Politik | Tourismus

Köllensperger – ein Spalter?

Zwischen dem HGV und dem Team K fliegen momentan die Fetzen. Paul Köllensperger will eine höhere Tourismussteuer – „eine bewusste Provokation“, schimpft Manfred Pinzger.
Köllensperger, Paul
Foto: Seehauserfoto
  • Bereits im Vorfeld zum Beschlussantrag „Südtirols Natur generiert Reichtum. Alle müssen was davon haben“, der von Team K-Chef Paul Köllensperger eingebracht wurde, sind die Wogen hochgegangen. Darin forderte Köllensperger eine höhere Abgabe seitens der Touristen – durchschnittlich sollten die Gäste rund zehn Euro berappen. Im Gespräch mit SALTO hatte HGV-Präsident Manfred Pinzger diesen Vorschlag als regelrechten „Schmarrn“ bezeichnet. Nach der Abstimmung im Landtag, der Antrag des Team K wurde mit 16 Ja-Stimmen und 16 Nein-Stimmen abgelehnt, legt der Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) in einer Presseaussendung, in welcher der Verband mit Bedauern und Erstaunen die Haltung des Abgeordneten Paul Köllensperger zum Gastgewerbe und zum Tourismus zur Kenntnis nimmt, noch ein Scheit nach. Der Vorwurf dabei ist heftig: Paul Köllensperger wolle die Gesellschaft spalten und der Beschlussantrag sei Ausdruck der Geringschätzung gegenüber den familiengeführten Beherbergungs- und Gastbetrieben. 

  • HGV-Präsident Manfred Pinzger: „Er wirft unsere Betriebe in einen Topf mit internationalen Konzernen, die geschickt Steuerzahlungen vermeiden und sich nicht an den Kosten der Gesellschaft beteiligen.“ Foto: HGV

    „Er wirft unsere Betriebe, die zum Wohlstand Südtirol maßgeblich beigetragen haben und das immer noch tun, die Wertschöpfung für andere Sektoren generieren, die Arbeitsplätze schaffen und die Steuern und Abgaben zahlen, in einen Topf mit internationalen Konzernen, die geschickt Steuerzahlungen vermeiden und sich nicht an den Kosten der Gesellschaft beteiligen“, so HGV-Präsident Manfred Pinzger, der seinerseits Köllensperger vorwirft, mit seinen Äußerungen in den Medien bewusst zu provozieren, um auf dem Rücken anderer politisches Kapital zu schlagen. Gleichzeitig nehme Köllensperger in Kauf, die Gesellschaft in Südtirol zu spalten. Vorgeworfen wird dem Team K-Chef zudem Unkenntnis über die wirtschaftlichen Zusammenhänge in Südtirol. So sagt HGV-Direktor Raffael Mooswalder über Köllensperger, dass dieser das Bild vermittle, allein die Hoteliers würden sich persönlich bereichern. „Abgesehen von den zahlreichen Arbeitsplätzen, die der Sektor schafft, haben wir in Südtirol tausende Betriebe, die direkt vom Tourismus abhängen: vom Handel, dem Großhandel, über das Handwerk und das Bauhandwerk bis zum Dienstleistungssektor, der Landwirtschaft und der Freizeitwirtschaft“, betont Mooswalder, der auf das bereits bestehende Landesgesetz vom 16. Mai 2012 verweist. Dieses regle nicht nur die Gemeindeaufenthaltsabgabe, sondern ermögliche auch die Einführung einer Landestourismusabgabe, die von Wirtschaftstreibenden jener Sektoren eingehoben werden könnte, die besonders vom Tourismus profitieren wie beispielsweise Gastwirte, die Betreiber von Skipisten oder von Aufstiegsanlagen, Ski- und Snowboardschulen, die Handelstreibenden in Tourismusorten, die Reiseveranstalter auf Landesgebiet und die Verleiher von Sportgeräten. Wie HGV-Präsident Pinzger betont, erkenne das Land Südtirol damit sehr wohl die enge Verflechtung des Tourismus mit anderen Branchen und die Vorteile des Tourismus an. Man sei durchaus bereit, die Thematik weiter zu vertiefen, dafür müssten allerdings aktuelle Zahlen und Daten auf den Tisch, aus denen ersichtlich ist, in welchem Maß der Tourismus zur Wertschöpfung beiträgt. Ein erster Schritt in diese Richtung sei die Aktualisierung des sogenannten Tourismussatellitenkonto des ASTAT. Bereits vor einigen Wochen habe man das Wirtschaftsinstitut der Handelskammer ersucht, die Studie zu aktualisieren, um zukünftig ohne „populistische und reißerische Rhetorik faktenbasiert diskutieren zu können“, so der HGV.

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Salto User
Cicero Mo., 13.05.2024 - 10:32

Ich möchte vorausschicken, dass ich meilenweit davon entfernt bin ein Paul Köllensperger Wähler oder Unterstützer zu sein, aber mit seinem Gedankenanstoß hat er schlicht und einfach Recht. Über die Umsetzung kann man diskutieren, okay, aber es gehört endlich gesagt, dass der Tourismus mittlerweile ein Ausmaß angenommen hat, das für die einheimische Bevölkerung oder zumindest Teile davon immer schwerer verkraftbar wird.

Kein normaldenkender Südtiroler würde negieren, dass der Tourismus einen beträchtlichen Beitrag zu unserem Wohlstand beigetragen hat und immer noch beiträgt. Aber er hat eben auch Schattenseiten, die man benennen darf und sogar muss. Der nervöse Aufschrei von HGV Seite in Form des Oberunsympathlers Pinzger (Achtung: Subjektive Meinung) zeigt, dass hier ein wunder weil wahrer Punkt getroffen wurde.

Wenn sich nicht schleunigst alle (neudeutsch) "Stakeholder" im Tourismus (HGV, IDM, Politik usw.) ehrlich machen und endlich auch die nicht ganz so positiven Begleiterscheinungen des Fremdenverkehrs in Südtirol benennen und aktiv versuchen unter Kontrolle zu bekommen, dann wird zwar weiterhin jedes Jahr ein neuer Nächtigungsrekord verkündet werden aber die Akzeptanz in der Bevölkerung wird schwinden und schwinden. Ob das der Sache guttut wage ich zu bezweifeln.

PS: Auf die familiengeführten Betriebe zu verweisen, die vermeintlich attackiert werden ist billig und polemisch. Damit soll das Bild des kleinen, biederen 2-3 Sterne Dorfgasthofs mit 40 Betten aus den 80er und 90ern transportiert werden in dem von den Großeltern bis zu den Enkelkindern alle fleißig mithelfen und für das Familienwohl schuften. Mittlerweile sind ein Gutteil dieser Familienbetriebe Luxushotels mit 40, 50 und mehr Mitarbeitern, 8 Saunen, 4 Poolanlagen und Skipiste auf dem Dach. (Achtung, auch Polemik)

Mo., 13.05.2024 - 10:32 Permalink
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J V Mo., 13.05.2024 - 10:49

Interessant, wie SBB und Hgv die Tatsachen verdrehen... meinen sie wirklich, dass es in Südtirol nur Dolomiten Leser gibt??

Mo., 13.05.2024 - 10:49 Permalink
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Salto User
nobody Mo., 13.05.2024 - 10:56

Es geht ja auch darum, dass Touristen Infrastrukturen nutzen, die der Steuerzahler bezahlt uns mitbezahlt hat, eine Landschaft nutzt, die von der Landwirtschaft erhalten wird. Glaube kaum, dass, bei entsprechend sinnvoller Gestaltung, das viele Touristen verschrecken dürfte.

Mo., 13.05.2024 - 10:56 Permalink
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Albert Pürgstaller Mo., 13.05.2024 - 11:59

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die öffentliche Diskussion seit "Flüchtlingskrise" und "Coronapandemie" entartet. Es scheint nur mehr verfeindete gesellschaftliche Lager zu geben, die sich waffenstarrend gegenüber stehen. Hier reiht sich auch der Tourismusverband seit einigen Jahren ein. Nachdem aber auch der Tourismus zu jenen gehört, die von der Allmende gar einiges für sich in Anspruch nehmen, muss es doch noch möglich sein - ohne einen Aufschrei zu provozieren - dass politische Vertreter im Rahmen ihrer politischen Mitgestaltung Vorschläge auf den Tisch legen, die diskutiert und nicht von vorne herein abqualifiziert werden. Diese demokratischen Grundrechte zerstören wir, wenn wir solche Auseinandersetzungen nicht mehr zulassen wollen.

Mo., 13.05.2024 - 11:59 Permalink
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Wolfgang Moser Mo., 13.05.2024 - 12:22

HGV, SBB, … solidarisches Denken wird durch Parasitengier ersetzt.
Unser aller Reichtum wird immer unverschämter geplündert. Nach uns die Sintflut!
Die Gemeinschaft fällt auseinander und es entstehen konkurrierende Horden von Blutsaugern, die, sobald nichts mehr von anderen geraubt werden kann, sich selber zerfleischen werden.
Dann wird ein neuer Tag kommen. Wie wird seine morgendliche Brise riechen?

Mo., 13.05.2024 - 12:22 Permalink
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Astrid Richter Mo., 13.05.2024 - 13:56

Ich kann dem Antrag von Team K-Chef Paul Köllensperger nur voll und ganz zustimmen. Es gibt einen Teil der Südtiroler Bevölkerung, die ihren Lebensunterhalt nicht im Bereich Tourismus erwirbt. Dadurch sind diese Menschen den negativen Folgen ohnmächtig ausgeliefert, ohne von den positiven Aspekten profitieren zu können. Ein minimaler Versuch der ausgleichenden sozialen Gerechtigkeit. Ich finde es beschämend, wie Herr Pinzger sich nicht einmal den Anschein gibt, verstehen zu können oder zu wollen.
Astrid Richter

Mo., 13.05.2024 - 13:56 Permalink
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Winfried Theil Mo., 13.05.2024 - 14:16

Wahrscheinlich wird diese Abgabe den overturismus nicht einschränken- siehe Eintrittsgeld für Venedig- aber es könnte eine Diskussionsgrundlage für die künftige Entwicklung unserer Hochpreislagigkeit mit seinen Auswirkungen ergeben.

Mo., 13.05.2024 - 14:16 Permalink
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Josef Ruffa Mo., 13.05.2024 - 14:25

Es gab schon einmal "unverschuldet Verschuldete" und Herr Pinzger dürfte sein Langzeitgedächtnis aktivieren und sich erinnern, dass seine Zunft stark unterstützt wurde.

Dann kam Covid, wieder wurde seine Zunft stark unterstützt und die "Krise" war so gross, dass man in den Bilanzen der HGV-Betriebe kaum Schatten feststellen hat können. Seltenst hat man in Krisenzeiten so gut gewirtschaftet.

Die nächste Krise kommt bestimmt, was dann, wieder diese Klientel finanziell unterstützen? Wenn laufend unterstützt wird, ist das Unternehmerrisiko eher ein Fremdwort.

Mehr Demut und Zurückhaltung würde gut tun, diese Begriffe sind vermutlich aber Herrn Pinzger fremd.

Mo., 13.05.2024 - 14:25 Permalink
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Salto User
lorenzo_remondini Mo., 13.05.2024 - 15:48

da non elettore del teamk dico che questa è una battaglia che può raccogliere molti consensi. Il pensiero che il turismo sia una ricchezza collettiva è semplicemente falso e ridurre la quota di visitatori mi sembra il minimo per garantire una qualità della vita a chi in AA ci vive. Mi meraviglio dei verdi: proprio loro dovrebbero stracciarsi le vesti su questo tema e dire che 10€ per notte non è abbastanza, anzi dovremmo DECIMARE il turismo mordi e fuggi (che causa anche un bel po' di emissioni).
-hotels +Alpitronic (o industria in generale)

Mo., 13.05.2024 - 15:48 Permalink
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Profil für Benutzer Albert Pürgstaller
Albert Pürgstaller Mo., 13.05.2024 - 19:28

Elinor Ostrom setzte sich auf wissenschaftlicher Basis mit der Frage auseinander, wie sich Menschen organisieren, um gemeinschaftlich komplexe Probleme zu lösen.
International bekannt wurde sie vor allem mit ihrem Buch "Die Verfassung der Allmende: Jenseits von Markt und Staat." in dem sie sich mit Problemen kollektiven Handelns bei knappen natürlichen Ressourcen, die gemeinschaftlich genutzt werden (Allmenden), beschäftigt. Sie war überzeugt, dass für eine angemessene und nachhaltige Bewirtschaftung von lokalen Allmenderessourcen in vielen Fällen eine institutionalisierte lokale Kooperation der Betroffenen zu überlegen sei. Dazu entwickelte sie acht "design principles," die eine erfolgreiche Bewirtschaftung von "common pool resources" ermöglichen. Sich damit rasch auseinanderzusetzen, kann ich den Verantwortlichen für den Bereich Tourismus nur wärmstens empfehlen, sollen größere Auseinandersetzungen in Zukunft vermieden werden.

Mo., 13.05.2024 - 19:28 Permalink