Bühne | Komödie

Krippenzauber und ein Grödner Kamel

Der komische Theatermonolog „Pio, andata e ritorno“ von und mit Andrea Castelli wird 30 Jahre nach Uraufführung dem Publikum gezeigt. Ein Abend im Trentiner Dialekt.
Andrea Castelli, Pio. Andata e Ritorno
Foto: Centro Santa Chiara via Facebook
  • Das Stück, eine humorige Grußkarte, die noch von Weihnachten ins Haus flattert, wurde bereits im vergangenen Jahrtausend fast 200 Mal in der Region aufgeführt und ist ein Zeugnis für einen wandelbaren Schauspieler, der das 30 Jahre alte Stück in einer verschlankten Version gibt, die knapp länger als 60 Minuten dauert. Versteht man als deutscher Muttersprachler vielleicht auch nicht jeden dialektalen Ausdruck, so gibt es mehr als genug Pointen und eine märchenhafte Geschichte, der sich einfach folgen lässt. Noch stehen in vielen Wohnzimmern die Krippen und so sind Pio (Castellis Alter-Ego) und Alcide (ein Studienfreund) traditionsgemäß auf dem Weg zu ihrem ehemaligen Professor Severini, der für seine groß angelegten, fantastischen Krippen bekannt ist.

    Es kommt, wie es kommen muss und Pio und Alcide finden sich irgendwie, ohne eine Spur vom Professor, in dieser Krippenwelt wieder. Vielleicht ist auch nur der selbstgebrannte Schnaps des Professors schuld daran, die Handlung hat allerdings mehr magisch-absurde Züge als delirierende. Allen voran sind es die tierischen Figuren in dem Stück, die beim Publikum - das am gestrigen Abend nun wirklich viel zu lachen hatte - den meisten Zuspruch finden: Helmut, der deutsche Elefant, Seppele das Grödner Kamel, Bruno, der schweigsame Braunbär und Rolfi, ein Wachhund, der - vielleicht durch die Kürzung des Stücks - noch weniger zu sagen hat. Gemeinsam gehören sie einem Revolutionskomitee an und sind nicht nur damit vermenschlicht und sprechend. Es sind Charakterköpfe in jederlei Hinsicht. Dabei hängt alles an Castelli, der auf minimalistischer Bühne, ohne Kostüme und mit Musik nur zu Beginn und zum Ende des Abends, seine Timings bestens beherrscht. Als einzelner Schauspieler muss Castelli blitzschnell von einer Figur zur anderen wechseln und diese nur durch Manierismus und Stimme zum Leben erwecken.

    Sicher ist das Kamel, mit seiner androgynen Art, die immer wieder viel Zunge und viel Wimpern-Klimpern braucht, der Star der Show, nicht nur wegen geographischer Nähe zum Publikum, die sich Castelli wohl durch den Klimawandel erklärt. Immer wieder sind solche kleinen Pointen, die wohl nicht aus dem Jahr 93 stammen dürften in die Performance mit eingearbeitet und vergegenwärtigen die Krippenlandschaft zwischen den (Mentol-)Borotalco-Bergen ein Stück weit. Bei Krippenfiguren mit derartiger Charaktertiefe ist es dann am Ende auch nur eine Frage der Zeit, bis diese sich Fragen zur Natur ihrer Welt stellen: Kreist die Sonne um die Krippe oder umgekehrt und lebt man in einer „sphärischen“, oder einen flachen Krippe? Und was bitte meint Dickhäuter Helmut mit einer „Smagliatura spaziotemporal“ in der Alcide für drei Jahre gefangen sei. Diese metaphysischen Überlegungen der Krippenbewohner führen dabei sicherlich zu keinen konkreten Antworten, bereiten aber die finale Übersteigerung der Reise ins Territorium des gänzlich absurden vor, wo das Stück dann auch ohne ein wirkliches Ende den Vorhang schließt.

    Andrea Castelli fragt sich, was an seinem Stück auch auf 30 Jahre Distanz noch funktioniert, statt eins zu eins dasselbe Stück auf die Bühne zu bringen. Dass im Bozner Stadttheater ausgiebig und durch die Reihen gelacht wurde, spricht für Castelli als Schauspieler, den Trentiner Dialekt und eine gelungene Bearbeitung des Textes, auch wenn einzelne Figuren, wie Wachhund Rolfi, durch die Kürzungen am Ende nur sehr kurz in der Krippenwelt vorbei schnuppern dürfen.

  • „Pio, andata e ritorno“ tourt derzeit durch die Euregio. Nächster Termin in Südtirol ist am 9. Februar in Leifers im Teatro G. Coseri.

Bild
Profil für Benutzer Werther Ceccon
Werther Ceccon So., 07.01.2024 - 09:47

Auf den Punkt gebracht, Herr Denzer!
E' vero, il pubblico, il SUO pubblico si diverte ancora. Anche noi, a distanza di (quasi) trent'anni. Però più che ridere, come un tempo, si sorride. Il mondo è cambiato, si fa fatica a lasciarsi andare come d'antan. Sarà questione di età? Forse. Certo che la capacità istrionica di Andrea è migliorata di pari passo con la sua presenza in scena. Di sicuro questa, del teatro dialettale 'spensierato' è una delle migliori dimensioni del Castelli. Il termine usato, desueto eppure in qualche modo recuperato dall'oblio, è proprio il motore della (sor)risata, più che la situazione in sè per 'comica' che sia.

So., 07.01.2024 - 09:47 Permalink