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Südtiroler Wolfspartei

Die Bauernfraktion in der SVP hat den Kampf gegen Wolf und Bär längst zur eigenen Politshow gemacht. Das zeigen die Hintergründe des Treffens mit Bayern und Österreich.
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Foto: upi
Die Videokonferenz war kaum beendet, da ging am Montag um 18 Uhr aus dem SVP-Sitz in der Brennerstraße eine lange Presseaussendung hinaus.
Unter dem Titel „Treffen der LandwirtschaftsvertreterInnen aus Südtirol, Bayern und Österreich“ wird über eine „hochkarätig besetzten Videokonferenz“ zum Thema der Großraubtiere Wolf und Bär berichtet.
 „Auf Initiative der Südtiroler Volkspartei fand am heutigen Nachmittag das erste Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft der CSU in Bayern und der ÖVP in Österreich statt“, heißt es einleitend. An dem virtuellen Treffen nahmen – laut Aussendung - die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, der Südtiroler Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler und nicht näher genannte Vertreter aus Österreich teil. In der Aussendung werden neben Schuler, der SVP-EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann, der Vorsitzende des SVP-Landwirtschaftsausschusses und Bauernbunddirektor Siegfried Rinner und SVP-Obmann Philipp Achammer zitiert.
 
 
Der SVP-Obmann: „Nachdem in Südtirol bald kein Tag mehr vergeht, ohne dass es zu irgendwelchen Schafsrissen auf Südtirols Almen kommt und nachdem aus Rom keinerlei Unterstützung zu erwarten ist, haben wir als Südtiroler Volkspartei vor ein paar Wochen entschieden, einen neuen Weg bei der Lösung des Problems rund um das Großraubwilds zu gehen. Und zwar, indem wir hierbei in Zukunft im Rahmen einer gemeinsamen Koordinationsstelle vermehrt auf die Zusammenarbeit und auf die Abstimmung mit den anderen Regionen des Alpenraums setzen wollen. Mit dem heutigen Treffen und dem Ergebnis der heutigen Videokonferenz haben wir einen ersten wichtigen Schritt gemacht. Nun heißt es aber, diese länderübergreifende Zusammenarbeit aufzunehmen und den gemeinsamen Weg konsequent weiterzugehen“.
Demnach werden die drei Parteien SVP, die CSU und die ÖVP eine gemeinsame transnationale Koordinationsstelle im Kampf gegen Bär und Wolf einrichten? In ihren Parteisitzen?
Wohl kaum.
 

Die Amtsdirektoren

 
Die Frage klärt sich, wenn man genauer hinschaut. Die SVP-Pressemitteilung wird am Dienstag natürlich prominent in den Dolomiten platziert mit einem Foto der Zoom-Konferenz auf dem über ein Dutzend Teilnehmer zu sehen sind. Auffallend dabei: Unter den Teilnehmer der Videokonferenz finden sich auch Luigi Spagnolli und Martin Pazeller.
Was aber tun der Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei und der Direktor der Abteilung Land- und Forstwirtschaft während ihrer Arbeitszeit auf einer Videokonferenz der Volksparteien aus Bayern, Österreich und Südtirol?
 
 
Das war ein Missverständnis“, sagt Luigi Spagnolli auf Nachfrage von Salto.bz, „denn ursprünglich sollte das ein institutionelles Treffen sein“. Landesrat Arnold Schuler hatte die beiden Landesbeamten dazu eingeladen. Als sich dann aber herausstellte, dass es eine Parteiveranstaltung war, hat der frühere PD-Politiker Spagnolli auf eine pragmatische Lösung zurückgegriffen. „Ich habe nur zugehört und nichts gesagt“, meint Spagnolli.
Aber auch Arnold Schuler trifft hier keine Schuld. Denn die Wahrheit ist, dass die Bauernfraktion innerhalb der SVP dem Landesrat für Landwirtschaft eine Initiative, die institutionell geplant worden war, aus der Hand genommen hat, um sie in eine parteipolitische Veranstaltung umzuwandeln.
Man hat Schuler dabei bewusst überrumpelt.
 

Unfreundliche Übernahme

 
Vor einigen Wochen war in der SVP-Parteileitung die Idee besprochen worden, gemeinsam mit Bayern das Problem Wolf und Bär anzugehen. Der zuständige Landesrat Arnold Schuler nahm daraufhin Kontakt mit seiner bayerische Kollegin Michaela Kaniber (CSU) auf. Schuler und die Landwirtschaftsministerin vereinbarten eine Konferenz auf institutioneller Länderebene an der auch die verantwortlichen Techniker und Beamten teilnehmen sollten. Deshalb waren am Montag auch Spagnolli und Pazeller, sowie mehrere bayrische Ministerialbeamte mit von der Partie.
 

 
Doch innerhalb der SVP darf sich kein Blatt in Sachen Wolf und Bär rühren ohne, dass die mächtige Bauernfraktion das große Wort führt. Weil die selbstlosen Wolfskämpfer rund um Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner politisch und persönlich Arnold Schuler nicht ganz trauen, hat man dem Landwirtschaftslandesrat die Regie des Treffens einfach aus der Hand genommen.
Jetzt übernahm SVP-Parteisekretär Stefan Premstaller, einer der Youngster aus der Seilschaft, die Organisation der transnationalen Wolfkonferenz. Im Nu wurde damit aus dem institutionellen Treffen eine Parteiveranstaltung, auf der natürlich auch die Volksparteivertreter aus Österreich auftreten durften und mussten.
 

Politisches Kleingeld

 
Diese Hintergründe machen deutlich, dass es für manche unterm Edelweiß im Kampf gegen die Großraubtiere weniger um eine ernsthafte Lösung des Problems geht, als darum mit einem Thema, das viele Menschen emotional berührt, politische Kleingeld zu schachern. Wolf und Bär eigenen sich bestens um Wahlkampf zu machen. Publizistisch unterstützt von der Tageszeitung des Schafzüchters Toni Ebner werden die beiden Großraubtiere so zum willkommenen Wahlkampfthema für die nächsten Landtagswahlen gemacht.
 
 
Die SVP-Seilschaft um Siegfried Rinner, Herbert Dorfmann, Meinhard Durnwalder, Franz Locher und Manfred Vallazza bereiten sich seit langem strategisch auf diesen politischen Schachzug vor. Dazu gehört auch, dass man das Thema für sich gepachtet hat und eifersüchtig darüber wacht, dass niemand innerhalb der SVP, hier dazwischenfunkt.
Manchen unterm Edelweiß geht es im Kampf gegen die Großraubtiere weniger um eine ernsthafte Lösung des Problems, als darum mit einem Thema, das viele Menschen emotional berührt, politische Kleingeld zu schachern.
Dass der amtierende Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler dieser Fraktion dabei im Weg ist, zeigt nicht nur diese unfreundliche Übernahme der Videokonferenz am vergangenen Montag. SVP-Senatorin Julia Unterberger hat vor kurzem bei Umweltminister Roberto Cingolani um einen Termin für Schuler angesucht. In der Aussprache solle es unter anderem auch um die Großraubtiere gehen.
Der Sarner Bauernvertreter Franz Locher hat am Rande einer Parteisitzung daraufhin Unterberger an gepafft: „Du brauchst dir nicht einzubilden, dass du zu dem Treffen alleine hingehst“. Man hat bereits Meinhard Durnwalder eingeschaltet, der beim Treffen Cingolani-Schuler als Aufpasser mit dabei sein soll.
Um den Bären und den Wolf geht es unterm Edelweiß dabei schon lange nicht mehr.

Update, 21.07.2021, 10.25 Uhr: Phillipp Achammer kommentiert die Geschichte völlig anders. "Mitte Juni wurde auf einer Parteileitungssitzung beschlossen diese Konferenz mit der CSU, ÖVP und der Schweizer Volkspartei auf Parteiebene zu organisieren", sagt der SVP-Obmann. Von einem institutionellen Treffen sei nie die Rede gewesen. Auf der SVP-Sitzung waren auch Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrat Arno Schuler anwesend, die sich ebenfalls für diesen Beschluss ausgeprochen hätten. 

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Johannes A. Mer, 07/21/2021 - 10:36

Herr Franceschini berichtet leider über den Machtkampf innerhalb der SVP sehr einseitig und schlägt sich meistens sehr deutlich auf die Seite des Establishments der Kompatscher/Unterberger/Schuler Fraktion.

Warum z.B. Schuler keine Mitschuld trägt, dass das Treffen eine parteipolitische Angelegenheit wurde wird nicht näher erläutert. Vermutlich ist einer aus Schulers Umfeld der Informant.

Von Machtspielen wird immer nur gesprochen, wenn die eine Seite etwas unternimmt, während das Parteiestablishment um Unterberger/Kompatscher/Schuler (auch eine Art Seilschaft), bei Franceschini immer korrekt institutionell vorgeht. Wer's glaub wird selig.

Mer, 07/21/2021 - 10:36 Collegamento permanente
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Johannes A. Mer, 07/21/2021 - 13:29

In risposta a di Christoph Fran…

Ich lese auch deshalb ihren Blog, weil ich Sie als einen der besten und unabhängigsten Südtiroler Journalisten halte. Verzeihen Sie mir daher, dass ich an Sie höhere Ansprüche stelle als an das Tagblatt ;)

Dass die Athesia vor allem den wirtschaftlichen Interessen des Ebner-Clans dient, dürfte wohl bekannt sein und ein Grund, warum viele diesen Blog lesen. Dennoch habe ich mir hier erlaubt anzumerken, dass wohl auf beiden Seiten mit harten Bandagen gekämpft wird und auch Unterberger & Kompatscher (genauso wie "Die Seilschaft") nicht immer fair spielen.

Mer, 07/21/2021 - 13:29 Collegamento permanente