Politica | Elezione Meran Wahl

„Das ist erst der Anfang“

Die SVP-Bürgermeisterkandidatin Katharina Zeller über ihre Kandidatur, das Verhältnis zu ihrem Vater, Interessenskonflikte und eine Zusammenarbeit mit den Grünen.
Zeller, Katharina
Foto: Privat
Salto.bz: Frau Zeller, ist Ihr Nachname Fluch oder Segen?
 
Katharina Zeller: Es ist für mich sicherlich beides. Auf der einen Seite habe ich natürlich durch meine Familie schon sehr früh Einblick in die Politik bekommen. Ich bin sozusagen mit der Politik aufgewachsen, auch wenn ich mich lange nicht aktiv beteiligt habe. Auf der anderen Seite bedeutet diese Herkunft aber auch eine Art Stempel. Viele Leute haben deshalb ein Vorurteil gegen mich.
 
Sie ärgern sich darüber, immer zum Zeller-Unterberger-Clan gezählt zu werden?
 
Ich war 8 Jahre alt, als der Papa ins Parlament gewählt wurde. Das habe ich in der Schule immer wieder gehört. Du bist ein Kind und weißt nicht einmal genau, worum es geht. Aber du wirst immer nur auf das reduziert, was deine Eltern tun. Das ist mir einfach auf die Nerven gegangen.
 
Ihr Vater Karl Zeller ist in der SVP ein begnadeter Strippenzieher. Damit ist für viele klar, dass Sie seine Marionette sind?
 
Ach, schon wieder. Es ist einfach schwer, Vorurteile wegzudiskutieren. Für mich ist das einfach absurd. Als ich die Entscheidung getroffen habe, hier in der Meraner SVP einzusteigen, war meine Voraussetzung, dass wir entscheiden können und nicht irgendjemand hinter uns. Das habe ich von Anfang an allen gesagt. Auch meinem Vater. Meine Botschaft war klar: Wenn ihr wollt, dass wir Jungen jetzt weitermachen, dann müsst ihr uns machen lassen. Wenn wir Fehler machen, dann lasst uns. Ihr habt eure Fehler auch gemacht. Dabei habe ich schnell gemerkt, dass ich diejenige bin, die meinem Vater innerhalb der SVP am meisten Contra gibt. Das kann und muss ich sagen.
 
Dafür arbeiten Sie beruflich eng zusammen. Ihr Vater kann am Bozner Verwaltungsgericht keine Prozesse mehr führen, weil seine Partnerin dort Richterin und zeitweise Präsidentin ist. Jetzt prozessieren Sie für Ihn dort?
 
Nein, so stimmt das nicht. Ich bin Rechtsanwältin und habe mich in Rom auf Verwaltungsrecht spezialisiert. Ich habe dabei mit meinem Professor Paolo Stella Richter zusammengearbeitet, so habe ich zum Beispiel bei Büchern mitgewirkt, die er zum Thema Urbanistik geschrieben hat. Als ich zurück nach Südtirol kam, bin ich ganz bewusst weder in die Kanzlei des Vaters noch in jene der Mutter eingestiegen, sondern habe eine eigene Kanzlei eröffnet. Mein Fachgebiet ist und bleibt das Verwaltungsrecht. Es mag zwar sein, dass mein Vater mir Klienten weitergibt, so wie es in jeder Anwaltsfamilie üblich ist. Mit wem mein Vater zusammen ist, kann ich mir nicht aussuchen. Vor allem kann das nicht eine Einschränkung für mich sein, meine Karriere weiterzuführen.
Wenn ich es mir aussuchen kann, dann gehe ich immer in Richtung links und nicht nach rechts. Deshalb ist es für mich ganz klar, dass SVP und Grüne zusammenarbeiten sollen.“
Was tut eine junge, gescheite Frau in der SVP?
 
(lacht) Mir geht es vor allem um die Stadt und darum, was nach den letzten Wahlen passiert ist. Die Volkspartei braucht es, um Meran zu regieren. Ich finde auch den Charakter der Sammelpartei äußerst spannend. Denn man lernt einfach, völlig verschiedene Weltanschauungen an einen Tisch zu bringen, Toleranz zu üben und auch offen zu sein für eine andere Meinung. Für mich besteht Politik aus Kompromissen, deswegen gefällt mir auch das Konzept der SVP.  Dazu hat die Partei einen perfekten Aufbau, auch vom Statut her. Es herrscht Basisdemokratie, sodass alle mitreden können. Wenigstens in der Theorie.
 
 
Keine Kritik am Edelweiß?
 
Natürlich hätte ich gerne eine modernere, offenere Sammelpartei. Dafür stehe ich ein. Viele fragen mich immer wieder, warum bist du nicht bei den Grünen? Dort würdest du doch viel besser hineinpassen. Vielleicht. Aber ich fühle mich einfach in der SVP viel wohler. Auch weil ich weiß, es gibt verschiedene Weltanschauungen. Und das Radikale ist nicht so meins.
 
Sie haben angesprochen, was bei den letzten Wahlen passiert ist. Dort hat Ihre Partei alles getan, damit der gewählte Bürgermeister Paul Rösch nicht regieren kann?
 
Ich habe das nur von außen gesehen. Mir hat es nicht gefallen, wie sich die SVP damals verhalten hat. Wobei ich schon finde, dass man jetzt nicht alles der Volkspartei in die Schuhe schieben darf. Damals waren drei große Blöcke beteiligt, und für mich sind alle drei am Scheitern mit schuld. Wobei es die Aufgabe des gewählten Bürgermeisters ist, die Leute an einen Tisch zu bringen und Kompromisse zu finden. Dass dabei nicht wirklich eine Gesprächsbereitschaft da war, das hat man gemerkt. Auch deshalb war für mich klar, dass es so nicht mehr weitergehen darf. Das heißt: Wenn ich in die SVP einsteige, dann ist ein solches Verhalten ein No-Go.
Mir hat es nicht gefallen, wie sich die SVP nach den letzten Gemeinderatswahlen in Meran verhalten hat.
Für Sie ist Paul Rösch also nicht der Beelzebub, wie für viele in der Meraner SVP?
 
Nein, absolut nicht. Genau das ist ein Punkt, der mich sehr gestört hat. Das war auch ein Beweggrund, in die Partei zu gehen. Ich habe viele Bekannte und Freunde, die auch bei den Grünen oder in anderen Parteien engagiert sind. Das Umweltbewusstsein müsste doch heutzutage in jeder Partei beheimatet sein. Genauso in der SVP. Ich finde, man muss hier einfach zusammenarbeiten. Vor allem wir Parteien der Mitte.
 
Wo würden Sie sich politisch verorten?
 
In der Mitte. Und wenn ich es mir aussuchen kann, dann gehe ich immer in Richtung links und nicht nach rechts. Deshalb ist es für mich ganz klar, dass SVP und Grüne zusammenarbeiten sollen. Genauso mit den anderen Parteien der Mitte.
 
Die Bündnispartner Ihrer Partei, die italienischen Meraner Bürgerlisten um Dario Dal Medico gehen aber deutlich nach rechts?
 
Man wird am Sonntag sehen, was sich die Meranerinnen und Meraner für die Stadt wünschen.
 
Viele in der SVP wollen lieber einen italienischen Bürgermeister Dario Dal Medico als einen deutschen Paul Rösch?
 
Wer sagt das? In einer Sammelpartei hat natürlich jeder seine Präferenzen. Doch am Ende entschieden die Wählerinnen und Wähler, wer in die Stichwahl kommt. Vielleicht treten auch wir gegen Dal Medico oder gegen Rösch in der Stichwahl an.
Ich habe das nicht gemacht, weil ich einen Posten haben will, sondern weil ich an dieses Projekt und an die Sache glaube.
Was wäre Ihre erste Handlung als neue Meraner Bürgermeisterin?

Als erstes gilt es, die Verwaltung wieder in Schwung zu bringen. Es liegen stapelweise Projekte auf dem Tisch, die umgesetzt gehören. Was ich sofort angehen würde: Ein Areal für die Jugendlichen schaffen. Sie sollen endlich einen Ort haben, der für die Jugend da ist und wo sie nicht immer für andere Platz machen  müssen. Das Zweite: Die Vereine sollen endlich die gesamten Beiträge ausbezahlt bekommen, damit garantiert ist, dass sie ihre Tätigkeit weiterhin ausüben können. Das wären die dringendsten Dinge.
 
Zwei perfekte Wahlkampfaussagen, um Stimmen zu gewinnen.
 
(lacht) Wenn Sie das sagen, dann hoffe ich, dass Sie Recht haben.
 
Ihr Vater, ihr Großvater oder jemand aus der Villa Marchetti ist in jedes zweite Großprojekt verwickelt, das in und um Meran umgesetzt wird. Ist hier nicht ein Interessenkonflikt vorprogrammiert?
 
Ich habe sicher nicht vor, im Stadtrat - sollte ich gewählt werden - die Urbanistik zu übernehmen. Das möchte ich auch nicht. Mich interessieren eher Jugend und Kultur oder Digitalisierung - Bereiche in denen man in eine andere Richtung gehen kann. Aber bei Interessenkonflikten musst man sich ganz klar raushalten. Es ist ja nicht so, dass ich diese Gemeinde alleine verwalte. Wo es zu einem Konflikt kommen könnte, würde ich rausgehen, mich vertreten lassen und nicht mitstimmen. Das ist doch sonnenklar.
 
Bei den Gemeinderatswahlen 2020 hat es in Meran für die SVP-Frauen ein Debakel gegeben. Sie wollen jetzt mehr Frauen in den Gemeinderat bringen. Glauben Sie, sich damit durchsetzen zu können?
 
Ja. Es ist nur eine Frage der Zeit. Ich bin ganz sicher, dass ich hier weiterkomme. Wir haben jetzt ein starkes Frauenteam und es ist der Zusammenhalt zwischen Frauen und Männer da. Ich merke generell, dass eine gute Stimmung vorhanden ist. Wir haben einen Frauenausschuss mit über 40 Frauen. Deshalb bin ich ganz sicher, dass sich das ändern wird. Dafür werde ich kämpfen.
Ich habe sicher nicht vor, im Stadtrat - sollte ich gewählt werden - die Urbanistik zu übernehmen.
Für Sie sind in den letzten Wochen in Meran alle Kapazunder aufmarschiert. Der SVP-Obmann, der Landeshauptmann per Video und sogar die Bauernbund-Spitze hat Sie auf einer Versammlung angepriesen?
 
Gerade beim Bauernbund war es mir wichtig, dass man sich ausredet und sich kennenlernt. Wir waren wahrscheinlich am weitesten entfernt. Hier ist es einfach für beide Seiten wichtig, dass man sich austauscht. Natürlich wünsche ich mir, dass der Landeshauptmann und die SVP-Spitze uns unterstützen. Aber noch mehr, dass sie auch in Zukunft für Meran da sind, wenn wir etwas brauchen.
 
Frau Zeller, was, wenn es am Sonntag nicht klappt?
 
Dann machen wir weiter. Das ist erst der Anfang. Ich habe das nicht gemacht, weil ich einen Posten haben will, sondern weil ich an dieses Projekt und an die Sache glaube. Wir haben jetzt schon viel erreicht und ich überzeugt bin, dass wir in den nächsten Jahren noch mehr erreichen können.

 

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△rtim post Mer, 10/06/2021 - 14:27

Das erste, was es in Meran wohl bräuchte und den Meranerinnen und Meranern schon vor über fünf Jahren versprochen wurde, wäre nach wie vor eine sich selbst ehrlich machende Bestandsaufnahme. Schilda-Prinzip und ein Weiterso kann sich in Zukunft auch Meran nicht mehr leisten. Auch nicht Ersatzpolitik aus Selbstvermarktung und Selbstsgerechtigkeit der letzten Jahre, wo ein Bürgermeister ohne selbstkritische Fehlerkultur (Stichworte "Freunderl- Günstlingswirtschaft" mit der realen Gefahr einer neuerlichen kommissarischen Verwaltung) in seiner Selbstherrlichkeit nicht mal auf Eingaben/Einschreiben der Bürger reagiert.
Das hat wohl kaum etwas mit Bürgerbeteiligung zu tun. Es braucht vielmehr die Möglichkeit konkreter Bürgerbeteiligung (Bürgerräte und Foren) und (basisdemokratischen) Engagements:
https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-wir-machen-politik-100.ht…
Vielleicht braucht Meran zur Abwechslung mal tatsächlich was Neues. Und warum nicht, eine junge, weibliche Bürgermeisterin? Besser geht ja immer. Ubuntu! Dank all dem parteiübergreifenden Einsatz der BM-Kandidatin in so vielen Bereichen, vom ehrenamtlichen Engagement in Sachen Müll, Tierschutz, Kinder, Jugend, Senioren ... Kultur und Tanz, Frauen- und greenpowerische Solidarität und nicht zu vergessen, den begeisterten Tänzern, kann's die die Neue schaffen.
Denn Meran braucht Veränderung. Das ist gewiss.
Kollektiv- und Erbschuld aufgrund der Herkunft ist weder in unserem Strafrecht eine Kategorie noch sollte sie in der Politik eine Rolle spielen. Jede und jeder hat eine Chance verdient. Auch die Neue.

Mer, 10/06/2021 - 14:27 Collegamento permanente