Gesellschaft | Musik

Burgers Credo

Wie Freiwild-Kopf Philipp Burger Ursache und Wirkung auf den Kopf stellt und in die Opferrolle schlüpft. Die Fakten sagen aber etwas anderes.
Freiwild
Foto: Frei.Wild
Die Botschaft ist immer dieselbe: Freiwild schlüpft in die Opferrolle. Die Band verfolgt von Vorurteilen, unverstanden und ausgegrenzt. 
Konkreter Anlass ist diesmal ein Promovideo, das die Brixner Band Freiwild für ihr Plattenlabel „Rookies & Kings“ veröffentlicht hat. Das Label, das es seit 10 Jahren gibt, veröffentlicht laut Eigendarstellung „die wichtigsten Bands im Deutschrock“. 
 
 
Das Freiwild-Unternehmen hat seit Anfang des Jahres einen Vertrag mit dem Hamburger Musikvertrieb „Soulfood" abgeschlossen. Vergangene Woche hat man ein Video veröffentlicht in dem man die wichtigsten Neuerscheinungen 2019/20 Revue passieren lässt.
Dazu hat Philipp Burger einen längeren Text geschrieben, der einen authentischen Einblick in die Gedankenwelt von Freiwild gibt.
 

„Antipathie gab es für uns umsonst“

 
Diese Zeilen hier sind mir wirklich wichtig und es klingt auch absolut kein Gramm Klage oder Wehmut mit. Darauf lege ich sehr viel wert. Und so möchte ich euch bitten diese Zeilen einmal bis zum Ende zu lesen. Am besten noch bevor ihr euch dieses Video anschaut. Danke“, leitet Philipp Burger seinen Text ein.
Danach betritt der Freiwild-Kopf bekanntes Terrain:
 
„Seit Anbeginn dieser Band hatte Frei.Wild mit im Grunde unfassbar breit aufgestelltem Widerstand zu kämpfen. Gestartet durch einen, dann mehrere Jugendarbeiter im eigenen Land. Diese sorgten für erste warnende Stimmen von hinzu gezogenen "Experten" und
"Extremismusforschern". Dann kamen erste schlechte "umstrittene"  Artikel auf kleinen und dann größeren Blättern und Newsportalen. Auf dieses folgten viele Premieren von Distanzierungen von (uns meist bis heute privat gänzlich unbekannten) Musikern- und anderen Künstlern. 
Dann starteten erste Widerstandskämpfer der Musikbrache ihre Anti- Frei.Wild Missionen. Darauf folgte dann Kuban bei Jauch, dann sein Feldzug durch gefühlt alle Sendeanstalten Deutschlands, dann wenige Tage später die Drohungen von Sponsoren an Festivalveranstalter. Shitstormwellen, Boykottaufrufe, wieder Anfeindungen von Künstlerkollegen, der Echorauswurf, Konzertabsagen, willkürliche Vertragsaufkündigungen von vorher jahrelangen Partnern wie EMP und anderen. Proteste, Drohungen, Anschläge auf unseren Store in Brixen, ja, da ging und geht was, bis heute. Und dennoch, dem Erfolg, dem Willen, unserer Freundschaft und unserem Fleiß dann eben noch härter zu arbeiten, taten all diese Dingen keinen Abbruch. 
 
 
Seit Anbeginn dieser Band hatte Frei.Wild mit im Grunde unfassbar breit aufgestelltem Widerstand zu kämpfen. Gestartet durch einen, dann mehrere Jugendarbeiter im eigenen Land.
 
Wisst ihr was Freunde? Dieses vor Ewigkeiten losgetretene Rad hat uns echt verdammt viel Nerven und Nächte gekostet. Teilweise auch Freundschaften und vor allem auch viel Geld für Anwälte und Gagenausfälle. Aber dieses vor Ewigkeiten losgetretene Rad hat uns auch in eine ziemlich privilegierte Situation gedrückt. Aus der heutigen Sicht könnte man sie "Durch Isolation in die Freiheit und Eigenständigkeit" nennen.
Es blieb uns durch diesen Umstand schlichtweg gar nichts anderes übrig als trotzdem an uns zu glauben, unser Team zu festigen, neue Säulen aufzustellen und immer etwas fleißiger als andere zu arbeiten. Wir hätten aufhören können aber das wollten wir nicht, zu keiner Sekunde. Wir hätten eine 180 Grad Anpassungswende versuchen können aber das wollten wir ebenfalls nicht, weil sich unser Schaffen immer ehrlich und richtig angefühlt hat. Wir feilten an uns, lernten einfach NUR auf uns selbst zu schauen, ließen andere Musiker und ihre Aktionen gegen uns einfach gewähren, dissten keinen persönlich. 
Wir aßen reichlich von der Gabe verzeihen zu können, egal was war.
Wir lernten das "Nicht Nachzutragen", begruben sicher auch mal vorhandenen Hass und tauschten ihn höchstens gegen kurz anhaltende Wut aus. Und ja, wir aßen reichlich von der Gabe verzeihen zu können, egal was war. Ja, einfach unser Ding durchzuziehen und zu schauen selber weiters kommen war der Weg den wir für den besten hielten. Wir wussten und wissen, das Thema "Frei.Wild= eine normale Rockband" ist vom Tisch.
"Normal" wollten wir aber ehrlich gesagt auch nie sein. Schließlich wollten wir schon anecken, wachrütteln, nie noch gleicher als andere waren, sein und klingen. Damit taten wir uns aber auch nie sonderlich schwer, unsere ehrlich gefühlten Ansichten reichten hier locker aus, ohne Tuning, ohne Strategieplan. Antipathie gab es für uns echt immer für umsonst. Wir wollten im Grunde wirklich Musik aus dem Herzen und falls nötig eben auch gerne ohne Rücksicht auf Verluste machen. Wie gesagt, egal was wir machten oder jetzt machen würden, Lieder, Ansagen, Zeilen, Aktionen, nein, selbst die Heiligsprechung vom Lieben Gott höchstpersönlich würde in der sehr einseitigen Sichtweise auf uns nichts ändern, wirklich gar nichts. 
Selbst die Heiligsprechung vom Lieben Gott höchstpersönlich würde in der sehr einseitigen Sichtweise auf uns nichts ändern.
Leute, machen wir es kurz. Natürlich hätten wir als Band z.B. auch gerne bei Rock am Ring auf der Bühne gestanden und würden es auch heute noch gerne tun. Natürlich würden wir uns als Band auch mal gerne mit anderen großen Bands an eine Feuerschale setzen und einfach nur über Erfolge, Misserfolge, Ängste und die Welt philosophieren. Klar wären uns manche Kooperationen und gegenseitige Features mehr als geschickt gekommen.
Auch würden wir gerne mal mehr im Radio gespielt werden oder z.B. Bands wie die Hosen, Deichkind, Maffay, Lindenberg und selbst die Ärzte oder auch Jennifer Rostock gerne auf dem Alpen Flair haben. Weil sie gut passen würden, ihr sie super feiern würdet und wir Spaß daran hätten. Aber an uns lag und und liegt die Abneigung und auch dieser Krieg sicher nicht. Eher daran, dass manche einfach einen zu bekämpfenden, zu isolierenden, zu boykottierenden Feind in Frei.Wild sehen.
Aber noch mal, wir sind wirklich uuuuuuuuunglaublich dankbar für alles was Frei.Wild uns ermöglicht hat, es ist schon unser aller goldenes Lebenswerk das uns tagtäglich mit Liebe, Stolz und Leidenschaft erfüllt.
 

Rechte Künstler

 
Philipp Burgers Credo klingt zwar recht gut, die Wirklichkeit rund um die erfolgreichste Südtiroler Band, die längst zu einem Multiunternehmen mit einem Millionen-Umsatz geworden ist, sieht allerdings etwas anders aus.
Freiwild umgeben sich ganz bewusst mit Musikern und Bands, die sich am rechten Rand des demokratiepolitischen Spektrums bewegen. Es ist ein Teil des Erfolgrezepts der Brixner Band und ein Konstante in ihrer Karriere.
Das wird auch im jetzt veröffentlichten Promovideo und der Bandliste von „Rookies & Kings“ deutlich. Einer der erfolgreichsten Acts des Labels ist die Südtiroler Deutschrockband „Unantastbar“. Sänger Joachim Bergmeister spielte als Schlagzeuger mit Philipp Burger im Jahr 2000 in der Nazi-Band Kaiserjäger. Auf dem Cover ihres ersten Demos prangte das Keltenkreuz und viele Songtexte waren ausländerfeindlich und rechts. Philipp Burger tut diese Episode heute als eine Art Jugendsünde ab. 
 

Auf dem Freiwild-Label" Rookies & Kings" ist in diesem Jahr aber auch das zweite Album „Alles voller Wut“ der Band „Stunde Null“ erschienen. Die Barbianer Deutschrockband dürften den Namen nicht von ungefähr gewählt haben. Mit der „Stunde Null“ wird die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht vom 8. Mai 1945 und der Zusammenbruch des NS-Staates bezeichnet. Nome est omen?
Noch umstrittener ist die politische Positionierung allerdings bei einem anderen „Rookies & Kings“-Künstler. In dem jetzt veröffentlichten Promovideo  wird auch das sechste Album der österreichische Band „Wiens No. 1“ angekündigt, das im Frühjahr 2020 erscheint.
Sänger Stefan Putnik ist als Rechter und als Mitglied des neonazistischen FC Austria-Fanclubs „Unsterblich“ bekannt. So war Putnik, der sich auf den rechten Arm den Schriftzug „Der Auserwählte“ tätowieren ließ, zusammen mit seinem Bekannten Roman Popovits im September 2011 am Trauermarsch am für den verstorbenen Neonazi Uwe Baar beteiligt.
 
 
Dabei zeigte Popovits den Hitlergruß und andere den nach dem deutschen Neonazi bezeichneten Kühnengruß (mit drei abgespreizten Fingern). 
"Wiens No 1" traten im vergangenen Jahr auch beim Alpenflair-Festival in Natz auf.
Diese Details hat der Sänger von Freiwild und Labelboss in seiner Philippika wohlweislich vergessen.