gmbh“, in der der Ebner Verlag alle seine Beteiligungen an Bezirkszeitungen gesammelt hat, übernimmt die Anteile Tschurtschenthalers.
Die „Bezirksmedien Gmbh” hält damit jetzt 21,21 Prozent an der „Pustertaler Medien Gmbh“- 22,22 Prozent hält Nicolas Wachtler, 28,28 Prozent der Brunecker Anwalt Dieter Schramm und 28,29 Prozent die „Schönhuber AG“ von Gerd Schönhuber.
Athesia hat damit noch nicht die Mehrheit. Schon bald aber dürfte sich Einiges in der PZ ändern. So wird die Bezirkszeitung seit Jahren bei „Fotolito Varesco“ in Auer gedruckt. Die Druckerei gehört Tageszeitungs-Besitzer Christoph Lentsch.
Michl Ebner wird diesen Auftrag kaum seinem schärfsten Konkurrenten überlassen. Schon bald wird die PZ deshalb bei Athesia im Weinbergweg gedruckt werden. Vor allem aber wird es dabei nicht bleiben.
Wer Athesia kennt, der weiß, dass Minderheitenbeteiligungen nicht zur Geschäftsphilosophie im Hause Ebner gehören.
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Meister Haus Sab, 05/01/2021 - 20:13

Wenn die Pusterer, die ja meinen, dass eigentlich sie das Land qua ihrer Tüchtigkeit regieren müssten, nicht imstande sind, die paar Hunderttausender aufzubringen, dann ist's nicht schade um den Laden. Raiffeisen Bruneck mit NEULAND PUSTERTAL und seinen selbstbewussten Zukunftsvisionen lässt grüßen.

Sab, 05/01/2021 - 20:13 Collegamento permanente