Politik | Vinschgau

Innovation auf Südtirolerisch

Drususkaserne in Schlanders: Die Auflagen zum Denkmalschutz und der Rekurs der Gemeinde zeigen, woran die nachhaltige Sanierung von Altbau hierzulande scheitert.
BASIS Vinschgau Venosta
Foto: Samuel Holzner
  • Auf dem Areal der Drususkaserne in Schlanders geht es um Baurechte von 15 bis 20 Millionen Euro. Gegen die neuen Auflagen des Denkmalschutzes hat die Gemeinde Schlanders kürzlich beim Verwaltungsgericht Bozen Rekurs eingereicht. Der erste Verhandlungstermin hat bereits stattgefunden, der zweite soll im Juni folgen. „Neues gibt es derzeit noch nicht zu berichten“, erklärt Bürgermeister Dieter Pinggera. Sein Ziel ist eine gänzliche Aufhebung der Auflagen. Gewinnt die Gemeinde, würde dem Abriss und Neubau auf dem Areal – bis auf die Gebäude des Kultur- und Innovationszentrums BASIS – nichts mehr im Weg stehen.

    In der Gemeinde Schlanders steht noch ein weiterer Termin bezüglich Kasernenareal an: Im Mai sollen Michael Rollmann und Gina Braun im Gemeinderat ihre Diplomarbeiten zum Areal vorstellen. Die Einladung dürfte allerdings reinen Symbolcharakter haben. Schließlich lässt der Rekurs keinen Zweifel daran, dass der Bürgermeister im letzten Jahr seiner dritten Amtsperiode das Bauprojekt umsetzen möchte. 

    Rollmann und Braun schlagen hingegen das Gegenteil vor. Die Beiden studieren an der Technischen Universität Wien und haben letztes Jahr an einem Workshop der BASIS teilgenommen. Studierende mehrerer Universitäten beschäftigten sich dort mit der Neunutzung des Areals, ohne aber die alte Bausubstanz abzureißen. Eine Alternative, die Pinggera in Vergangenheit als zu kostspielig beurteilt hat. 

  • Michael Rollmann: „Die Folgekosten für zukünftige Generationen durch den Ressourcenverbrauch und den Ausstoß von Emissionen müssen bei der Bewertung des Projekts berücksichtigt werden.“ Foto: privat

    „Eine seriöse Schätzung für die Kosten einer Sanierung ist derzeit noch nicht möglich“, gesteht Rollmann. „Um für die Gemeinschaft ein wirtschaftliches Umbauprojekt umzusetzen, wäre es beispielsweise aber möglich, dass auch auf Eigenleistung und Partizipation gesetzt wird, oder man zum Beispiel Akteure wie die benachbarte Berufsschule mit einbezieht.“ Außerdem schlägt der Architekturstudent vor, dass die robuste Bausubstanz so weit wie möglich erhalten bleibt und für den Umbau samt Erweiterungen lokale Materialien wie Vollholz und Hanfziegel verwendet werden. 

    Die Vorstellung der Diplomarbeiten aus Wien kommt zu einem denkbar ungeeigneten Zeitpunkt – die Machbarkeitsstudie zum Projekt wurde schon im Jahr 2017 präsentiert. „Zu diesem Zeitpunkt war Nachhaltigkeit noch kein so großes gesellschaftliches Thema wie heute. Trotzdem würde auch die Drususkaserne die Möglichkeit bieten, in Südtirol eine Kultur des Umbauens zu fördern. Es geht nicht darum, bestehenden Gebäuden einen Neubaustandard überzustülpen, sondern das Vorhandene ressourcenschonend an die künftigen Bedürfnisse anzupassen. Damit kann auch die historische Bedeutung des Areals transformiert werden.“ 

    Der Bausektor ist für 37 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich, zu diesem Ergebnis kommt ein im vergangenen September veröffentlichter Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) und der US-Universität Yale. Die Empfehlung lautet, den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu senken, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und Altbauten neu zu nutzen. Das betont auch Rollmann: „Die Folgekosten für zukünftige Generationen durch den Ressourcenverbrauch und den Ausstoß von Emissionen müssen bei der Bewertung des Projekts berücksichtigt werden.“ 

  • Dieter Pinggera: „Die Gemeinde hat bereits eine starke Vorleistung gebracht, dazu gehört der Ankauf des Areals im Jahr 2013 mit rund 2 Millionen Euro sowie die Förderung der BASIS mit 3,5 Millionen Euro.“ Foto: Facebook/Dieter Pinggera

    Das bereits 2018 von der Landesregierung genehmigte Public Private Partnership (PPP)-Projekt soll vor allem die Kosten der Gemeinde decken, argumentiert hingegen Pinggera: „Die Gemeinde hat bereits eine starke Vorleistung gebracht, dazu gehört der Ankauf des Areals im Jahr 2013 mit rund 2 Millionen Euro sowie die Förderung der BASIS mit 3,5 Millionen Euro.“ Hinzu kommen 1 Million Euro für die Projektentwicklung und rund 5 Millionen Euro für zukünftige Infrastrukturarbeiten auf dem Areal, etwa für Abriss, Straßenbau, Verlegung von Wasserleitungen und Anschluss an das Fernheizwerk. 

    Das Bauprojekt umfasst rund 150 Wohnungen, 55 Prozent davon sind geförderter Wohnbau, die übrigen Wohneinheiten werden zu 60 Prozent konventioniert. Auch eine Erweiterung der Berufsfachschule für Metalltechnik und Geschäftseinheiten sind geplant. Die Umsetzung soll innerhalb von 15 bis 20 Jahre über drei Bauphasen erfolgen. 

    Damit wird der Fall Drususkaserne zu einem Vorzeigebeispiel, wie Südtirol mit innovativen Ideen umgeht, die nichts mit Künstlicher Intelligenz und App-Entwicklung zu tun haben, sondern mit der Sanierung von Altbau auf ressourcenschonende und partizipative Weise. Die Unterschutzstellung von Teilen des Areals – die Marmorfassade des zum Teil abgerissenen Kommandogebäudes, die ehemals enteignete, historistische Villa Wielander, die noch bestehenden Wachtürme sowie Teile der Umfassungsmauer – kommen einer Kompromisslösung gleich, die weder den Bürgermeister zufriedenstellt noch die Initiativgruppen „Raum für morgen“ und die „Initiative Drususkaserne“ in der Gemeinde.