Gesellschaft | Familie

Kleinkinderbetreuung: "Arbeitende Eltern werden bestraft"

Eine halbherzige Lösung mit vielen Problemen: Die Sozialgenossenschaft Coccinella zieht offen gegen die Neuregelung der Betreuungstarife für Kleinkinderbetreuung ins Feld. Die Kritik? Höher Preise für Vollzeit arbeitende Eltern und nicht gedeckte Kosten für Kindertagesstätten.

Schlimmes Erwachen für Eltern, die ihre Kinder ganztätig in Kinderhorten in Betreuung haben: Sie zahlen infolge der neugeregelten Beteiligung satte 170 Euro mehr als bisher, kritisiert die Sozialgenossenschaft Coccinella. Was Landesrat Richard Theiner nicht erwähnte, als er infolge der Harmonierung der Kleinkinderbetreuungstarife von einer Entlastung für sehr viele Familien sprach: Durch die Aufhebung der bisher gültigen Höchsttarifs von 406,80 Euro für Kinderhorte zahlen dagegen alle Familien, in denen beide Elternteile Vollzeit arbeiten müssen oder wollen, weit mehr. Da die bisherige Höchstgrenze bei einer täglichen Betreuungszeit von sechs Stunden überschritten wird, steigt die monatliche Rechnung für alle darüber hinaus reichenden Stunden.

Diese Differenz kann selbst das verdoppelte Kindergeld der Region nicht ausreichend abfedern, kritisiert die Präsidentin der Sozialgenossenschaft Coccinella Hildegard Thurner. Eine zusätzliche Belastung der Familien bringe der erhöhte Selbstbehalt der geförderten Stundensätze für Gemeindeplätze. Entsprechend groß sei der Unmut bei den Eltern, aber auch bei den Betreuerinnen und Verantwortlichen der Kinderhorte.

Dort wird die Übergangslösung für das heurige Jahr aber auch aus anderen Gründen kritisch gesehen. Einerseits werde sie nicht einheitlich von allen Gemeinden umgesetzt, was den Aufwand für die Genossenschaften ungemein größer als bisher mache. Die größte Schwachstelle aus Sicht der Betreuungseinrichtungen betrifft aber eine die nicht angepasste Gesamttarifregelung. Denn um eine professionelle und qualitativ hochwertige Betreuung garantieren zu können, sei laut flächendeckenden Erhebungen unter den Strukturen ein Stundensatz von mindestens 8,50 bis 9,50 Euro  notwendig. Doch diese werde in vielen Strukturen nicht erreicht; „Ausschreibungsvorgaben unter 6,80 Euro sind leider keine Seltenheit“, sagt Hildegard Thurner. Was dies für Auswirkungen auf die Entwicklung und die inhaltlichen Möglichkeiten der Kinderbetreuung habe, liege auf der Hand.

Thuners Appell an die Politik: „Schafft möglichst schnell klare und faire Verhältnisse!“ Sprich: Ein komplettes, tragfähiges und von allen Seiten akzeptiertes System. Sieht ganz danach aus, als ob die neue Landesrätin Waltraud Deeg ihr Amt gleich einmal mit Aufräumarbeiten beginnen muss.