Bühne | Theater

Eine Bühne so groß wie sie

„Die Nacht so groß wie wir“ bringt unter Regie von Eva Kuen elf Jugendliche auf die Studiobühne des Stadttheaters. Ihr Schritt ins Erwachsenenleben führt zum Spektakel.
Die Nacht so groß wie wir
Foto: Anna Cerrato
  • Tolga, Maja, Pavlow, Suse und Bo treffen sich im Stamm-Schulschwänz-Lokal, der „Penne“, um sich auf eine Nacht vorzubereiten, die für sie ein Eintrittsritual zum Rest des Lebens ist, zu gleichen Teilen eine rauschende Party und eine Konfrontation mit den eigenen „Monstern“. Man muss gefressen werden um dann neu geboren zu werden. So kündigen sich im Stück nach Sarah Jägers Jugendroman die Ereignisse um und auf einer Maturaparty an.

    In Zusammenarbeit mit dem Theaterpädagogischen Zentrum inszenieren die VBB „Die Nacht so groß wie wir“ als Materialschlacht, es werden alle Register gezogen, besonders im wandelbaren Bühnenbild, das von Sara Burchia geschaffen wurde, beim Licht (Tobias Demetz) und in Musik, Musik, Muisk. Man merkt, dass hinter der Bühne ein gewisser Erfahrungsschatz genutzt werden konnte, auf den man als Teenager noch kaum Zugriff haben dürfte. Regisseurin Eva Kuen und ihr Team realisieren ein Stück das bunt, laut und dann auch wieder zart sein kann.

  • Die Nacht so groß wie wir: Trotz Monstern, oder in Anbetracht von diesen, muss auch der Spaß auf der Bühne Platz finden. Foto: Anna Cerato

    Die elf jungen Schauspieler:innen teilen sich fünf große, sowie eine Handvoll kleine Rollen auf: Jonathan Enrich und Victoria Lunger spielen Tolga, in die Rolle der Maja schlüpfen Hannah Psenner und Anna Sofie Schenk, Sahra Kafmann und Samuel Lechner geben Pavlow, Salome Moerl und Sara Stieler mimen Suse und Heidi Pichler, Greta Stoffner und Miriam Trockner teilen sich den Part des Bo, der als einziger die Matura nicht geschafft hat.

    Somit ist auf der Bühne gleich doppelt so viel los und das Erzählen der Partysituationen ist um ein Vielfaches glaubhafter. In Neonfarben gibt das Stück, nach und nach die Geheimnisse preis, die auch in der Freundesgruppe verborgen bleiben. Dabei zeigt sich, dass auch wenn für Bo und Co. die Hauptsorge ist, dass sich nach dem Sommer fünf Freunde auf drei Kontinente verteilen werden, bereits zuvor Spannungen unter der Oberfläche existierten, die zu einem Bruch in der Freundschaft führen könnten. Werden sie gemeinsam die Nacht voller Monster überstehen?

    Um sich ihre „Krokodils-Haut“ zu verdienen - ein weiteres Bild aus dem rituellen Kontext - müssen sich die Jugendlichen, die mit bittersüßem Gefühl Erwachsene sein möchten, jeder und jede den eigenen, persönlichen Ängsten stellen. Hier wollen wir dem Stück, das mit diesen Themen sorgsam umgeht nicht vorweg greifen.

    Dabei ist die Inszenierung hintergründig durchaus auch kritisch, was diese Fantasie vom Erwachsenwerden auf einen Schlag anbelangt und die Gefühle, Handlungen und Worte der Jugendlichen stehen noch auf der Schwelle. Wir haben es mit Zwischenwesen der Literatur oder Hormonküche zu tun, die manchmal ein wenig altklug auf den Grund der Dinge blicken und mal in ihrer Gefühlsentwicklung noch nicht am Ziel angekommen sind. Im Zwiespalt der Jugend findet sich auch das Stück, zwischen lauten und leisen Momenten abwechselnd.

  • Die Nacht so groß wie wir: Salome Moerl (in gelb) konnte sich, wie auch Pavlow-Darsteller Samuel Lechner in besonderer Weise hervortun und spielte ausgesprochen souverän. Foto: Anna Cerrato

    Große Gefühle verlangen dabei auch einmal, zweimal zu oft und damit etwas inflationär nach großen Bildern, die zu Alternative Pop in Zeitlupe ablaufen. Immer wenn man gerade das Gefühl hat, eines dieser durch-choreographierten Tableau Vivants würde einen Ticken zu lange dauern, hat man noch einmal eine Überraschung parat und treibt es etwas weiter auf die Spitze und im Publikum ertappt man sich beim Lächeln.

    Bei all dem sichtlichen Spaß, den die Jugendlichen auf der Bühne haben dürften - denn es sieht ganz danach aus - ist „Die Nacht so groß wie wir“ sicher auch für sie ein schweres Stück Arbeit gewesen, zu dem gratuliert werden kann. Die Jungdarsteller:innen machen ihre Sache gut, teilweise sehr gut und einer Versetzung im Herbst dürfte nichts im Wege stehen. 

    Zuvor stehen aber noch einige Schulvorführungen und auch zwei Termine für ein erwachsenes Publikum auf dem Programm. Neben Denkanstößen und rauschenden Bildern ist es auch einfach nur schön, mit 90 Minuten Theater gut unterhalten zu werden, in denen die Rollen von Maturanten mal nicht von Personen gespielt werden, die schon Krähenfüße und „Krokodils-Haut“ haben.

  • Die Abend-Premiere von „Die Nacht so groß wie wir“ ist morgen Sonnabend um 18 Uhr. Ab 17.15 Uhr besteht die Möglichkeit einer Stückeinführung beizuwohnen. Die zweite Möglichkeit sich das Stück abends anzusehen hat man am kommenden Samstag, ab 20 Uhr auf der Studiobühne des Bozner Stadttheaters. Tickets und Schultermine finden Sie hier.