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Eisackwerk GmbH: Von teurem Alteisen und in den Sand gesetzten Millionen

Keine Aussöhnung mit Südtirols Energiepolitik für die Herren der Eisackwerke GmbH. Trotz Vergleichs mit der SEL in Sachen Mühlbach und Einladung in die neue Energie-Arbeitsgruppe bleibt Miteigentümer Karl Pichler eine der kritischsten Stimmen in der Branche.

Herr Pichler, die Eisackwerk Mühlbach GmbH hat sich mit der SEL bzw. ihrer Tochter SE Hydropower in einem Vergleich auf den Wert des Kraftwerks Mühlbach und allen voran seiner Anlagen geeinigt: 1,5 statt mehr als 6 Millionen Euro – sind Sie zufrieden?
Karl Pichler: Wir haben den Vergleich abgeschlossen, um die leidige Sache endlich abzuschließen. Schließlich haben wir insgesamt gut 30 Prozesse mit dem Land laufen, da kann es ruhig einer weniger werden. Und die alten Maschinen verursachen nur Spesen. Sie haben für uns nach der Inbetriebnahme des neuen Werks im Herbst 2012 ja keinen Nutzen mehr, und Wert haben sie auch keinen.  Wir haben versucht, sie zu verkaufen, aber das beste Angebot, das wir bekommen haben, war sie als Alteisen für 50.000 bis 60.000 Euro zu entsorgen.

Um zu erkennen, dass diese Anlagen nicht sechs Millionen Euro wert waren, brauche ich nicht einmal Sachverständige, sondern nur ein wenig Hausverstand: Unsere neuen Anlagen, mit denen wir 40 Prozent mehr produzieren, haben 5 Millionen Euro gekostet

Die SEL betonte nun aber in einer Aussendung, dass ein Wert der Mühlbacher Anlagen in Hohe von 6,068 Millionen Euro von Gutachten und Schätzungen gesamtstaatlicher Gesellschaften bestätigt worden sei. Die 1,5 Millionen seien dagegen nur die Entschädigung für die zeitweilige Nutzung der Anlagen.
Schauen Sie, wir haben einen Vergleich geschlossen und ich will nicht mehr polemisieren. Doch wir haben zwei Schätzungen zu den Anlagen, die sind  eidesstattlich beglaubigt und von einem Sachverständigen erstellt, den das Gericht ernannt hat. Und beide gehen von einem Wert zwischen 700.000 und etwas über einer Million Euro aus. Um zu erkennen, dass diese Anlagen nicht sechs Millionen Euro wert waren, brauche ich aber nicht einmal Sachverständige, sondern nur ein wenig Hausverstand: Unsere neuen Anlagen, mit denen wir 40 Prozent mehr produzieren, haben 5 Millionen Euro gekostet. Und diese Kosten habe ich in zwei Jahren wieder amortisiert.  Es wäre also der reinste Wahnsinn, für 60 bis 70 Jahre alte Anlagen mehr als sechs Millionen Euro zu zahlen.

So alt waren die Anlagen in Mühlbach?
Ja klar, das sind alles Originalmaschinen, die wurden in den Vierziger oder Fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut und sind auf dem entsprechenden technologischem Stand. Da bekommt man heute nicht einmal mehr Ersatzteile dafür.

Immerhin bekommen Sie jetzt mehr als 4,5 Millionen Euro zurück, die sie seit zwei Jahren auf einem vinkulierten Konto für die SE Hydropower zurücklegen mussten. Gibt es schon neue Pläne, das Geld zu investieren?
Jetzt müssen wir erst einmal unser Bankschulden samt Zinsen zurückzahlen, die wir für dieser Forderung der SEL aufnehmen mussten. Aber Projekte hätten wir einige in Planung. Ganz abgesehen vom Kraftwerk St. Anton, das immer noch von der SE Hydropower betrieben wird. Und das, obwohl ihr die Konzession nachgewiesenermaßen in Folge eine Verbrechens erteilt wurde. Denn am 28. Februar 2013 sind Ex-Landesrat Laimer und der ehemalige SEL-Direktor Rainer wegen Falschbeurkundung, Wettbewerbsverzerrung , Amtsmissbrauch  und Betrug bei der Vergabe der Energiekonzessionen rechtskräftig verurteilt worden.

Wie kann man stolz darauf sein, dass  sich eine Landesgesellschaft an den Früchten strafbarer Handlungen bereichert?

Und bei den Verhandlungen mit dem Land zeichnet sich bislang keine Einigung ab?
Nein, da gibt es keine Fortschritte. Seit damals wurde nichts unternommen, um Recht und Ordnung wieder herzustellen. Im Gegenteil: Ex-Energielandesrat Florian Mussner rühmte sich in der Bilanz über seine Tätigkeit, dass die SEL nun fünf Mal mehr Wert sei als in sie investiert worden sei. Er verschweigt aber, dass der Großteil des Vermögenszuwachses auf der Grundlage schwerer Straftaten erzielt wurde. Wie kann man stolz darauf sein, dass  sich eine Landesgesellschaft an den Früchten strafbarer Handlungen bereichert? Doch abgesehen davon haben wir das Problem, dass die öffentliche Hand in Südtirol alles blockiert. Man beklagt sich immer, dass bei der Wirtschaft nichts weitergeht, doch im einzigen Sektor, wo noch was zu machen wäre, also bei der Erneuerbaren Energie, wurde systematisch alles abgeblockt.

Sie sprechen von der Archivierung der Ansuchen, die nicht die nötige Grundverfügbarkeit vorweisen können?
Die kam 2013 für die Kleinkraftwerke dazu. Doch bereits im Jahr davor wurden sämtliche Großprojekte mit Verweis auf die neuen Ausschreibungskriterien archiviert. So etwas gibt es sonst wirklich nirgends: Dass der Gesetzgeber ohne Übergangslösung sagt, jetzt müssen wir da einiges ändern, und deshalb archivieren wir alles und fangen wieder von vorne an. Da sind etliche Millionen an Euro in den Sand gesetzt worden, von Wirtschaftstreibenden, die sich auf die bestehende Gesetzgebung gestützt haben. Denn um solche Projekte zu entwickeln und die Umweltverträglichkeitsverfahren weiterzubringen, muss man schon einmal Hundertausende Euro investieren.

Das heißt, ein Teil ihrer 30 Verfahren mit dem Land betrifft auch die Archivierung von Projekten?
Sehr viele sogar. Denn wir haben uns natürlich gegen diese willkürliche  Vorgangsweise der Landesregierung zur Wehr gesetzt.

Nun können Sie statt dessen selber Vorschläge einbringen, wie man es in Zukunft besser macht: Als Mitglied der 16-köpfigen Arbeitsgruppe, die von der Landesregierung eingesetzt wurde, um die Basis für eine neue Energiepolitik zu legen. Was scheint Ihnen besonders wichtig?
Das Wichtigste im Moment, ist die Blockade eines kompletten Wirtschaftszweiges aufzuheben, der nicht nur für viele Wirtschaftstreibende, sondern auch für Banken noch interessant ist. Denn für Wasserkraftprojekte bekommen Sie auch heute noch Kredite. Wir haben uns nur einmal ausgerechnet, wie viel die Blockade der Kleinableitungen kostet: Wenn man schätzt, dass von insgesamt 400 blockierten Ansuchen 120 die gesetzlichen Hürden geschafft hätten, kommt man auf ein Investitionsvolumen von gut 180 Millionen Euro. Dazu kommen die Arbeitsplätze für den Bausektor, eine Menge Einnahmen für das Land, ein positiver Beitrag für die erneuerbare Energie...

Hier ist in den vergangenen Jahren für unsere Wirtschaft und unsere Nachwelt wirklich ein Vermögen in den Sand gesetzt worden. Die Eisackwerke überleben das schon, doch Südtirol insgesamt hat verloren. 

Der wird aber gerade bei den Kleinkraftwerken immer wieder in Frage gestellt. Haben Sie solche Schätzungen auch für Großableitungen angestellt?
Dort geht es natürlich um ein Vielfaches, da kann schon für ein Werk mit 180 Millionen Euro gerechnet werden. Hier ist in den vergangenen Jahren für unsere Wirtschaft und unsere Nachwelt wirklich ein Vermögen in den Sand gesetzt worden. Die Eisackwerke überleben das schon, doch Südtirol insgesamt hat verloren. Denn wenn diese Werke einmal gebaut und finanziert sind, laufen sie gewissermaßen bis zur Ewigkeit und erzeugen fast zum Nullpreis Energie. Und nach 30 Jahren bekommt das Land sie wieder zurück, und kann sie erneut an den Bestbietenden vergeben.

Doch die Eisackwerk GmbH hofft weiterhin auf Projekte in Südtirol?
Ja, natürlich hoffen wir, und wir haben, wie gesagt, auch konkrete Projekte in Planung. Doch wenn sie uns hier nichts machen lassen, müssen wir eben woanders hingehen.

Wohin?
Das kann ich nicht sagen, nur so viel: Wir haben derzeit Genehmigungsverfahren in einer anderen Provinz Italiens laufen.