Politik | Landtagswahlen 2013

Die Freiheitlichen wollen das "System brechen"

Das Wahlprogramm der Freiheitlichen ist 19 Seiten stark und beinhaltet 160 einzelne Förderungs- und Forderungspunkte. Zentrales Thema: die überfällige politische Wende.
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Foto: Asl Lanciano

Am Ende der kurz gehaltenen Vorstellung des Wahl-Papiers durch Landesparteiobfrau Ulli Mair kam dann der eigentliche Clou. Pius Leitner setzte sich in den knallblauen Ape-Dreiradler „Sausewind“ und fuhr Richtung SVP-Sitz, um dort das „Geschenk“, das freiheitliche Wahlprogramm zu hinterlegen. „Wir lassen uns nämlich nicht von Arno Kompatscher vorwerfen, wir hätten keine Inhalte,“ meinte Ulli Mair spitz zu Beginn der Präsentation im Garten des Hotels Mondschein in Bozen.

Das Wahlprogramm selbst enthält 7 Schwerpunkt-Thesen mit altbekannten Forderungen, wie der nach der Direktwahl des Landeshauptmannes, ein wichtiges Thema, bei dem die Freiheitlichen nicht „lugg lassen wollen.“

Die Ehrlichkeit und Transparenz stehen als erster Punkt im Programm: Die Parteibuchwirtschaft der SVP, der SEL-Skandal und Treuhandsumpf hätten zu Verfilzung und Undurchsichtigkeit geführt. Das Südtirol das sich die Freiheitlichen vorstellen, sei nur machbar, indem mit der absoluten Mehrheit der SVP gebrochen werde.

In der Einwanderungsfrage stellen sich die Blauen klar auf. Es gibt anständige und unanständige Einwanderer, der Wahlkampfslogan der Landtagswahlen 2008 „Einheimische zuerst!“ gilt nach wie vor. Ein konkretes Beispiel wird im Programm angeführt, wie das gelingen kann. Der Familienscheck soll anstelle des Kindergeldes gezielt Sachleistungen für Schule und Freizeit der Kinder garantieren, zum Beispiel Lernmaterialien, Nachhilfestunden, Skikurse oder Zahnspangen. Damit „ein Teil des Kindergeldes nicht im Ausland verschwindet.“

Ebenfalls sozial und im Sinne der Bürger der Ruf nach einer Mindest-Rente von 800 Euro, zählt Ulli Mair weiter auf. Das Thema Freistaat kommt eher schüchtern über die Forderung nach Steuergerechtigkeit und die primäre Steuerhoheit herein, wurde aber weiter nicht erwähnt. Und, letzter Punkt im Wahlprogramm, das Thema Energie, das sich in diesem Wahlkampf wohl jede Partei auf die Kappe schreibt: Weg mit der Monopolisierung, weg mit fragwürdigen strompolitischen Klüngeln, es braucht eine Neuausrichtung und billigere Strompreise.

Mit Ulli Mair am Tisch saß die Führungsriege um Spitzenkandidat Pius Leitner, Sigmar Stocker, Walter Blaas und Roland Tinkhauser. Genau sechs Sitze wolle man bei den Landtagswahlen erreichen, sagte Pius Leitner, das sei das Ziel.  

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Michael Bockhorni Do., 05.09.2013 - 09:23

diese Unterscheidung erinnert an die Rechtspflege des 18. und 19. Jhdt. (die unter Kaiser Joseph II. gegründeten Pfarrarmeninstitute unterschieden zwischen "würdigen" und "unwürdigen" und die Richtlinien der Armenpflege von 1802 zwischen "wahren" und "Schein"Armen), welche noch frühere Wurzeln im Spätmittelalter hat, wo zwischen den "pauper" (grundbesitzende Freie in Abhängigkeit von Großgrundbesitzenden) und "indigentes" (Entwurzelte, notleidende, Kranke, Waise etc.) unterschieden wurde. In dieser Epoche beginnt auch die Unduldsamkeit gegenüber nicht-konformen Verhalten und die Ausgrenzung z.B. durch Aufnahmeverweigerung in die Zünfte mit ihren sozialen Sicherungssystemen). Bis zur Einführung des Rechtsstaatlichkeitsprinzip ging die Gewährung von Unterstützung mit einer strengen sozialen Kontrolle (des untadeligen Lebenswandels) einher. Jeder der sich nicht anpasste oder "eigene Wege" gehen wollte, wurde auch schon damals per Schub aus der Gemeinde entfernt (oft gleich auf's Schiff nach Amerika, bezahlt durch die Gemeinde). Denn damals war schon jeder der nicht aus der Gemeinde stammte ein "Fremder" (das Tiroler Gubernium, aber auch noch das dt. Reichsheimatgesetz von 1863 unterscheidet zwischen Orts- oder Hausarme und Fremden ohne Heimatrecht. Schon in früheren (Krisen)Zeiten waren nicht-grundbesitzende Menschen gezwungen sich woanders eine Arbeit zu suchen und "vagabundierten" als Taglöhner oder Wanderhändler. Dies betraf auch Tiroler z.B. aus dem Fersental, Zillertal oder Defreggental.

Do., 05.09.2013 - 09:23 Permalink