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TECHNO.logy: Daniel Trüb Schallrauch

Wir begeben uns auf die Suche nach den Anfängen des Techno in Südtirol. Heute: Daniel Trüb Schallrauch, DJ und seit langen Jahren Techno-Producer aus dem Pustertal.
Daniel Trüb Schallrauch: Promo-Pic aus dem Jahr 2012.
Foto: Archiv: rhd
Daniel Trüb Schallrauch: Promo-Pic aus dem Jahr 2012.
Daniel Mairvongrasspeinten ist Daniel Trüb Schallrauch: Promo-Pic aus dem Jahr 2012. Foto: Archiv: rhd

 

Techno hatte um die Jahrtausendwende auch Südtirol überrollt. Plötzlich war es die Musik der Stunde. Jede/r hörte es, auch jene, die noch kurz davor dem Grunge-Virus verfallen war.

Jenseits von diesem Mainstream-Hype hat Techno hier in der Provinz bereits stattgefunden, freilich unter Ausschluss der großen Öffentlichkeit, in einigen Diskotheken des Landes und im so genannten Untergrund. Einer, der in jener Zeit bereits aktiv war, ist Daniel Mairvongrasspeinten aus Pfalzen, der Mitte der Neunziger Jahre zum ersten Mal in Kontakt mit dieser Musik kam. Es war die Zeit, als das „Max” in Brixen sonntags, vom Nachmittag bis in den späteren Abend, für das junge Publikum geöffnet hatte.

Daniel: „Damals haben sie Underground Progressive gespielt, das war sehr langsamer Techno, nicht melodiös und sehr undergroundig gehalten. Es war in etwa wie Gigi D’Agostino’s ‚Lento violento‘, nur etwas schneller und härter. Mir hat das damals sehr gut gefallen. Das hat bei mir gleich gegriffen … die Kick-Drum, die offenen Hi-Hats … und das auf einer richtigen großen Anlage.

Damals hatte das Label Media Records von Gianfranco Bortolotti sehr viel veröffentlicht und eines der Unterlabels war BXR-Records von Mauro Picotto. Auf diesem Label sind die ersten Mediterranean Progressive-Sachen erschienen. Das war richtig geiler Techno. Und damit habe ich angefangen, intensiv Platten zu kaufen, das war 1997/1998. Ich war der Erste, der sie bei ‚Studio Music‘ in Bozen gekauft hat.”

 

Techno auf Vinyl: Daniel Mairvongrasspeinten als DJ Danny Vinyl im Jahre 2003.
Techno auf Vinyl, Techno mit Vinyl: Daniel Mairvongrasspeinten als DJ Denny Vinyl im Jahre 2003. Foto: Archiv Daniel Mairvongrasspeinten

 

Beginnen wird also mit dem DJ: „Ich habe immer schon aufgelegt, seit ich 14 war, also 1994, aber von BXR habe ich dann alles gekauft und natürlich auch aufgelegt, weil ich immer das auflege, was mir gefällt. Es sind dann immer mehr Sachen aus dieser Richtung erschienen, und nachdem Mauro Picotto mit ‚Komodo/Save A Soul‘ einen Hit hatte, hat die Techno-Szene in Italien richtig Schwung bekommen. Neue Labels sind wie Pilze aus dem Boden geschossen und es sind sehr viele Sachen erschienen.”

In Südtirol war er es jedoch sehr schwer, diese Musik unter die Leute zu bringen. Mairvongrasspeinten hatte u.a. Events im „Sportcenter” in Sand in Taufers auf die Beine gestellt, in „Keils Windmühlkeller” in Olang, er hat im „Time Out” in Brixen aufgelegt oder eine „Radio Holiday Clubnight” im „Max” in Brixen bespielt. Aber trotz namhafter Gäste an den DJ-Pulten – wie etwa Chris Liebing –, „war es mühsam”, wie er sich erinnert. In jenen frühen Techno-Tagen waren neben Daniel noch Davide Piras und DJ Raff (Martin Tasser) im Namen des Techno unterwegs.

 

Ein Tool mit Klassikerstatus, nicht nur im Techno: Daniel Trüb Schallrauch mit einer Roland MC-303, lange bevor er völlig auf Software umsteigen sollte.
Kam 1996 auf den Markt und hat längst Klassikerstatus, nicht nur im Techno: Daniel Trüb Schallrauch mit einer Roland MC-303, lange bevor er völlig auf Software umsteigen sollte. Foto: eventguide.it

 

Daniel, der sich in den ersten Jahren noch u.a. Denny Vinyl nannte und sich erst nach einigen Jahren auf Daniel Trüb Schallrauch als Künstler festlegte: „Niemand kannte die Stars aus dieser Richtung und die Feten liefen immer schlecht. Nur die Hardcore- und Hardstyle-Feten hatten immer viele Leute. Ich war dann immer wieder off. Ich habe Mega-Anschisse bekommen von den Chefs der Diskotheken, weil keine Leute gekommen sind. Das war eine schwere Zeit.”

Erschwert wurde sein Bemühen die Saat des Techno zu säen zusätzlich dadurch, dass er selten bis kaum von anderen Organisatoren in deren Techno-Feten mit einbezogen wurde.

„Das hat mich wirklich erzürnt”, bringt er es auf den Punkt, und der Zorn ist nach wie vor spürbar, wenn er von dieser Zeit erzählt.

Was die Promo in Pre-Internet-Zeiten betraf, so erinnert sich Daniel, legten die Diskotheken vor allem Wert darauf, dass die Plakate wenige Wochen vor dem Event in der Location selbst ausgehängt wurden. Den Rest erledigte die so genannte Mund zu Mund-Werbung. „Und für die illegalen Raves haben wir immer kleine Flugzettel gemacht, die von der Größe her genau in die Brieftaschen passten.”

 

Die „Halle28” in Bozen war ein wichtiger Bezugspunkt für die hiesige elektronische Musik:   Trüb war 2012 Teil des Lineups der Fete zum 5. Geburtstag von Christian Guflers Pressure Events.
Die „Halle28” in Bozen war ein wichtiger Bezugspunkt für die hiesige elektronische Musik: Trüb war 2012 Teil des Lineups der Fete zum 5. Geburtstag von Christian Guflers „Pressure Events”. Grafik: Halle28 / Foto: Archiv rhd

 

Aber es gab auch durchwegs positive Erfahrungen in seiner mittlerweile sehr langen Laufbahn als Techno-Producer und DJ. Einer dieser Lichtblicke war die von ihm organisierte Techno-Stage innerhalb der zweiten Ausgabe von „Crazy Castle” am Schlossberg in Bruneck 2014: „Das war die einzige Fete, die wirklich gut gelaufen ist.”

Und es gab einige wenige Locations die Techno gekonnt zelebrierten. Daniel verweist darauf, wie wichtig für die hiesige Techno-Szene u.a. die „Halle28” in Bozen war und die von Christian Gufler und seinen „Pressure Events” organisierten Feten. Daniel: „Das waren geile Techno-Events, das würde hier in der Pampa nicht funktionieren. Hier bei uns lief immer Goa sehr gut, aber auch das ist mittlerweile etwas zurückgegangen.”

 

Unterliegt einer ständigen Veränderung: Daniel Trüb Schallrauch in seinem Studio 2012.
Unterliegt einer ständigen Veränderung: Daniel Trüb Schallrauch in seinem Studio 2012. Foto: rhd

Der Techno-Producer

Feten waren ein wichtiger Bestandteil für das Techno-Dasein von Mairvongrasspeinten, nicht weniger wichtig war und ist nach wie vor sein Studio. Daniel: „Ich habe parallel immer eigene Tracks gemacht, weil ich damals der Überzeugung war, wenn ich erst einmal bei einem richtig guten Label unterkommen würde, dann würde ich auch zu mehr Auftritten kommen.”

Dem war aber nicht so und mit dem Blick und der Erfahrung von heute zieht er den Schluss: „Was man wirklich braucht, ist eigentlich ein Management.”

Anfangs habe ich damit nur Lärm gemacht und damit im Zimmer herumgespielt und meine Eltern genervt.

Doch zurück zu den Anfängen und einem einfachen Keyboard, das ihm sein Vater 1994 geschenkt hatte: „Anfangs habe ich damit nur Lärm gemacht und damit im Zimmer herumgespielt und meine Eltern genervt. Ich bin dann in den Keller gezogen und habe mich dort eingerichtet.”

Das Studio befindet sich nach wie vor in diesem Keller und dort sind seither sämtliche Tracks entstanden, die Daniel als Daniel Trüb Schallrauch veröffentlicht hat. Und in diesem Studio hat er unzählige Stunden damit verbracht, an seinen Track zu arbeiten.

Dort entstanden etwa die Tracks zur EP „New Time”, die 2015 über das Berliner Label Ragnarøk Records erschienen ist, eine EP, auf die Daniel mit Stolz zurückblickt.

 

Techno aus dem Pustertal: „Druckschall (Original Mix)” von Daniel Trüb Schallrauch erschien 2015 auf der EP „New Time”. YouTube-Release: Ragnarøk Records Berlin

 

Und dort entstehen zum Teil auch die Tracks für sein aktuelles Projekt 2717, das er vor drei Jahren mit dem Brunecker DJ Andrè Sunrise ins Leben gerufen hat.

Beim jüngsten „Update” seines Studios hat er sämtliche Keyboards, Drum-Machines, Midi-Controller und ähnliche Geräte entfernt, weil er sie zum Produzieren seiner Musik nicht mehr braucht und ausschließlich mit der Software Ableton Live und diversen VST-Instrumenten arbeitet.

Für seinen Liveset, splittet Daniel seine Tracks auf acht Spuren und mischt diese dann live: „Auch wenn es nicht zu 100% live ist, sehe ich mich deswegen dennoch als Liveact.”

„Nach all den Jahren liegt mein Material jetzt auf vier Festplatten. Ich arbeite nur mehr mit Samples, wie Fatboy Slim oder Daft Punk, die das auch viel machen. Die Musik ist so kurzlebig, warum sollte ich drei Monate an einem Song arbeiten? Ich mach das in drei Tagen, oder manches Mal auch in einer halben Stunde.”

Es mag alles gut produziert sein, aber Deep House ist eierlos. Ich mag es, wenn Action drinnen ist.

Apropos Kurzlebigkeit in der Musik: „Vor sieben oder acht Jahren”, erinnert sich Daniel, „gab es einen Hype hier bei uns in Bruneck: Deep House. Es mag alles gut produziert sein, aber Deep House ist eierlos. Ich mag es, wenn Action drinnen ist.

Soweit ich das wahrgenommen habe, war in der elektronische Musik bei uns immer Hard Trance, Hardstyle und Hardcore … und Electro, mit den verrückten Electro-Melodien. Die ‚I Love Electro‘-Festivals sind immer sehr gut gelaufen.”

Aber auch dieser Boom ist nach einigen erfolgreichen Jahren abgeflaut. Und Daniel stellt der gegenwärtigen Situation der elektronischen Musik im Pustertal kein gutes Zeugnis aus: „Wenn man heute ausgeht, dann läuft überall nur mehr Après-Ski- und Ballermann-Musik. Das ist mir völlig unverständlich. Neulich hat ein DJ, der früher Trance aufgelegt hat – den Namen will ich nicht nennen – hier in Bruneck zum ersten Mal Techno aufgelegt, im ‚Gassl‘. Aber die Leute fühlen den Techno nicht wirklich. Das war kommerzieller Techno, den niemand wirklich braucht.”

Dass dem so ist, hat seinen Grund u.a. darin, dass es nach wie vor die Clubchefs sind, die in den meisten Fällen bestimmen, welche Musik gespielt wird. Die DJ’s wollen und brauchen die Auftritte und passen sich an, bzw. liefern was gewünscht wird.

Daniel: „Ich finde das sehr schade. Ein DJ ist ein Künstler und sollte sich entfalten können. Das würde auch Abwechslung schaffen. Und was ist die Folge davon? Wenn früher auch älteres Publikum da war, so sind es heute nur mehr die ganz jungen, die 16- bis 20-Jährigen, die zu den Feten kommen, weil für sie die Melodien noch einigermaßen neu sind, die wir schon lange nicht mehr hören können. Zudem haben ja eigentlich die Älteren die Knete. Früher war das alles ein wenig anders. Es ist schade, dass das Nachtleben nur mehr auf die Jungen zielt.”

Dabei zieht das Interesse an Techno seit wenigen Jahren wieder an. In Deutschland öffnen neue Clubs, Dark-Techno lockt DJ’s und Producer von anderen Genres zu sich und, um lokal zu bleiben, auch in Gais, während einer großen Fete vor etlichen Wochen, wurde Techno gespielt. Und, wie Daniel unterstreicht, „auch private Techno-Feten finden nach wie vor statt”.

Daniel Trüb Schallrauch ist sich über all die Jahre hinweg treu geblieben, das gilt auch für das Jahr 2021, denn befragt, warum er in Gais nicht mit seinem aktuellen Projekt 2717 gespielt hat, antwortet er: „2717 ist 130bpm Acid-Techno. Wir hätten nicht ins Programm gepasst, das war eher schneller Techno, um die 140bpm.”

 

2717
Daniel Trüb Schallrauch und Andrè Sunrise: Praktizieren und produzieren Acid Techno unter dem Projekt 2717. Foto: 2717

 

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