Politik | Wahlgesetz

Nogglers Plan

Wenn schon Neuwahlen, dann nur mit neuem Wahlgesetz, lautet die Losung in Bozen. Doch wie lange muss die aktuelle Regierung durchhalten, Herr Noggler?

Muss Bozen noch einmal wählen oder nicht? Eine Frage, die in der Landeshauptstadt stark von einer Bedingung abhängig gemacht wird: einem neuen Wahlgesetz. „Sobald es genehmigt wird, bin ich sofort bereit zurücktreten, damit die Stadt eine starke Regierung bekommt – welche auch immer das sein wird“, hatte Luigi Spagnolli schon unmittelbar nach seiner knappen Wiederwahl erklärt. Denn wie auch Verfassungsrechtler Francesco Palermo auf salto.bz darlegte: die einstige Entscheidung in Südtirol zwar die Direktwahl der Bürgermeister einzuführen, aber – aus Sorge um das Gleichgewicht unter den Sprachgruppen – keinen Mehrheitsbonus für die Listen, die ihn unterstützen, riskiert vor allem bei Stichwahlen in den großen Gemeinden zur Unregierbarkeit zu führen.

Nachdem Meran und Leifers diese zumindest vorerst vermieden haben, bleibt Bozen der lebende Beweis für solche Überlegungen. Wie genau ein überarbeitetes Wahlrecht eine solche Unregierbarkeit in Zukunft verhindern soll, dazu gibt es durchaus unterschiedliche politische Ansichten – vom  Mehrheitsbonus über die Abschaffung der Stichwahl bis zum Verhältniswahlrecht ohne direkte Wahl des Bürgermeisters. Angesichts der prekären Bozner Verhältnisse stellt sich aber auch die Frage nach dem Wann. Also ab wann könnte man die WählerInnen in der Landeshauptstadt wieder an die Urnen rufen ohne zu befürchten, am Ende wieder vor dem selben pasticcio zu stehen? Vor allem nachdem der Wunsch nach einem neuen Wahlgesetz teils auch mit dem politischen Anliegen verbunden wird, die Kompetenz für die Gemeinden von der Region auf die beiden Provinzen zu übertragen.

Für den zuständigen Regionalassessor Sepp Noggler ist Frühjahr 2016 ein realistisches Ziel. Allerdings nur, wenn das Wahlgesetz in der Region überarbeitet wird. Einen Übergang der Kompetenz an das Land beurteilt er insgesamt als fraglich. Immerhin ist außerhalb der Region in ganz Italien der Staat für die örtlichen Körperschaften zuständig. „Ob Rom also tatsächlich einer Übernahme durch Provinzen zustimmt, weiß ich nicht“, sagt Noggler.

Kein Freund des Mehrheitsbonus

Deshalb soll nun in der Region aufs Gas gestiegen werden. In welche Richtung die Reform gehen soll, ist allerdings noch nicht festgeschrieben. Bislang hat der Regionalassessor erst die verschiedensten Vorschläge und Problemfälle gesammelt, die aus den verschiedenen Gemeinden an ihn herangetragen wurden. Freund eines Mehrheitsbonus ist auch Noggler selbst nicht. Statt der Mehrheit zusätzliche Sitze schenken zu müssen, sollte die Regierbarkeit schon im Vorfeld der Wahlen durch klare Koalitionsabsprachen gesichert werden, findet der Regionalassessor. „Derzeit diskutieren wir eher, die Zuweisung der Restmandate auf jene Kräfte zu beschränken, die bereits ein Vollmandat haben“, sagt er.

Einheitstext statt 54 Einzelgesetze

Doch noch bevor man sich den inhaltlichen Disputen über die neuen Wahlregeln widmen kann, sind im Regionalrat noch  verfahrenstechnische Weichen zu stellen. Dabei will Sepp Noggler die bislang 54 Einzelgesetze, die das regionale Wahlrecht regeln, in einen Einheitstext zusammenfassen. Damit dieser dann wie jedes andere Gesetz diskutiert und verabschiedet werden kann, braucht es aber wiederum eine Änderung der Geschäftsordnung, sagt der Regionalassessor. Eine entsprechenden Antrag hat Noggler bereits im vergangenen Dezember gestellt. Aufgrund von umstrittenen Änderungen, die Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo hinzugefügt hat, steckt das Procedere bislang aber noch hier fest. „Wir haben aber vereinbart, dass im Rahmen der nächsten Sitzung nur diese Änderung auf die Tagesordnung kommt“, sagt der Regionalassessor. Sofern die Geschäftsordnung im September geändert wird, könnte der Einheitstext im Oktober oder November in den Regionalrat gebracht werden. Damit müsste laut Noggler spätestens zu Beginn 2016 die Basis für eine Überarbeitung des regionalen Wahlgesetzes bestehen. Später darf es auch nicht werden, meint er. „Denn im Trentino wird im Mai schon wieder in all jenen Gemeinden gewählt, die nun fusioniert haben.“

Später darf es aber aller Voraussicht auch für Bozen nicht werden – zumindest sofern über Maria Himmelfahrt nicht ein Wunder im Mitte-Links-Lager geschieht.