Politik | Landtagswahlen 2013

Bezirk Pustertal: Freie Stühle für wen?

Plätzerücken im Pustertal. Ohne Luis Durnwalder und Hans Berger fehlen der SVP Zugpferde. Im Hintergrund scharrt die Opposition.

Albert Wurzer hat Platz gewechselt. Vom Hintergrund in den Vordergrund. Langsam, aber stetig. Der Imker aus Leidenschaft gibt im SVP-stimmenstarken Pustertal den Ton an. Als Bezirksobmann sind Koordinationssinn und Positionierungsstrategie gefragt wie nie, „wir müssen näher zueinander rücken“, sagt Wurzer. Die frei werdenden Wählerstimmen um den scheidenden Landeshauptmann Luis Durnwalder und den nach Rom abgewanderten Senator Hans Berger, lassen bei den bevorstehenden Südtiroler Landtagswahlen 2013 viele Fragen offen. „Das ist wohl die Millionenfrage“, gibt Wurzer unumwunden zu, „was passiert mit den Durnwalder und Berger-Stimmen. Bislang konnte sich das Pustertal zurücklehnen, wir hatten drei starke Stimmenfänger, auch außerhalb des Tales. Das wird sich jetzt ändern.“

Pusterer Vertrauensgeber?
Die dritte Stimmfängerin, Martha Stocker, gibt es zum Glück noch. Familien, Frauen und Frontkämpfer sind der gebürtigen Kematnerin liebgewonnene Wählerschichten. Garanten für Stimmenzulauf außerhalb des Pusterer SVP-Bezirks sind auch alt eingesessene SVPler wie Maria Kuenzner und Florian Mussner, als ladinischer Kandidat. „Ich sag den Pusterern immer wieder, wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass andere sich für uns in Bozen einsetzen.“ Neue Gesichter auf der SVP-Kandidaten-Liste im Land gibt es einige, in Bruneck ist es etwa der Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler, der die Basisvorwahlen mit knapp 22 Prozent der Stimmen eindeutig für sich entscheiden konnte. Der Wirtschaftsflügel der SVP gibt ihm Schützenhilfe, doch das allein reicht nicht. "Tschurtschenthaler ist beliebt bei den Pusterern, er hat viel gemacht, die Fernwärme, das Projekt Ried, das Breitbandnetz...er hat das Vertrauen der Menschen, das ist wichtig bei dieser Wahl", erklärt Wurzer. Doch - gelingt Tschurtschenthaler der Sprung in den Landtag? Dafür, sagt Wurzer, muss Brunecks erster Bürger auch über den Bezirk hinaus Stimmen gewinnen.

Zusammenhalt ohne Großkaliber?

Der Bezirksobmann spricht klare Worte, doch ist Harmonie in Zeiten wie diesen hoch im Kurs. Wurzer muss alle seine Schäfchen gut versorgt wissen, dass er selbst Bauernkandidat ist, das darf keine Rolle spielen. Ein wunder Punkt liegt genau hier, im immer noch stark verwurzelte Richtungsdenken der SVP. Für Wurzer zählt die Gesamtheit, die Integrität, „ja, es ist eine Gratwanderung, die einzelnen Gruppierungen in der Partei zusammen zu bringen – für mich ist die Zeit ganz klar reif für mehr Zusammenschau.“ Von gegenseitiger Abhängigkeit spricht Wurzer „Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann man doch nicht trennen, ebensowenig wie Bauern, Wirtschaft und Umwelt.“ Jeder braucht jeden, und jeder möchte Stimmen „da müssen wir aufpassen, dass wir nicht Stimmen verlieren.“

Grüne Chance

2013 soll das Jahr der Grünen in Südtirol sein, sagen Wahlumfragen. Hans Peter Niederkofler von den Brunecker Grünen, und Kandidat zum Südtiroler Landtag, möchte diesmal mehr erreichen. „Bruneck ist eigentlich eine grüne Hochburg, wir rechnen auf jeden Fall mit einem besseren Ergebnis als 2008.“ Gerade für zwei Mandate hatte es bei den letzten Landtagswahlen gereicht, genau 883 Stimmen waren es in Bruneck, 2.500 im ganzen Pusteral. "1.000 Stimmen sollten in Bruneck schon möglich sein diesmal", prognostiziert Niderkofler und blickt auf ein leeres Terrain: "Ja, dass der Durnwalder nicht mehr ist, das macht für den Bezirk natürlich viel aus. Die Frage stellt sich nun, was hat der Kompatscher für Auswirkungen auf das SVP-Ergebnis und gibt es einen weiteren Rechtsrutsch."

Freiheitliche: Zwei Pusterer Mandate
Zoom ins Blau: Roland Tinkhauser ist auf Platz drei der Freiheitlichen-Kandidatenliste gereiht. Der Landtagsabgeordnete aus Pfalzen ist sich klar. Wenn nicht jetzt, wann dann? „Das sechste Mandat für die Freiheitlichen sollte sich ausgehen, der Bezirk Pustertal ist ein traditionell starker für uns, die Parlamentswahlen hatten uns in einigen Gemeinden ja bis zu 30 Prozent beschert.“ Gut aufgestellt seien die Blauen im Pustertal, Kandidaten gäbe es talauf- talab „die SVP-Kandidaten konzentrieren sich mit Christian Tschurtschenthaler, Waltraud Deeg oder Albert Wurzer ja auf Bruneck und Umgebung, wir versuchen Kandidaten aus dem ganzen Tal aufzustellen.“ Das Thema „Wirtschaft“ sieht Tinkhauser als zentrales in seiner Präsentation „wenn die Wirtschaft leben kann, dann können auch die Arbeitnehmer leben.“ Die Stromgeschichte im Ahrntal, die Unsicherheit im Tal bei Großprojekten (Sexten), „das Rennen ist relativ interesant“, sagt Tinkhauser.

Unberechenbare Neuwähler
Albert Wurzer weiß um die Unsicherheit dieser Wahl, nicht nur für das Pustertal. „Die vielen Neuwähler zwischen 18 und 25 Jahren, die erst nach 2008 in die Volljährigkeit gegangen sind, wählen oft die Opposition. Das haben wir bei den letzten Parlamentswahlen gesehen. Diese Wähler entscheiden erst im letzten Moment, nach Sympathie, oder ob sie einmal was bekommen haben oder nicht.“ Ob die Pusterer SVP dieses Wählerpotential binden kann? „Ja, die Frage ist ob wir die Sympathiestimmen bekommen werden, darüber tu ich mich schwer was zu sagen.“ Eines möchte Wurzer auf jeden Fall: die etwa 27.000 Stimmen, die der Bezirk Pustertal bei der Landtagswahl 2008 eingefahren hat, zu halten. „Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können." Dann zögert Wurzer: „Aber wie viele Stimmen es diesmal werden, das ist wahrscheinlich auch wieder so eine Millionenfrage.“