Ambiente | Gewässerschutz

Gewässerschutz ohne Besserung

Ein Gewässerschutzplan wurde präsentiert, in dem künstliche Seen, die Biodiversität oder die nachweisliche Verbesserung des ökologischen Zustands nicht vorkommen.
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Wo ist Giuliano, fragte der Landtagsabgeordnete Hanspeter Staffler von den Grünen nach der Präsentation des Gewässerschutzplanes. Die Beamten wurden vom zuständigen Landesrat vor versammelter und unzufriedener Bauernschaft alleine stehen gelassen. Wo ist die nachweisliche Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer? Der Gewässerschutzplan wirft mehr Fragen auf, als dass er beantwortet.

Wo sind Lebensräume und Arten?

In einem Gewässerschutzplan geht es um Gewässer und bei Gewässern geht es nicht nur um die chemische und physikalische Qualität und Menge des Wassers, sondern um Gewässer als Ganzes, die durch Lebensgemeinschaften von Tieren und Pflanzen und die Vielfalt an Lebensräumen und Arten der Feuchtgebiete gekennzeichnet sind. Dem Schutz dieser Lebensräume kommt eine zentrale Bedeutung zu, da die Lebensräume am und im Gewässer eine Vielzahl gefährdeter und geschützer Arten beherbergen. Vom Schilfgürgel am Kalterer See bis zu den Eisvögeln und Grauerlenauwäldern der Ahr- der Lebenraumschutz und die Verhinderung einer weiteren Verschlechterung des Zustands der Lebensräume und der Wasserkörper ist für Schutz der Gewässer eine Vorraussetzung. Im Gewässerschutzplan fehlt jedoch die Biodiversität der Südtiroler Feuchtgebiete weitgehend, von den Tierarten kommen einzig Flusskrebse explizit und prominent vor. Weder Lebensräume noch Arten der Feuchtgebiete sind in einem der Bände als Schutzgüter in ihrer Verbreitung oder in ihrem Erhaltungszustand angefüht. Dabei ginge es im Gewässerschutz um die Biodiversität und die Natur der Gewässer und ihrer Feuchtgebiete, wie sie auf den Internetseiten des Landes präsentiert werden (http://www.provinz.bz.it/natur-umwelt/natur-raum/naturschutz/lebensraeume.asp.)

Handelt es sich beim Gewässerschutzplan um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, wie behauptet wird, so wären auch die vom Wasserkörper (= das oberirdische Wasser in den Seen und Flüssen und Grundwasser) abhängigen Landökosysteme und die Feuchtgebiete zu behandeln, wie im Übergreifenden Leitfaden zur Umsetzung der Wasserrahmnrichtlinie dargelegt ist. (Grundzüge Wasserrahmenrichtlinie und Feuchtgebiete z.B. auf den Seiten des österreichischen Umweltbundesamtes https://www.umweltbundesamt.at/wrrl/)

Die Biodiversität, die Vielfalt an Lebensräumen und Arten fehlt im Gewässerschutzplan. In Band F, Maßnahmen zum Schutz der Gewässer werden unter Punkt 13, Maßnahmen zum Lebensraum und Artenschutz wörtlich „Überlegungen auf lokaler Ebene“ angestellt, wie in der Überschrift steht. Über Überlegungen kommt der Gewässerschutzplan nicht hinaus. Obwohl Paragraphen in solchen Dokumenten aufgezählt werden, wird das Naturschutzgesetz dort nicht aufgezählt. Invasive Arten werden angesprochen, wobei invasive Pflanzenarten nicht vorkommen. Passend zu den Mängeln ist sogar „Lenensraum und Artenschutz“ geschrieben und nicht Lebensraum und Artenschutz. Der Südtiroler Gewässerschutzplan oder „Plumpskloplan“, wie man ihn wegen der Affinität zur Abwasserbewirtschaftung bezeichnenen kann, enthält einen Rechtscheibfehler in der Überschrift und zu Arten und Lebensräume gibt es nur einige Überlegungen.

Wo sind die Fische?

Fische sind im Gewässerschutzplan nicht an prominenter Stelle vertreten. Fische werden zur Bewertung der Gewässer herangezogen und mit dem Index ISECI die Gewässer und die Fischlebensgemeinschaften klassifiziert. Seit 20 Jahren wird ein verpflichtendes Monitoring entsprechend der Wasserrahmenrichtlinie durchgeführt, dessen Ergebnisse im Plan aber nicht aufscheinen. Wer die vielen Fischdaten des Amtes für Jagd und Fischerei nicht in den Plan einfließen ließ und Fische aus dem Plan weittgehend herausgefischt hat, ist nicht klar und warum sie dort so gut wie gar nicht vorkommen, ist unverständlich. Im Wassernutzungsplan sind notwendige Maßnahmen zum Erhalt, Schutz und zur Verbesserung des Zustands der Fischgemeinschaften, wenn auch nur in kurzer Form vorhanden und viel klarer als im Gewässerschutzplan.

Wassernutzungsplan:

„Eine nachhaltige Nutzung des Fischbestandes durch die Fischerei muss die Möglichkeit der Erneuerung der Fischpopulationen der einzelnen Gewässer berücksichtigen. Die Fischereibewirtschaftung muss sich folglich auf die natürliche Produktivität stützen, für die Verbesserung dieser, auch durch Maßnahmen zum ökologischen Ausgleich, sorgen und die autochthonen Fischarten bewahren. Im Bereich des Schutzes der Biodiversität ist die Erhaltung der verschiedene Arten von Gewässerlebensräumen und ihrer charakteristischen Fischbestände besonders wichtig.“ Bei der Planung der Bewirtschaftung sind folgende Richtlinien definiert worden:

• den Schutz, und wo nötig, die Verbesserung der Qualität der Gewässerlebensräume;

• die Erhaltung der natürlichen Produktivität und der Schutz der Laichgebiete;

• die Erhaltung bzw. die eventuelle Wiederherstellung der autochthonen Fischpopulationen;

• das Verbot der Einfuhr allochthoner Fischarten, dort wo diese ökologische Ungleichgewichte hervorrufen können und die eventuelle Säuberung der Fischbestände von diesen Arten;

• Optimierung der Kriterien für Besatzmaßnahmen und Fischereibewirtschaftung, unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Umwelt;

• das regelmäßige Monitoring des Zustandes der Fischbestände und die Überprüfung der angewandten Bewirtschaftungsmaßnahmen

Was im Wassernutzungsplan kurz angeführt wurde, hätte im Gewässerschutzplan weiten Raum bekommen können. Wie produktiv sind Gewässer und wie viele Fische werden herausgefischt. Die ganze Fischstatistik fehlt und die Arbeit des Amtes für Jagd und Fischerei fehlt. Die Fische sind aus dem Gewässerschutzplan weitgehend draußen und Fischer können invasive Fischarten wie Regenbogenforellen in Stauseen als ausgewachsene Tiere aussetzen, von wo aus die Regenbogenforellen in andere Fließgewässer vordringen können. Das regelmäßige Monitoring des Zustandes der Fischbestände und die Überprüfung der angewandten Bewirtschaftungsmaßnahmen bleiben geheim.

Wo sind die Seen?

Die Seen, ihre Artenvielfalt, ihre Lebensraumvielfalt und die vorkommenden Fischarten in den Seen sucht man im Gewässerschutzplan vergeblich, wie auch die Seen selbst. Es gäbe ca. 400 Seen in Südtirol, doch nur für rund ein Dutzund liegen Bewertungen des Zustands vor, die Fischgemeinschaften in den Stauseen werden erst gar nicht untersucht: Augen zu ist gut, damit die Realität nicht wahrgenommen werden muss.

Entsprechend der Wasserrahmenrahmenrichlinie werden Oberflächengewässer typisiert und charakterisiert. Sie werden eingeteilt in natürliche, erheblich veränderte und künstliche. Künstliche Seen entstehen in Südtirol immer wieder neu. Dort wo kein Oberflächengewässer war, entsteht aus dem Nichts ein großes stehendes Oberflächengewässer, nämlich Wasserspeicherbecken der Beschneiungsanlagen. Diese künstlichen Gewässer gibt es aber nicht, jedenfalls nicht im Gewässerschutzplan, obwohl sie nur schwer zu übersehen sind.

Die natürlichen und berühmten Spronser Seen gibt es im Gewässerschutzplan auch nicht. Die Spronser Seen liegen inmitten einer weitgehend natürlichen Umgebung. Die Natur des Hochgebirges ist jedoch weniger natürlich, werden die dort vorkommenden Fischarten betrachtet. Nordamerikanische Fischarten schwimmen in den Spronser Seen. Die Regenbogenforelle und der Seesaibling wurden in den ehemals fischfreien Hochgebirgsseen eingesetzt, sie sind nicht heimische Fischarten, Alienarten oder Neozoen.

Das Ende der Natur und der Biodiversität ist dann erreicht, wenn keine heimischen Arten in Gewässern mehr vorhanden sind und stattdessen exotische, nicht heimische Tiere in den Gewässern den Ton angeben. Bei Fischen ist dieses Ende der Natur in den Gewässern Südtirols praktisch bereits eingetreten, autochthone Fischarten sind in der Minderheit. Die einzige heimische Forellenart, die Marmorierte Forelle, ist nur noch in wenigen Fließgewässern vorhanden und dort nur in geringer Zahl.

Seen in Natura 2000 Gebieten und die Feuchtgebiete der Natura 2000 werden im Rahmen der vorgeschriebenen Berichterstattung an die EU enstprechend FFH- Richtlinie überwacht, zum Erhaltungszustand der Lebensräume und Arten in den Schutzgebiete liegt im Gewässerschutzplan nichts vor.

Wo sind die investierten Millionen?

Wo bleibt die Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer, wie von der Wasserrahmenrichtlinie vorgeschrieben? Wo sind die vielen Millionen Euro an "Aufwertungen", welche die Autonome Provinz Bozen in die Fließgewässer mit den Mitteln der Europäischen Union zur Entwicklung des ländlichen Raums und den Umweltmillionen investierte? Die Provinz entwickelt den ländlichen Raum, indem die Agentur für Bevölkerungsschutz Gewässer „aufwertet“, „revitalisiert“ und „renaturiert“. Die Umbauarbeiten sind im Gewässerschutzplan nach 20 Jahren Aufwertung nicht zu finden. Wo sind die Erfolge, Ergebnisse und der nachgewiesene Nutzen der Renaturierung für die Gewässer?

Die Umsetzung der Wasserrahmenrahmenrichlinie soll der Gewässerschutz sein und auch der Dachverband für Natur- und Umweltschutz ist der Meinung, dass der Plan eine Umsetzung der Wasserrahmenrichlinie sei. 2016 erwähnte der Dachverband und einige begeisterte Revitalisierer noch die Wasserrahmenrichtlinie (https://www.pz-media.it/inhalt/wirtschaftumwelt/1317-umweltverbände-ziehen-an-einem-strick-ja-zur-revitalisierung-ausg-06_2016.html). Im Gewässerschutzplan finden die vielen investierten Umweltmillionen und EU- Förderungen keinen Niederschlag und ebensowenig ist zu erkennen, dass sich der ökologische Zustand der Gewässer verbessert hätte.

„ Und aufgrund der jahrelangen Verzögerungen sind die Fristen zur Sanierung kurz. Bereits 2021, spätestens 2027 sind Verbesserungsgebot und Verschlechterungsverbot für alle! Wasserkörper nachzuweisen.“ schreiben der Dachverband Natur- und Umweltschutz und der Heimatpflegeverband gemeinsam, als ob es keine Einzugsgebietspläne, „Renaturierungen“ usw. gäbe und nicht überall Gewässer saniert würden.

Sollte der Gewässerschutzplan die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sein, so kann der Plan getrost in ein Plumpsklo geworfen werden. Bis 2027 haben die Mitgliedsstaaten zur Zielerreichung der Wasserrahmenrichlinie Zeit und die Wasserrahmenrichtlinie auf nationaler (z.B. auf Sizilien) und internationaler Ebene ist schwer realisierbar. Länder wie Deutschland oder Schweden werden niemals offiziell einen guten Zustand der Gewässer erreichen. Sie haben die Gewässer nämlich korrekt und genau bewertet, anders als Südtirol und die Nachbarprovinzen. Schwedens Flüsse und Seen sind sauber und voller Fische, offiziell ist der ökologische Zustand aber in vielen Gewässern nicht gut (63% nicht gut)- die Wasserkraftwerke schlagen sich sehr negativ in der Bewertung nieder. In den Niederlanden sind gar erschreckende 99.7 % nicht gut und verfehlen die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (Daten zu Ländern https://www.eea.europa.eu/publications/state-of-water). Fast alle Bäche Südtirols sind in einem guten Zustand, auch wenn in einem Bach keine autochthonen Fischarten vorkommen oder unzählige Querbauwerke oder Seitenbauwerke die Gewässer beeinträchtigen, so ist der Zustand trotzdem immer offiziell gut.