Wirtschaft | Arbeitsmarkt Südtirol

Arbeitslosigkeit der Frauen - Spiegel der Gesellschaft

Die Arbeitslosigkeit in Südtirol greift um sich. Von 3,2 auf 5,9 Prozent stieg die Frauenarbeitslosigkeit in der Provinz. Innerhalb von zwei Jahren.
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Foto: Freiheitliche

Ist Arbeitslosigkeit weiblich? Dass Frauen eine andere Erwerbsbiographie haben als ihre männlichen Mitspieler im Arbeitsmarkt, mutet nicht überraschend. Dennoch – die Zahlen erschrecken, selbst Landeshauptmann Luis Durnwalder zeigt sich besorgt. Die gewohnte Gelassenheit und Zuversicht des Provinzchefs ist verschwunden. Die Jugendarbeitslosikgeit liegt bei 11,6 Prozent,

3,2 Prozent arbeitslose Frauen im 2. Quartal des Jahres 2011, 5,9 Prozent zwei Jahre später, im Jahr 2013. Saisonsbereinigt. Johanna Plasinger vom ASTAT erklärt: „Diese Daten sind vor der Sommersaison erhoben worden. Viele Frauen sind im Gastgewerbe tätig, waren im Juni noch nicht gemeldet.“ „Ja“, bestätigt Plasinger, „viele Frauen arbeiten in prekären Arbeitsverhältnissen, befristet, saisonal.“ Gleichzeitig relativiert die Datenexpertin. Seit jeher sei die Frauenarbeitslosigkeit höher als die der Männer und doch, „momentan spielt die Krise natürlich auch eine entscheidende Rolle.“ Im Steigen ist nämlich auch die Arbeitslosigkeit der Männer, von 2,9 Prozent im Jahr 2011 auf 4,7 im Jahr 2013.

Mehr Arbeitslose
Krise im Baugewerbe, Krise bei den Nächtigungszahlen der Gastbetriebe – das schlägt zu Buche „normalerweise ändern sich die Zahlen auch wieder wenn der Sommer vorbei ist und die Daten der Monate Juli, August, September vorliegen“, so Plasinger. Doch beschönigen möchte sie nichts: „Seit 2011 ist die Arbeitslosenrate stetig gestiegen. Sowohl die der Männer als auch die der Frauen. Es ist nichts Dramatisches im internationalen Vergleich, aber für uns in Südtirol erschreckende Zahlen.“

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Kinderbetreuung Familiensache?
Ulrike Egger vom SGB-CISL bestätigt „ja, die Daten haben mit der Wirtschaftskrise zu tun.“ Auch sei aber zu bedenken, dass ein Bruch in der Erwerbsbiographie der Frauen fast dazu gehöre. „Frauen machen nach wie vor einen großen Fehler: sie werfen ihr berufliches Einkommen und die Ausgaben für die Kinderbetreuung in eine Waagschale, und dann entscheiden sie sich gegen die Arbeit.“ Zu teure Kinderbetreuung, zu niedrige Löhne, da wird schnell auf die eigenen Karriere verzichtet, der Familie zu liebe. Die Männer starten durch, die Frauen bleiben – auch rentenmäßig auf der Strecke, Teilzeit ist das höchste der Gefühle. „Das Bild der Frau, die zu Hause ihre Kinder versorgt ist noch immer sehr stark, ja, das ist die Realität in Südtirol.“ Kinderbetreuung ist keine Frauensache. Egger möchte überzeugen, Frauen dazu aufrufen, nicht allzu kurzfristig zu denken, und sie sagt: „Kinderbetreuung ist Familiensache.“ Theoretisch, die Praxis zeigt andere Zahlen.

Schere auf ab 30
Johann Plasinger bestätigt Eggers Aussagen. „In den Altersstufen 25 bis 29 verläuft die Erwerbstätigkeit der Frauen nahezu parallel mit denen der Männer. Wenn die Frauen dann mit 30 anfangen Kinder zu bekommen, geht die Schere auf. 81,8 Prozent der Männer sind in einem Arbeitsverhältnis nur 68,1 der Frauen. Diese Schere schließt sich nie mehr ganz, erst mit 60 Jahren, wenn Frauen und Männer auf die Rente zusteuern.“

Doch Daten können immer aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Noch vor zehn Jahren zeigte sich das "Netzwerk Frauen-Arbeit" zufrieden darüber, "dass die weibliche Erwerbstätigenquote auf Landesebene laut "Arbeitsmarkt aktuell" bereits im Jahr 2002 mit 59 Prozent fast das EU-Ziel für das Jahr 2010 erreicht habe, das bei 60 Prozent liegt. Südtirol liegt damit sowohl über dem italienischen (42 Prozent) als auch über dem europäischen Durchschnitt (55 Prozent im Jahr 2001)."

Das EU-Ziel hat Südtirol also erreicht, doch schlüsselt man die weibliche Arbeitslosigkeit zwischen EU und Nicht-EU-BürgerInnen in Südtirol auf, ist ein weiterer Sprung nach oben sichtbar. 15,9 Prozent arbeitslose Ausländerinnen verzeichnet das ASTAT 2012. Ohne rechtliche Absicherung, mit höchster Flexibilität zugunsten der Arbeitgeber arbeiten diese Frauen. Auch sie sind Südtirolerinnen, oder? Die SVP verspricht mehr Arbeitsplätze, die Irap-Senkung oder -befreiung soll heilen, zu einer Win-Win-Situation führen. Welche Versprechen gibt es für die Familien, die Arbeit, Kinder, Beziehung und Zeit unter einen Hut bringen sollen? Da war doch mal das Familiengeld, oder?

Doch was braucht es wirklich, um Familien und Frauen in ihrer Erwerbstätigkeit zu unterstützen?