Gesellschaft | Gewalt

"Schluss der Ausländerhetze"

Die einseitige Diskussion zum Thema Gewalt und Migranten stößt auf immer mehr Gegenstimmen. Nicht nur die Grünen, sondern auch im Netz wird vor allem eines gefordert: eine sachliche Diskussion sowie ein tatsächliches Angehen des Problems.
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Foto: Joachim Dejaco

„Hemmschwelle liegt bei Ausländern deutlich niedriger“: Tagtäglich liefern derzeit derlei medial verbreitete Einschätzungen von Nachlokalbetreibern oder Erlebnissen privater Personen neues Futter für die am Wochenende losgebrochene mediale Gewalt- und Ausländerdebatte. „Endlich wird das Thema der gewalttätigen ausländischen Jugendlichen mit erhöhtem Interesse wahrgenommen“, freut sich darüber der Freiheitliche Landesjugendsprecher Hannes Zingerle. Denn, wie er in einer Aussendung schreibt: „Anscheinend fehlen diesen Jugendlichen gewisse Grundeigenschaften wie Höflichkeit, Zufriedenheit, Respekt oder anständiges Benehmen. Anders kann ich diese Fälle nicht beurteilen.“

Äußerungen, die nicht unwidersprochen bleiben. „Schluss der Ausländerhetze“ – lautet die Antwort der Grünen auf diese aufgeregte Woche. Im Umgang mit dem Problem nächtlicher Gewaltepisoden brauche es kompetente Profis und effektive Präventionsarbeit, sagt Spitzenkandidatin Brigitte Foppa. Statt dessen habe die aktuelle Kampagne nicht zuletzt auf Blogs und in anderen Online-Medien zu einer banalen und generalisierten Ausländerhetze geführt, die das allgemeine Unsicherheitsgefühl fördere und die Gewaltbereitschaft Einzelner fördere. „Manches Mal entsteht Gewalt gerade durch Ausgrenzungsmechanismen und latenten Rassismus“, so Foppa. In jedem Fall sei Gewalt meist eine Sache der sozialen Umstände und nicht der Nationalität. „Das zeigt auf, woran es zu arbeiten gilt“, sagt die Grüne.

Ihr Appell zu einer sachlichen Diskussion und Vermeidung von Pauschalisierungen wird von immer mehr Organisationen und Bürgern unterstützt. Gleich 15 Organisationen stehen hinter der gemeinsamen Stellungname „Jugendgewalt ist kein Ausländerproblem“: Die mediale Kampagne von Dolomiten und Alto Adige wirke „im Angesicht der erstarkenden Ausländerfeindlichkeit in Südtirol wie Öl im Feuer“, heißt es dort unter anderem. Klare Position gegen die Vorgangsweise der Dolomiten bezieht auch der Blog  „Stoppt den Inhalt“  - nicht nur im Titel eine Antwort auf die Facebook-Seite „Stopp der Gewalt“ der größten heimischen Tageszeitung.

 

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Sepp.Bacher Fr., 14.06.2013 - 17:08

Es kann sein, dass junge männliche Migranten Konflikte noch anders angehen, als wir heute. Vor etwa 50 oder 30 Jahren war es bei uns nicht anders. Junge Männer haben das Bedürfnis, ihre Kraft zu zeigen und sich zu messen. Doch es geht auch um die Frage: Wie ergeht es ihnen hier? Fühlen sie sich wahrgenommen, Wert geschätzt? Wie viel Frust haben sie aufgestaut? Etwas zum grundsätzlichen Nachdenken in der Migranten-Frage enthält mein Blog www.salto.bz/de/article/14062013/biodiversitaet-bei-uns-menschen

Fr., 14.06.2013 - 17:08 Permalink
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Benno Kusstatscher Fr., 14.06.2013 - 18:45

14 oder 15, was macht dach schon. Im oben verlinkten BBD Artikel habe ich nur 14 gezählt. Nach dreimaligem Nachlesen komme ich zum Schluss, dass obige Formulierung nicht suggeriert, dass die Brigitte Foppa die Initiativen-Mama wäre und somit die Grünen die führende Nummer 15 wären, die uns pèrvasion auf BBD unterschlagen hätte, sondern, dass ich einfach nur genauer lesen muss. Nach dieser hitzigen Woche lasse ich mir meine Lesart aber gerne nocheinmal bestätigen, bevor sie mich übersensilibisierten Neurotiker von der "Sache" ablenkt, um die es uns ja hier eigentlich geht.

Fr., 14.06.2013 - 18:45 Permalink
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Martin Geier Fr., 14.06.2013 - 19:23

Tut mir leid aber ich kann den obigen 14/15 Organisationen nur teilweise und sehr bedingt zustimmen; wie so oft in Südtirol ist eine differenzierte Diskussion kaum möglich weil es zwischen Beschönigen und Negieren von Probleme und latenten oder gar offenen Rassismus ein weites Niemandsland zu geben scheint; eine offene und besonnene Diskussion wäre wünschenswert.
Das Problem mit einigen ethnischen Gruppen gibt es sehr wohl; eine Tatsache die mir ein Bekannter aus dem Securitygewerbe bestätigt hat; das deckt sich auch mit dem was Ordnungskräfte verlautbaren lassen. Da sind auf der einen Seite sehr schwere persönliche und familiäre Verhältnisse sowie gescheiterte Integration bzw. Ausgrenzung vorhanden; auf der anderen Seite ist das auch ein Problem einer bestimmten Kultur die einen mA zweifelhaften Vorstellung von Stolz und Ehre nachhängt; und auch einem Frauenbild was wenig mit dem unseren zu tun hat. Ich würde begrüßen daß erstens mehr für Integration getan wird aber zweitens auch die nächtliche Präsenz der Sicherheitskräfte gestärkt wird, neue gesetzliche Maßnahmen getroffen werden und auch über mehr Videoüberwachung(in London bsw. schon lange gang und gebe) nachgedacht wird; in vielen ausländischen Städten ist es Standard daß das Zentrum videoüberwacht wird. Ganz gleich wie und was der Anlass war; diese Diskussion mußte früher oder später kommen zumal sich solche Vorfälle in letzter Zeit häufen; spätestens der erste Tote oder das erste bekannte Opfer hätten eine Diskussion angestoßen; das war anlässlich eines totgetretenen Opfers in D auch der Fall; vor einem Jahr ist bei uns ein Opfer sehr nahe am Tod vorbeigeschrammt:
http://www.stol.it/Artikel/Chronik-im-Ueberblick/Stopp-der-Gewalt/Obwoh…
Es ist alles vorhanden; mangelnde Zivilcourage('keine' Zeugen), gesichtslose, brutale Gewalt und Ordnungshüter denen auch mangels besserer Gesetze die Hände gebunden sind. Es sind bessere Gesetze und auch mehr Zivilcourage gefragt. Es geht also nicht um die übergroße Mehrheit der in Südtirol lebenden und arbeitenden Migranten die meist recht gut integriert sind; es geht um diese sehr kleine Minderheit. Aber wie leider so oft in Südtirol ist eine differenzierte Diskussion sehr schwierig bis unmöglich. ;(

Fr., 14.06.2013 - 19:23 Permalink
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Roland Kofler Fr., 28.11.2014 - 21:58

Antwort auf von Martin Geier

Danke für die Videoueberwachung. Nach Edward Snowden brauchen wir noch mehr Material fuer die Datenkraken, da es sich ja um ein abstraktes Problem handelt muss man sich dessen nicht stellen sondern kanns mit ein paar Schläegereinen weniger rechtfertigen. Europa hat nach Jahrhunderten der Knechtschaft zu einer sensiblen demokratischen Ordnung gefunden die im Wesentlichen darauf beruht das die Individuelle Privatsphaere, uebrigens auch / oder gerade im oeffentlichem Raum, sichergestellt werden muss! und sie wollen wieder alle Daemme brechen und auf Spatzen schiessen wie in UK, Good Luck. Balance of Power ist eine heikle Geschichte. Werd ich morgen eine Perser erzaehlen, das naechste mal flieh ich vorm Regime hier, dem sie den Weg bereiten gerne wollen wuerden. Was also ist ein republikanisches Design fuer einen Staat? Videoueberwachung kanns nich sein, es gibt keinen Gewalt-Brennpunkt Suedtirol, Ragazzi.

Fr., 28.11.2014 - 21:58 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Fr., 28.11.2014 - 23:47

Antwort auf von Martin Geier

Videoüberwachung hat sich leider in den meisten Fällen nicht als ideale Lösung herausgestellt. Mehrere kriminologische Studien haben das bewiesen. Meist wird das Problem nur örtlich verdrängt, einzige Resultate zeigen sich wenn nur bei der Identifizierung der Täter.
Ich muss aber den restlichen Kommentar voll und ganz zustimmen. Mag sein dass in der rechts populistischen politischen Szene viel Müll geredet wird um Wählerstimmen zu sammeln, aber dieses Schönreden auf der anderen Seite trägt zu einer sachlichen und offenen Diskussion auch nichts bei. Im Gegenteil! Man zwingt die Leute sich zu polarisieren, entscheiden ob man Rassist oder Gutmensch ist und wer gleich als Bösewicht angeprangert wird (vor allem unter Jugendlichen) wird auch gerne aus Trotz seinen Weg zu den offenen Armen von Populisten finden.

Fr., 28.11.2014 - 23:47 Permalink