Politik | Politikergehälter und direkte Demokratie

Politikergehälter direkt bestimmen - Das geht

Die Politikergehälter gehören wohlweislich zu jenen Sachbereichen, die die SVP aus ihrem Gesetz zur Bürgerbeteiligung von 2013 von jedem Zugriff durch Bürgerbeteiligung bewahrt wissen wollte. Nach den eklatanten Wirkungen der Pensionsregelung unseres Regionalrats versteht man noch besser, warum. Im Art. 8 dieses vom Volk am 9. Februar 2014 nicht bestätigten Gesetzes ist die "Regelung der finanziellen Zuwendungen an das Personal und die Organe des Landes" von jeder Mitbestimmung ausgeschlossen. Muss es aber nicht sein, die Verfassung schließt nur den Haushalt und die Steuern aus. Demokratisch angemessen wäre zumindest die Zulässigkeit eines bestätigenden Referendums zu den Diäten und Renten von Politikern, denn genauso wie die Parteienfinanzierung gehört dieser Bereich im weitesten Sinne zur "Regierungsform". Und diese Gesetze sind in Südtirol seit 2001 "verstärkte Gesetze", die dem bestätigenden Referendum unterliegen. Doch auch die direkte Bestimmung der Gehälter der Politiker beim Wahlakt ist technisch kein Problem.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wie, das zeigt der Vorschlag des italienweiten Volksbegehrens "Quorumzero e più democrazia" vom Sommer 2012, das in Südtirol von gut 7.000 Bürgern mitunterschrieben und dem Parlament vorgelegt worden ist (www.paolomichelotto.it). Dort wird für die demokratische Festlegung der Politikergehälter eine Regelung vorgeschlagen, die bestechend einfach ist. In diesem Gesetzentwurf für eine Verfassungsreform wird vorgeschlagen, dass es den Wählern bei der Wahl des Parlaments zustehen soll, die Vergütung der Parlamentarier für die betreffende Legislatur festzulegen. Dabei soll diese Vergütung an das mittlere Einkommen der Bevölkerung geknüpft werden. Die Berechnung würde in der Praxis folgendermaßen erfolgen:

  • Das Jahreseinkommen pro Kopf der in Italien Ansässigen wird aus amtlichen Quellen (z.B. dem ISTAT) ermittelt. Es lag 2011 bei 22.000 Euro.

  • Beim Wahlvorgang hat jeder Wähler die Möglichkeit, den Multiplikator festzulegen, mit welchem dieses Durchschnittseinkommen multipliziert werden soll.

  • Am Ende der Stimmenauszählung wird der Durchschnitt aller angegebenen Multiplikatoren berechnet (aufgerundet auf eine Kommastelle) und auf das betreffende Durchschnittseinkommen angewandt.

  • Beispiel: würde ein durchschnittlicher Multiplikator von 3,5 ermittelt, beliefe sich die Vergütung der Parlamentarier auf 3,5 x 22.000 Euro= 77.000 Euro im Jahr.

Mit dieser Lösung würde die politische Vertretung direkt von den Wählern und Steuerzahlern mitbestimmt, und damit wieder stärker zu einem Dienst an der Allgemeinheit werden, nicht der Aneignung von Privilegien in Selbstbedienungsmanier dienen.

 

Die Regelung ist durchaus auf die Südtiroler Gesetzgebung und Politik übertragbar. Das Jahreseinkommen pro Kopf wird amtlicherseits vom ASTAT geliefert. Jeder Wähler kann bei Landtagswahlen auf einer gesonderten Karte den Multiplikator angeben, mit dem er das durchschnittliche Jahreseinkommen für die gewählten Abgeordneten multiplizieren will. Der mathematische Durchschnitt aller einzelnen Multiplikator ergibt den "Landesmultiplikator". Demokratischer geht es gar nicht. Die Regelung hätte obendrein den Vorteil, dass den Kandidaten vorab gar nicht bekannt ist, welches Gehalt sie im Falle ihrer Wahl beziehen. Die finanzielle Vergütung ihres politischen Dienstes kann damit nicht mehr für Einsatz und Kandidatur entscheidend sein, der Dienst an der Allgemeinheit tritt in den Vordergrund. Und das können die Bürger auch zu Recht erwarten.

 

Thomas Benedikter

 

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Kurt Spornberger Mi., 05.03.2014 - 11:33

klingt gut, aber eher an den Median koppeln statt an den Mittelwert und der Multiplikator sollte rückwirkend für die vorangegangene Legislaturperiode gewählt werden.

Mi., 05.03.2014 - 11:33 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mi., 05.03.2014 - 12:14

So einfach wie es hier beschrieben wird kann die Verfassungshürde, meiner Sicht, nicht umgangen werden, denn das Referendumsverbot gilt (wahrscheinlich) nicht nur für das formelle Haushaltsgesetz sondern auch für das substanzielle. Eine Auswirkung auf das Haushaltsgesetz bleibt also bestehen.

Mi., 05.03.2014 - 12:14 Permalink
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Thomas Benedikter Do., 06.03.2014 - 15:41

Die Verfassung schließt in Art. 75, 2 nur das Haushaltsgesetz, Steuergesetze, Amnestien und internationale Abkommen von Referenden aus, nicht jedoch die Regelung von Politikervergütungen und der Parteienfinanzierung. Letztere war bereits einmal Gegenstand eines Referendums.
Formalrechtlich besteht das Hauptproblem bei meinem Vorschlag darin, dass eine Personenwahl mit einer Art Volksinitiative (die Angabe der Politikervergütung) verknüpft wird. Doch das kann mit Staatsgesetz geregelt werden, wenn man wollte.
Median statt Mittelwert ist durchaus sinnvoll. Ein Element muss zu meinem Vorschlag präzisiert werden. Der vom Wähler anzugebende Multiplikator muss natürlich gedeckelt sein, also sich in einer Bandbreite zwischen 1 und 5 oder 1 und 6 Mal das Durchschnittseinkommen bewegen. Es gibt mehr Jux-Wähler als gemeinhin angenommen.

Do., 06.03.2014 - 15:41 Permalink
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Christian Mair Di., 11.03.2014 - 18:38

Der Gehalt sollte nicht dem Populismus preisgegeben werden und Politiker sollen Profis sein uns als solche bezahlt werden.

Meines Erachtens reicht eine einmalige Regelung mit Koppelung an das 5fache eines Mindestlohns, sowie die entsprechende Reglemtierung auf das 5fache der Mindestrente.
Pensionsansprüche durch allfällige andere Tätigkeiten werden selbstverständlich abgezogen.

Einsparpotential bieten weiter die Gemeinden:
- Zusammenlegung in Bezirken mit Bezirksbürgermeister

Di., 11.03.2014 - 18:38 Permalink