Politik | Ladiner

„Ich wurde unter Druck gesetzt“

Ex-Lega-Landesrat Massimo Bessone über seinen Vorstoß zum Hissen der ladinischen Fahne und die Tatsache, dass er von der SVP gezwungen wurde, den Antrag zurückzuziehen.
Massimo Bessone
Foto: Facebook/Massimo Bessone
  • SALTO: Herr Bessone, der Regionalrat hat heute einen Beschlussantrag genehmigt, der einer amtlichen Einführung des ladinischen Fahne gleichkommt. Sie dürften froh darüber sein?

    Massimo Bessone: Ich bin sehr glücklich darüber. Denn die ladinische Volksgruppe ist in diesem Land eine sehr wichtige Gemeinschaft. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass diese Minderheit alle jene Rechte bekommt, die ihr zustehen. Wir müssen alles tun, dass die ladinische Volksgruppe ihre Bräuche und Traditionen erhalten kann. Dazu gehören auch eine eigene Fahne und das Recht diese öffentlich aushängen zu können.

    Der Beschlussantrag, der im Regionalrat angenommen wurde, dürfte Ihnen bekannt vorkommen?

    Ja. Ich haben vor rund einem Jahr diesen Beschlussantrag geschrieben und wollte ihn im Regionalrat vorlegen. Die ladinische Fahne wurde vom Faschismus verboten und es schien mir Zeit endlich, dieses Unrecht aufzuheben. Es war ein Grödner Lega-Assessor, der mich darauf aufmerksam gemacht und der die ganze Sache ins Rollen gebracht hat. Doch aus meinen Beschlussantrag ist am Ende nicht geworden, weil ich ihn zurückziehen musste. Als mich Paul Köllensperger dann gefragt hat, ob er diese Antrag übernehmen könne, habe ich sofort mit Freuden zugesagt.

  • Ladinische Fahne: Die SVP hat jahrzehntelang geschlafen Foto: Noemi Clara
  • Der Anlass

    Der Regionalrat hat am Mittwoch einen Beschlussantrag zum gleichberechtigtes Aushängen der ladinischen Flagge angenommen. Der Beschlussantrag „Einführung von Verordnungsbestimmungen über die Benutzung und das Anbringen der ladinischen Flagge in den Gemeinden der betreffenden Gebiete der Region Trentino-Südtirol nach über 100 Jahren seit ihrem Entstehen“ gestimmt. Der Antrag war vom Paul Köllensperger und dem Team K eingebracht worden und wurde schließlich mit 58 Jastimmen und 6 Enthaltungen genehmigt. 
    Auch die SVP-Fraktion stimmte für den Antrag. 
    Die SVP unterstützt diesen Beschlussantrag, weil er das vorsieht, was die SVP immer verlangt hat, nämlich die ladinische Flagge gleichberechtigt neben den anderen Flaggen auf öffentlichen Gebäuden auszuhängen“, erklärte SVP-Fraktionsvorsitzender Harald Stauder.
    Im Regionalrat wurde heute über die Neuregelung der Beflaggung in den ladinischen Gemeinden der Region abgestimmt. Die neue Regelung sieht vor, dass die blau-weiß-grüne ladinische Flagge bei gegebenen Anlässen gleichberechtigt neben neben der Flagge Italiens und Europas, der Flagge der Region, der autonomen Provinz Trient bzw. Bozen ausgehängt wird. „Wir unterstützen jede Initiative zur Stärkung der ladinischen Identität und Kultur, die zum Erhalt unserer kleinsten Volksgruppe beiträgt. Wir sind sehr froh über große die Mehrheit, die im Regionalrat für diese Stärkung der ladinischen Identität gestimmt hat,“ so Stauder.

    Foto: SVP
  • Die SVP sagt jetzt, man habe die Anerkennung der ladinischen Fahne immer schon verlangt. Sie persönlich haben da eine völlig andere Erfahrung gemacht?

    Ja. Als ich diesen Beschlussantrag im Regionalrat vorlegen wollte, gehörte ich zur Regierungsmehrheit. In der Koalition war es Usus, dass man sich gegenseitig vorab über die einzelnen Initiativen in der Region informiert. Als ich der SVP meinen Antrag aber vorgelegt habe, wurde ich blockiert. 

    Mit welchem Argument?

    Man sagte mir offen: Wenn schon, dann müssen wir diesen Antrag einbringen. Ich habe gesagt, dass das nicht in Frage kommt. Dieses Unrecht besteht seit 100 Jahren und ihr hattet jetzt genügend Zeit einen solchen Antrag vorzubringen. Die Antwort war: Die Ladiner gehören politisch uns und wir kümmern uns darum. Ich bin aber hart geblieben und habe gesagt, dass ich den Beschlussantrag trotzdem einbringen werde.

    Sie wurden dann aber unter Druck gesetzt?

    Ja. Man hat mir klar zu verstehen gegeben: Am Dienstag willst du in der Landesregierung deine Beschlüsse durchbringen, du willst mehr Geld für Menschen mit Beeinträchtigung, für Bauten im italienischen Bereich? Dann wäre es doch besser, wenn ich mit der Sammelpartei zusammenarbeiten würde und den Antrag zurückziehe. So hat man mich aus dem Spiel genommen.

    Wer hat Sie unter Druck gesetzt?

    Die Volkspartei.

     

    „Als ich der SVP meinen Antrag vorgelegt habe, wurde ich blockiert.“ 


    Wer genau?

    Ich bin keiner, der nachtreten will. Deshalb werden Sie von mir auch keinen Namen hören. Aber was ich sage, ist die Wahrheit. Ich wurde von der Volkspartei in dieser Sache blockiert, weil man der Lega diesen politischen Erfolg nicht gönnen wollte. Die SVP hat gemerkt, dass sie in diesem Punkt geschlafen hat und wollte nicht, dass das an die Öffentlichkeit kommt.

    Für Sie dürfte der Beschluss des Regionalrates jetzt eine später Genugtuung sein?

    (lacht) Ja. Auch weil sich die SVP damit selbst in den Finger geschnitten hat. Denn es wäre für die SVP besser gewesen, dass ich diesen Beschlussantrag eingebracht habe. Jetzt musste die Sammelpartei den politischen Erfolg ihrem stärksten Konkurrenten überlassen.

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Salto User
opa1950 Do., 16.05.2024 - 05:15

Warum hat sich Bessone unter Druck setzen lassen.Was hat die SVP ihm versprochen. Man müsste alles wissen.Bessone sollte bitte aufklären, damit mehr über die Machenschaften der SVP bekannt wird.

Do., 16.05.2024 - 05:15 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Sitzmann
Martin Sitzmann Do., 16.05.2024 - 07:20

Der x-te Beweis, dass es nur um Macht geht und nicht um die Sache.
Lustig finde ich, dass die SVP nach der erfolgreichen Verhinderung des Beschlussantrages ein Jahr lang nicht auf die Idee gekommen ist, den Beschlussantrag selber zu schreiben und einzubringen. Geschlafen, so mit anderen Machterhaltungsproblemen beschäftigt, arrogant, naiv oder nicht fähig? Man kann es sich aussuchen...

Do., 16.05.2024 - 07:20 Permalink