Politik | Durnwalder in Pfalzen

Raus aus dem Stall

Auf der Sichelburg in Pfalzen war man unter sich. Der Landeshauptmann verabschiedete sich von einem Teil seiner Welt, von den Bäuerinnen. Und erklärt empathisch: „Ich werde, solange ich lebe, immer für euch da sein.“
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Foto: Salto.bz

Ein entspanntes "Hallo" tönt aus dem Telefon, Landeshauptmann Durnwalder residiert in Pfalzen, in seinem Sommersitz, bei kühler Luft und nahem Wald. Das Treffen am 8. August mit den Landesbäuerinnen, wenige Minuten von seinem Urlaubssitz entfernt, sei bestimmt kein Abschied gewesen, sagt er. Auch nicht das Einläuten einer offizielle Abschiedsrunde von liebgewonnenen Vereinen und Organsiationen. „Das hat damit gar nichts zu tun. Den Bäuerinnen war es einfach wichtig, dass sie meine Meinung zu verschiedenen Themen hören. Sie wollten mich unbedingt dabei haben, auch wenn es um das künftige Programm geht, bei dem ich nicht mehr dabei sein werde.“ Kein Abschied für immer also, vielmehr die Unterstreichung einer guten Zusammenarbeit über Jahrzehnte. Gefreut habe es ihn sehr, dass die Bäuerinnen ihn dabei haben wollten, ein bisschen gar verwundert.

Landesbäuerin Hiltraud Erschbamer dankt, für offene Ohren, für offene Hände, für Durnwalders Mitreden und Mitedenken: „Die Bäuerinnen schätzen sehr, das was Sie für uns, für die bäuerlichen Familien, für die Landwirtschaft in Südtirol geleistet haben.“ Rührseligkeit kommt auf, also doch ein Abschied, aber nur ein halber, denn Durnwalder will eines festhalten: „Ich werde immer auf dieser Seite stehen. Ich stamme aus einer bäuerlichen Familie, wir waren elf Kinder daheim mit sieben Stück Vieh, die Landwirtschaft hab ich gelebt, beruflich und privat. Ja, das steckt in meinen Genen, da kann man nicht einfach so plötzlich abschalten.“ Seine Sorgen führt er im selben Atemzug auf, für seine Bauern und Bäuerinnen, „sicherlich, die Zeiten werden für die Landwirtschaft nicht besser.“

Der neue Bauer
Um wettbewerbsfähig zu sein müssen die Bauern mit der Zeit gehen. Qualitativ hochwertig und naturnah produzieren sei ebenso wichtig, wie die Ausgleichzahlungen für Südtiroles Landwirte. Bestehende Kubatur soll saniert werden, fordert Durnwalder und richtet eine Botschaft sozialer Natur an die Bäuerinnen direkt: „Redet über eure Rentenabsicherung im Alter." Grundlegend ist für den Landeshauptmann dabei eines: Das Ansehen der Bauern in der Gesellschaft. „Es kann nicht sein, dass es heißt, 'du bist nur ein Bauer'“, bemängelt er. Die Vertretung im Landtag sei da nicht unerheblich, um ein gewisses Bild zu fördern, „der Wechsel ist natürlich da, ohne Hans Berger, Rosa Thaler und mich im Landtag, braucht es neue Kräfte für die Bauern.“ Die Landwirte selbst seien aber wesentlich verantwortlich für ihr Bild im Außen: „Es ist ein Blödsinn, dass die Jungbauern keine Bäuerinnen finden. Hier muss der Bauer selbst aktiv sein, er kann sich nicht nur verstockt um seine Kühe kümmern. Er muss sich interessieren, für die Familie, die Gesellschaft, für die Kultur – ja er muss raus aus seinen Stall.“

Erschließen und künstlerisches baggern
Durnwalder plädiert für eine moderne, bäuerliche Familie, die die Kultur pflegt, aber trotzdem nicht in der Einöde lebt sondern den Geist der Zeit erkennt, mit Internet verbunden ist.„Der Hof muss gut erschlossen, zugänglich sein, die Vernetzung ist wesentlich für das Wohlbefinden aller am Hof lebenden – auch und besonders für die Frau.“ Denn gute Bäuerinnen, zufrieden Bäuerinnen, das sei das Um und Auf für eine funktionierende, bäuerliche Kultur. Durnwalder wirft einen Blick auf Antersac: „Das ist immer wieder das gleiche, mir ist doch lieber eine Alm ist erschlossen und wird genutzt, als dass sie überwuchert wird und keiner mehr hingeht. Wir haben ja Künstler als Baggerfahrer, die reißen keine Wunden in die Landschaft.“

Einen Ratschlag gibt Durnwalder seinem oder seiner Nachfolgerin mit auf den Weg. Die Politik für die Bauern muss offen sein, es muss eine Politik für den ländlichen Raum sein, für den Handel, den Tourismus, für die Industrie – möglichst unbürokratisch und fördernd soll sie sich ausrichten. „Der Bauer ist in der heutigen Gesellschaft zu sehen,“, rät der Landeshauptmann und beruhigt: „Ja, viele Bäuerinnen haben schon Angst vor der künftigen Vertretung, dass die zu wenig Erfahrung hat, aber ich bin am Anfang ja auch neu gewesen.“ So wirklich neu nun doch nicht: Denn Durnwalders-Bauer -Sein steckt in seinen Genen, und Bauer, bleibt Bauer.