Arts | Mini-Ausstellungen

„Weg von dem, was 90% von Bozen macht“

Im Bekleidungsgeschäft für Vintage-Mode Anam, am Dominikaner-Platz in Bozen, stellt derzeit Peter Burchia aus. Wir haben mit ihm zu Kunst auf kleinem Raum gesprochen.
Peter Burchia
Foto: Hannes Ochsenreiter
  • Immer mehr Adressen im Einzelhandel oder Dienstleistungssektor setzen darauf, dass sie sich limitierten Raum - trotz den gerade in der Landeshauptstadt hohen Mietpreisen - mit den Werken oft junger und meist aufstrebender Künstler teilen. Nach einer Mini-Vernissage in dem mit Mode, Nippes und Kunst prall gefüllten Raum, haben wir den Künstler Peter Burchia, der im Vorfeld zu seiner neuen Ausstellung auf ein Tagebuch aus Bildern gesetzt hat, nach seiner Meinung gefragt. Ein Abstecher zu Ausstellungen in Bars, Optik-Läden und Friseursalons.

     

    SALTO: Herr Burchia, Im Bekleidungsgeschäft Anam werden 37 Tagebuchbilder von Ihnen ausgestellt, der Platz ist relativ begrenzt. Wie groß war die Reihe eigentlich und wie ist sie entstanden?

     

    Peter Burchia: Die eigentliche Reihe besteht aus 97 Bildern. Sie sind in einem Zug entstanden. Einerseits bin ich von Grund auf weniger ein Zeichner und hatte schon immer dazu tendiert, große Arbeiten zu gestalten. Ich mache das jetzt auch schon jahrelang, von dem her haben sich mein Körper und mein Kopf auch darauf eingestellt. Da kam ich in die Situation, in der ich einen Block vor mir hatte, im Format A4. Ich hatte lange nicht mehr an A4 gedacht. Natürlich, zum Schreiben oder für Kritzeleien, da war das ok, aber nicht für das Malerische. Da sagte ich mir, jetzt mache ich mal kleinere Arbeiten. Ich hatte nicht vorgehabt, eine Arbeit am Tag zu machen, das ist spontan so gekommen. Ich habe mir nicht gesagt, dass das Konzept ist, ein Tagebuch zu führen und den ganzen Tag nur das zu tun.

  • Ein Tagebuch: An einer Einleitung führt kein Weg vorbei. Im Türrahmen der Eingangstür baumelt ein A4-Blatt mit den Gedanken des Künstlers. Foto: SALTO

    Es hat sich so ergeben?

     

    Genau, ja. Die Bilder sind von der Früh bis spät in die Nacht hinein entstanden, weil es ja immer wieder Zeit zum Trocknen braucht. 

     

    Sie haben erwähnt, dass Sie erstmals seit längerem wieder im kleineren Format, auf A4 arbeiten. Wie ist das für Sie in Räumen auszustellen, wo man sich den Platz mit der eigentlichen, kommerziellen Nutzung eines Ortes teilt?

     

    Ich hatte mir eigentlich, für mich, vorgenommen, dass ich mal keine Ausstellungen mehr mache. Einerseits, weil ich mich stark für verschiedene Dinge einsetze, da ich immer hier in Bozen bin. Ich versuche, mich für Sachen einzusetzen, die gut für die Stadt sind und die mir auch selbst gut tun. Ich habe versucht, ein bisschen weg von dem zu kommen, was 90% von Bozen macht. Sara Lautizi kümmert sich auch darum und wenn ich in ihrem Geschäft bin, dann fühle mich als wäre ich in einer anderen Stadt.

     

    Für Sie ist das also partikulär? Sie hätten nicht in einem beliebigen kleinem Ausstellungsraum, etwa bei einem Friseur oder Optiker in Bozen ausgestellt? 

     

    Genau, es startet eigentlich schon bei dem Ort, den sie geschaffen hat. Das hat mich, als sie mich darauf angesprochen hat, dass sie gerne mehr Ausstellungen machen würde, dann schon motiviert. Aber wie Sie sagen, es geht um die Kombination mit dem, was das Geschäft eigentlich ist, also für die Arbeiten selbst, ist es natürlich nicht vorteilhaft…

  • Vernissage: „Gesteckt voll“ war es bei der Eröffnung der Ausstellung. Hier lauscht das Publikum den Grußworten des Künstlers. Foto: SALTO

    Die Bilder hängen nicht auf Augenhöhe…

     

    …es ist alles gesteckt voll, es gibt viele Farben, es ist eigentlich sehr schwierig. Mehr als um die Arbeiten selbst geht es darum, dass durch die Arbeiten etwas anderes entsteht. Es lässt sich wieder einmal eine Lizenz einholen, um das Geschäft bis 10 Uhr offen zu halten, Musik zu machen und eine eigene Situation zu kreieren. Das ist eigentlich die Ausstellung. 

     

    Da Sie ein recht ambivalentes Verhältnis zu Ausstellungen in solchen Räumlichkeiten zu haben scheinen, welchen Künstlern würden Sie dazu raten, wenn sie die Gelegenheit haben, im kleinen Raum auszustellen? Wem würden Sie eher davon abraten? 

     

    In kleinen Räumen? Gute Frage. Ich denke, für den, der anfängt, oder vielleicht noch nie eine Ausstellung gemacht hat, ist es einerseits eine Möglichkeit, aber andererseits, vielleicht als erste Erfahrung weniger geeignet. Es kann auch sein, dass man davon ein bisschen enttäuscht wird. Man muss bei solchen Sachen besonders die Erwartungen sehr niederhalten.

     

    Was gibt es Ihnen dann persönlich, wenn Sie sagen, man muss die Erwartungen niederhalten?

     

    Auf diese Ausstellung bezogen, bin ich schon damit an die Arbeit herangegangen. Also meine „Befriedigung“ war unter anderem, dass sich die Leute wohlfühlen, das war eigentlich schon alles.

     

    Wie glauben Sie ist allgemein die Situation in und um Bozen? Gibt es von diesen Gelegenheiten bereits genug, oder braucht es mehr davon? Sagt man sich, niederschwellige Angebote, bei denen jemand anfangen kann, braucht es immer?

     

    Von mir aus gesehen sind es wenige, die das wirklich machen. Aber ich glaube, Möglichkeiten gibt es immer. Man kann da auch selber viel ändern, kann an einen Ort gehen und seine eigene Vorstellung mitteilen. Einfach jemanden fragen, sagen dass man ein Geschäft cool findet und zeigen, was man hat. Das hat, glaube ich, beiderseitigen Nutzen. Und natürlich, viele Geschäfte, wo ich mir so etwas vorstellen kann, gibt es nicht.