Wirtschaft | Pro und contras zum Vorschlags von Hans Peter Hager

Südtiroler Wirtschaftsverbände: Angst vor Berührung?

Eine Zusammenlegung der Südtiroler Wirtschaftsverbände nicht denkbar? Doch sagt Walter Amort vom hds, „wir haben keine Berührungsängste.“

Der Bozner Wirtschaftsberater Hans Peter Hager legt seinen Finger in eine Wunde. Die Aussage: "Südtirol ist zu klein für sieben Wirtschaftsverbände" schreckt auf. Fusionieren, einsparen, Aufgaben zusammenlegen, Kompetenzen abgeben, Denkrichtung ändern? Ein klares "Ja" von Walter Amort vom handels- und Dienstleistungsverband Südtirol, "wir müssen Synergieen stärker nutzen." Hansi Pichler, Präsident des Südtiroler Wirtschaftsring winkt ab. "Bitte stecken wir doch nicht alle in eine Schublade. Jeder Verband hat seine spezifischen Bedürfnisse und gerade das, wird von den Mitgliedern geschätzt." Der Vorschlag nach einer Zusammenlegung tauche immer wieder auf, so Pichler. Fast angegriffen fühlt er sich von Hagers Vorschlag, von der Frage, ob Zusammengehen nicht wirtschaftlich und politisch sinnvoll wäre. "Ich lade herzlich ein, mit mir in die Bezirke zu gehen und zu schauen, was wir dort leisten.“ Wir, das ist der HGV, 5.000 Hoteliers und Gastwirte, fühlen sich beim Verband „gut aufgehoben“, so auf der Homepage so lesen.

Reiche Verbände?

Könnte ein vereinter Verband diesen Wohlfühlcharakter nicht mehr garantieren? Walter Amort will die Diskussion öffnen. „Wenn man etwas nicht will, dann geht es nicht, aber wir können nicht verleugnen, dass Synergien zwischen den einzelnen Verbänden sehr wohl genutzt werden können.“ Amort meint die Rechtsberatung, meint den Lohnbereich „Verbände können nicht ganz so rigide getrennt werden.“ Der hds sei ein Verband, der „die Vielfalt will. Der HGV etwa hat nur deutschsprachige Mitglieder, wir haben ja auch Italiener. Berührungsängste kennen wir nicht, im Gegenteil, wir sind froh um viele verschiedene Ansichten. Das macht uns reicher.“

Reicht der Südtiroler Wirtschaftsring?

Für mehr Zusammenarbeit plädiert auch Manfred Pinzger, HGV-Präsident. Die Plattform dafür sieht er im schon vorhandenen Südtiroler Wirtschaftsring. Amort erklärt: "Der Wirtschaftsring ist wichtig. Dort treffen sich die Präsidenten und Direktoren der Verbände um die wirtschaftspolitische Ausrichtung zu besprechen.“ Doch eine wirkliche Zusammenlegung schaut für Amort anders aus, muss weiter gehen und Mut beweisen. „Wir haben den Vorschlag, dass die Verbände stärker zusammenwirken, schon länger eingebracht. Leider gibt es zu viele, die eine Öffnung nicht möchten. Ihre kleine Struktur beibehalten wollen.“

Einander die Hände reichen

Berührungsängst also verhindern ein Zusammengehen von LVH, HGV, hds, Industriellen Verband, Bauernbund und den Freiberuflern? Pinzger möchte eine Aussage von Hans Peter Hager klar revidieren:  „Hager sagt ja, Südtirol sei wie der Vorort einer größeren Stadt. Da muss man schon unterscheiden. Aufgrund der ländlichen Struktur in Südtirol, die bedingt ist durch Berg und Tal und der Konzentration auf Bozen, haben wir bei uns ganz andere Grundvoraussetzungen als der Vorort einer größeren Stadt.“ Pitzger unterstüzt seinen Zögling („der Spitzenkandidat des HGV ist der Hansi Pichler“) und schlägt in dieselbe Kerbe wie Pichler, HGV-Obmann im Bezirk Burggrafenamt. Eine Zusammenlegung sei „absolut nicht machbar“, so Pitzger „wir haben einen Auftrag von unseren Mitgliedern und wollen ihre unterschiedlichen Bedürfnisse berücksichtigen.“ Politische Ausrichtung der Verbände, deshalb das Nein? Pinzger und Pichler winken ab. "Wir sind in erster Linie Dienstleister, der Vorwurf, wir sind politisch zu stark tätig", den lässt Pichler nicht gelten.

Amort sieht gerade diese unterschiedlichen Sparten als zukünftige Stärke: "Durch seine Vielseitigkeit gewinnt ein Verband an Kraft. Es muss möglich sein, darüber zu sprechen, und das Kirchturmdenken zu überwinden."Erneuerung in der Politik, Erneuerung in den Verbänden, Südtirol kann neu durchstarten. Wenn es will.

 

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Alfonse Zanardi Fr., 11.10.2013 - 12:25

Die Verbände sind Vorfeld-Organisationen der Politik (der Partei) und dienen als Reservoir an Posten, als Parkplätze für Politiker im Wartestand sowie zur Unterbringung von "Friends & Family". Eine Straffung dieser Strukturen ist deswegen geradezu undenkbar.

Fr., 11.10.2013 - 12:25 Permalink
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Klaus Egger Sa., 12.10.2013 - 20:53

Antwort auf von Alfonse Zanardi

Die Meinung teile ich nicht. Es hat in gewissen Verbänden an der Spitze eine Entwicklung stattgefunden die wir dem Erbe Durnwalder's verdanken. Unser mächtiger Fürst hat alle Kommunikationsformen mit Sozialpartner abgeschafft und nur mehr Alibi Kommunikation zugelassen. Dadurch waren die Verbände teils auch genötigt "ihre" Leute mit der Politik verkrampft zu vernetzen. Das war eine krankhafte Entwicklung der letzten 25 Jahre, die aber nicht mit der Grundidee eines Verbandes gleichgestellt werden darf. Ein Verband ist eine ganz legitime Sammlung von gleichen Interessen. Man tauscht sich aus, entwickelt gemeinsame Ideen und setzt sich auch für eine akzeptierte Politik ein, ist für mich vollkommen menschlich.

Die Herausforderung der zukünftigen Politik wird es sein, wieder eine ehrliche, transparente Sozialpartnerschaft einzuführen. Wo alle Seiten gleichberechtigt zu Wort kommen um diesen Kräften in unserer Gesellschaft eine Stimme zu geben. Dazu gehören nachtürlich auch die Arbeitnehmerseiten.

Sa., 12.10.2013 - 20:53 Permalink
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Klaus Egger Sa., 12.10.2013 - 20:47

"Wir sind politisch nicht stark tätig" - für wie dumm halten die uns eigentlich? Wenn die Verbände dieses Mal wieder (außer hds und Unternehmerverband) mit aller Kraft versuchen "ihre" Kandidaten in den Landtag zu bugsieren was bedeutet für sie dann "nicht politisch tätig" zu sein.

Finde die Idee einer weiteren, effizienteren Zusammenarbeit, es muss nicht gleich die komplette Fusion sein, den absolut richtigen Weg. Ich erinnere den Präsidenten des SWR, Herrn Pichler, an die Reformagenda des SWR, wo massiv von Einsparungen in der Verwaltung des Landes gefordert wird. Interessant, wenn es um die Einsparungen in eigener Sache und somit um Überwindung des eigenen Kirchturm geht, is nix mehr mit Forderung.

Sa., 12.10.2013 - 20:47 Permalink