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Berufung top secret

Der Landtag darf nicht wissen, wen die Freie Universität Bozen in den vergangenen fünf Jahren zum Professor berufen hat. Die Beförderungen fallen unter den Datenschutz.
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Foto: unibz
Die Datenschutzbestimmungen sind ein Geschenk des Himmels.
Will man eine Information nicht herausrücken oder will man vermeiden, dass jemand all zu genau hinter die Kulissen schaut, findet sich ganz sicher ein Passus im italienischen Datenschutzgesetz, der sich anwenden lässt. Salto.bz hat bereits mehrmals auf die extensive Auslegung der Datenschutzbestimmungen in der Südtiroler Landes- und den Gemeindeverwaltung hingewiesen, die jede Transparenzbestimmung ad absurdum führen.
Jetzt gibt es einen neuen eklatanten Fall, der deutlich macht, welchen Missbrauch man hier treibt.


Die Anfrage

 
Die sechs Landtagsabgeordneten des Team K haben Anfang Dezember in einer Landtagsanfrage zur Freien Universität Bozen (FUB) zwei einfache Fragen gestellt. Die Abgeordneten wollten wissen:
 
  • Wie viele Berufungen hat es an der FUB gegeben? Bitte um Auflistung aller Berufungen aus dem In- und Ausland der letzten fünf Jahre mit Angabe des Nachweises der wissenschaftlichen Qualifikation (Publikationen laut ANVUR— Kriterien) und Angabe der Universitäten, von denen diese Professorinnen und Professoren an die FUB berufen wurden;
     
  • Wie viele interne Beförderungen hat es an der FUB gegeben? Bitte um Auflistung aller Forscher und Professorinnen der Freien Universität Bozen, die in den letzten fünf Jahren mittels Beförderungen aufgestiegen sind, inklusive Angaben zum Nachweis ihrer wissenschaftlichen Qualifikation und der erforderlichen Sprachkompetenzen.
 
Zwei klare Fragen, die eigentlich auch einfache Antworten in Form von Daten und Fakten nach sich ziehen sollten.
Nicht so in Südtirol.
 

Die Antwort

 
Vergangene Woche trudelte die Antwort auf die Landtagsanfrage ein. Unterzeichnet von Landeshauptmann Arno Kompatscher und bearbeitet vom Direktor der Abteilung „Innovation, Forschung, Universität und Museen“, Vito Zingerle, ist sie eine Gustostückerl dieses Missbrauchs der Datenschutzbestimmungen.
In den letzten fünf Jahren hat es an der unibz insgesamt 52 Berufungen von Professoren/Professorinnen und Forschern/Forscherinnen auf Planstelle gegeben. 3 Professoren/Professorinnen und Forscher/Forscherinnen waren zum Zeitpunkt ihrer Berufung bereits an der unibz tätig. Die restlichen wurden aus folgenden Universitäten berufen“, schreibt das Duo Kompatscher/Zingerle. 
 
 
Es folgt eine lange Liste von 42 in- und ausländischen Universitäten und Hochschulen aus denen die Bozner Professoren berufen wurden.
In der Antwort heißt es: „Die Berufung der Professoren/Professorinnen und Forscher/Forscherinnen und der Nachweis der wissenschaftlichen Qualifikation erfolgt gemäß der beigeschlossenen internen „Regelung für die Berufung von Professoren auf Planstelle, Stiftungsprofessoren, namhaften Professoren und von Forschern mit befristetem Arbeitsvertrag“. 
In der Antwort wird auch die Frage nach den Uni-internen Beförderungen beantwortet. „In den letzten fünf Jahren sind 38 Professoren/Professorinnen und Forscher/Forscherinnen mittels internem Bewertungsverfahren befördert worden“, heißt es. 
Dann aber folgt ein Zusatz, der sowohl der parlamentarische Kontrollfunktion wie auch dem Transparenzgedanken einer öffentlichen Bildungseinrichtung augenscheinlich zuwiderläuft.
Die Identität der beförderten Professoren/Professorinnen und Forscher/Forscherinnen wird aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt“, heißt es in der Kompatscher-Antwort.
Das heißt: Selbst ein Landtagsabgeordneter darf nicht wissen, wer aus einer öffentlichen Ausschreibung heraus oder wer durch den Sonderweg der internen Beförderung zum Uniprofessor gemacht wurde und mit öffentlichen Steuergeldern des Landes recht fürstlich bezahlt wird.
Wahrscheinlich wird man demnächst auch das Vorlesungsverzeichnis als „top secret“ klassifizieren.