Sprache versus Sakramente

Die Zeit nach Ostern ruft weiße Kleidchen, fesche Bubenanzüge und weiße Kutten auf die Bühne der Dörfer und Städte Südtirols. Erstkommunikanten und Firmlinge versammeln sich gemeinsam: was bleibt ist vielerorts die Trennung der Sprachgruppen. Das Ergebnis: Deutsche und Italiener bleiben sich fremd.

Wenn es um die Sprache geht, ticken die Uhren anders in Südtirol. Erstkommunion das Fest der Gemeinschaft – darin sind sich die Eltern einig. Geht es jedoch um die Durchmischung der Sprachgruppen bei der Vorbereitung von Firmung oder Erstkommunion und der Ausrichtung des Gottesdienstes, teilen sich die Lager. Hier die Bewahrer, dort die Forderer nach Öffnung und Nähe. In das Terrain Sakramente vorzustoßen verlangt Feingefühl, meint Jugendseelsorger Christoph Schweigl: „Ich hab die Erfahrung gemacht, dass die Eltern sehr viel Wert legen auf die Gestaltung dieser Feiern. Ihnen ist wichtig, dass ihr Kind das Beste erfährt.“

Disagio bei der Messe
Das Beste für viele also eine Trennung nach Sprache? Ja, viele Eltern wollen das, meint Pfarrer Franz Josef Kampidell, tätig im 2.200 Seelen großen Kurtatsch. Italienischsprachige Familien gäbe es in seiner Pfarrei zwar keine, er habe aber in anderen, größeren Gemeinden die Erfahrung gemacht, dass sich vor allem Italiener schnell nicht angesprochen fühlen. „Da spürt man den Disagio schon sehr stark, die Angst zu kurz zu kommen“, erklärt er und fügt hinzu. „Uns in Kurtatsch betrifft es zwar nicht, aber eine Erstkommunion und Firmung soll schon etwas für alle sein. Ein gemeinsames Fest wäre schön.“

Sprachliche Tradition
In Leifers blickt Pfarrer Walter Visentainer stolz auf seine Schäfchen: „In Pfatten wird gefeiert wie es sich trifft. Einmal deutschsprachig, einmal italienischsprachig. Branzoll richtet die Firmung gar schon seit 16 Jahren gemeinsam aus. Wir versuchen allen gerecht zu werden, und die Freude am Fest selbst zu vermitteln.“ Nicht auf alle Gemeinden übertragbar, gibt Schweigl zu bedenken. „Unsere Diözese hat einen goßen Schatz: die drei Sprachgruppen. Aber sicher, das einigende Element braucht es auch.“ Keine Option ist für ihn a priori ein gemeinsamer Gottesdienst bei der Spendung der Sakramente. Noch dazu von oben herab aufgedrückt. Das müsse wachsen.

Impulse aus der Basis
„Die Pfarrei besteht immer aus Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Einfach zu sagen wir tun alle zusammen, das ist zu leicht,“ so Schweigl. Anregungen von unten müssten starten, um Gewicht zu bekommen. Die Gemeinde Pfatten macht es vor: Eltern haben im Schuljahr 2012/2013 zum ersten Mal den Erstkommunionsunterricht der Kinder zweisprachig abgehalten: ein Schritt zu mehr Gemeinschaft, auch im Sinne des Herrn.

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Irene Cennamo Fr., 05.04.2013 - 12:14

Ich finde an diesem Beitrag vor allem das Ende erfrischend: Die BürgerInnen von Pfatten warten anscheinend nicht darauf, dass - von oben - jemand für sie entscheidet, sondern schaffen auf eigenverantwortliche Art und Weise einen gemeinsamen sozialen 'Raum' für alle! Im Alltag lebt es sich in Pfatten und anderswo soundso bilingual und plural! Gut gemacht!

Fr., 05.04.2013 - 12:14 Permalink
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Martin Geier Fr., 05.04.2013 - 18:07

Antwort auf von Irene Cennamo

Idem; sehr erfreulich daß diese Initiative von Unten gestartet wird. Es kann nur so gehen. Denke die Menschen in Südtirol sind meist weiter als eine gewisse Politik die auf Trennung Politik bauen will.

Fr., 05.04.2013 - 18:07 Permalink
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Ursula Lüfter So., 07.04.2013 - 17:18

70 deutsche Firmlinge feierten heute von 9 Uhr bis 11 Uhr. Dann 10 italienische Firmlinge. Im Pustertal gibt es in Sachen Sprachengemeinschaft - Glaubensgemeinschaft einiges aufzuholen. Die Köpfe der Menschen sollten reif sein dafür. Packen wir es an!

So., 07.04.2013 - 17:18 Permalink