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Parteikartl-Blues

Galgenfrist bis 13. Oktober für die SVP-Ortsgruppen: Warum die Volkspartei immer noch nicht weiß, wie viele Mitglieder ihr heuer abhanden kommen.

Harte Zeiten nicht nur in der Brennerstraße, sondern auch für die SVP-Parteifunktionäre im ganzen Land. Über 50.000 Mitglieder hat die größte Partei des Landes. Doch just in dem Moment, in dem angesichts des Schuldenbergs von fünf Millionen Euro jeder Euro umgedreht werden muss, blitzt die Partei auch an den Türen ihrer Basis ab wie nie zuvor. Konkrete Zahlen über den Mitgliederschwund, der sich bereits seit Monaten abzeichnet, gab es zwar auch in der montäglichen Parteileitung keine. Doch wie SVP-Obmann Philipp Achammer im Anschluss bestätigte: „Es wird sicherlich ein Minus geben.“ Um das Schadenausmaß so weit wie möglich zu begrenzen, gewährten die Mitglieder der Parteileitung den Ortsgruppen noch einmal eine Galgenfrist bis 13. Oktober.

Dabei müssten die Mitgliedsbeiträge laut Statut eigentlich bereits Ende Mai eingehoben sein. Eine Frist, die in gewöhnlichen Jahren bis Juni oder Juli gestreckt wird. Im Jahr 2014 ergibt sich dagegen auch Anfang September noch ein zu unvollständiges Bild, um die an die Mitglieder gekoppelten Stimmrechte der Ortsgruppen festzulegen. Denn bislang haben viele von ihnen ihre Runden mit dem Klingelbeutel noch nicht abgeschlossen. Eine Verspätung, die auch mit dem Rückpfiff der Parteizentrale auf dem Höhepunkt des Rentenskandals zu tun hat, als den Funktionären vor Ort nahegelegt wurde, erst einmal abzuwarten. „Ob dies eine gute oder schlechte Idee war, lassen wir dahin gestellt“, meint der Pustertaler SVP-Bezirksobmann Albert Wurzer. „Fakt ist, dass die Orstgruppen viel zu spät gestartet sind und der Sommer erfahrungsgemäß keine gute Zeit zum Sammeln ist.“ 

Zwischenergebnis: Minus 15 bis 20 Prozent

Vor allem nicht in einem Jahr, in dem der Mitgliedsbeitrag der Partei zuerst von zehn auf 15 Euro erhöht wurde und danach mit dem Rentenskandal die größtmögliche Vertrauenskrise zwischen der Partei und ihren Mitgliedern hereinbrach. Das Ergebnis? Statt wie geplant neue Mitglieder zu gewinnen, bröckeln die bestehenden in vielfach besorgniserregendem Ausmaß weg. Vor allem in den Bezirken Meran und Pustertal ist von Einbußen von fast einem Drittel die Rede. Zahlen, die laut Albert Wurzer vor allem darauf zurückzuführen sind, dass viele Ortgruppen ihre Sammlung noch nicht abgeschlossen haben. „Da man aber Angst hatte, dass die Parteileitung den Sack nun zumachen könnte und man ohne Stimmrechte bleibt, haben viele einmal das gebracht, was sie bisher gesammelt haben.“ Dort, wo die Mitgliederanwerbung dagegen tatsächlich abgeschlossen sei, würden die Verluste im Pustertal zwischen 15 und 20 Prozent liegen. Ein Bild, das sich laut Wurzer mehr oder weniger mit den Berichten anderer Bezirksobleute decke.

Leicht seien die Parteikartl-Touren auch in den vergangenen Jahren nicht gewesen, meint der Noch-Bezirksobmann, der sein Amt nach sechs Jahren bei den Bezirks-Neuwahlen am 17. Oktober abgeben wird. „Doch mit so großem Aufwand und mit so markanten Meldungen verbunden wie dieses Jahr habe ich es nie erlebt.“ Kritische Rückmeldungen kommen dabei laut Wurzer durchaus auch von Mitgliedern älteren Semsters, die schon lange dabei sind; angesichts des größeren Diskussionsaufwands für jedes Parteikartl würden auch die Ortsgruppenvertreter an ihre zeitlichen Grenzen stoßen. „Ein generelles Problem für die Zukunft stellt aber auch die Jugend dar“, meint der Pusterer Bezirksobmann. Denn: „Junge Menschen sind weit weniger bereit, sich an eine Partei zu binden als die vorherige Generation.“ Ein Zeichen der Zeit, mit dem sich die Parteien wohl oder übel abfinden müssten.

 Antwort heißt Reform

Was aber sind die Antworten, mit denen man in der Brennerstaße auf solch veränderte Rahmenbedingungen reagiert? Eine neue Finanzierungsquelle wird bereits groß auf der SVP-Homepage beworben: die Möglichkeit, 2 Promille der Einkommenssteuer der Partei zukommen zu lassen. Ein Teil der umfassenden Reform in den Bereichen Finanzierung, Struktur und Programm, die Obmann Achammer in der offiziellen Mitteilung nach der Parteileitung einmal mehr ankündigte. Vor allem in der programmatischen Weiterentwicklung werde die Partei dabei sehr stark auf die Funktionärinnen und Funktionäre vor Ort bauen. Denn, wie Achammer meinte: „Wir müssen wieder vermehrt die Ideale und Werte unserer Volkspartei in den Mittelpunkt stellen.“ Zumindest dort, wo sie nicht bereits von zugeschmetterten Türen in Frage gestellt sind. 

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Willy Pöder Mo., 29.09.2014 - 17:54

"Wir müssen wiederum vermehrt die Ideale und Werte unserer Volkspartei in den Mittelpunkt stellen", wird Philipp Achammer in obigem Bericht abschließend zitiert. Vielleicht könnte der Obmann sich diesbezüglich ein Beispiel an der "Rai Südtirol" nehmen. Der Sender ruft sich täglich arg viele Male selbst in Erinnerung, so oft, dass es schon aufdringlich und lästig auf den Hörer wirkt. In der Repetition sollte sich die "SVP Südtirol" daher lieber etwas mäßigen, denn sie ist ohnehin schon vielen zu lästig, wie man dem bekannt gewordenen Zahlenmaterial hinsichtlich der Kartlan-Herbstlese entnehmen kann. Außerdem könnte sie zwecks Abbau des Schuldenberges einen Pakt mit der Schweizer Volkspartei (SVP) schließen. Unter Brüdern und Schwestern hilft man sich doch aus.

Mo., 29.09.2014 - 17:54 Permalink