Politik | EU-Wahl 2024

Forza Sudtirolo

Forza-Italia-Chef Antonio Tajani hat am SVP-Sitz eine Messe aus Rom gelesen. Philipp Achammer und Herbert Dorfmann haben dabei als Ministranten viel Weihrauch gespendet.
EU-Wahl 24
Foto: Seehauserfoto
  • Es ist eine groteske Szenerie.
    Links und rechts stehen Banner mit dem Edelweiss und dem Wahlslogan „Wir arbeiten für Südtirol“. Dazwischen ist auf einer großen Leinwand Silvio Berlusconi zu sehen, die Hände zusammen mit Antonio Tajani zum Zeichen des Sieges erhoben. Darunter das Parteilogo von Forza Italia/Berlusconi. 
    Es sind gut 30 Personen, die an diesem Dienstagvormittag im Sitzungssaal der SVP vor dieser skurrilen Kulisse stehen, auf die Leinwand starren und warten, bis sich dort etwas tut. Die SVP-Spitze und die Presse warten auf Antonio Tajani. Der italienische Außenminister und Chef von Forza Italia verspätet sich. 
    SVP-Landessekretär Martin Pircher ist damit beschäftigt, noch einmal die Technik zu überprüfen, damit mit dem Livestream aus Rom ja alles klappt. Derweilen stehen SVP-Obmann Philipp Achammer und der SVP-EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann vorne am Pult herum. Die beiden SVP-Politiker sehen aus wie bestellt und nicht abgeholt.
    Es vergehen 10 Minuten. Man würde sich erwarten, dass der SVP-Obmann und Hausherr inzwischen die Pressekonferenz einleitet oder ein paar Worte zu den Journalisten spricht. Doch das geschieht nicht. Erst als Leben auf die Leinwand kommt und Antonio Tajani mit seinen Assistenten am Pult des römischen Forza-Italia-Sitzes Platz nimmt, beginnt das Spektakel.
    Dabei hatte eigentlich die SVP am Dienstag am Parteisitz zur Pressekonferenz geladen. Der Gegenstand: Das Listenbündnis, mit dem die Südtiroler Volkspartei zu den Europaparlamentswahlen antreten wird.

  • Andächtige Zuhörer Herbert Dorfmann und Philipp Achammer: 40 Minuten lang redet die Südtiroler Volkspartei an diesem Vormittag ausschließlich italienisch. Nur zwischendurch fallen ein paar Sätze auf Deutsch. Foto: Seehauserfoto
  • Doch aus dieser Ouvertüre und noch mehr aus den ersten Begrüßungsworten von Antonio Tajani wird schnell klar, dass hier jemand anderer Regie führt. Es ist eine Pressekonferenz des Forza-Italia-Chefs und seiner Partei. Am römischen Parteisitz befindet sich eine Handvoll Journalisten, die das Ganze live verfolgen und noch in der laufenden Pressekonferenz dem italienischen Außenminister Fragen zu Gaza und den Iran stellen.

     

    „Am SVP-Sitz gibt Antonio Tajani eine Pressekonferenz. Philipp Achammer und Herbert Dorfmann erfüllen dabei die Rolle der Ministranten.“

     

    Der Politprofi Tajani zelebriert in den folgenden25 Minuten gekonnt und geschickt eine Politmesse. Philipp Achammer und Herbert Dorfmann fällt dabei die Rolle der Ministranten zu. Sie erfüllen diese Pflicht ehrfürchtig und spenden üppig und fleißig Weihrauch in Richtung des Leinwandstars.

  • „Caro Antonio“

    SVP-Parteiobmann Philipp Achammer bedankt sich gleich zu Beginn seiner Rede und danach noch mehrmals beim „caro Antonio“. Achammer stimmt ein überschwängliches Loblied auf Antonio Tajani und dessen Glaubwürdigkeit in Sachen europäische Werte an, das genauso in einer Heiligenverehrung im Antonius-Blatt stehen könnte. Die Aussagen Tajanis zu Mussolini scheinen dabei längst vergessen.
    Der SVP-Obmann erklärt noch einmal die Grundpfeiler des gemeinsamen Antretens bei den EU-Wahlen. Forza Italia und die SVP treten auf zwei getrennten Listen mit ihrem jeweiligen Parteizeichen an.  Es gibt aber eine technische Listenverbindung. Damit werden für die Sitzverteilung die Stimmen der beiden Listen summiert. Der Spitzenkandidat auf der SVP-Liste zieht mit 50.000 Stimmen als Erstgewählter in das EU-Parlament ein. Die restliche Stimmen kommen der Forza-Italia-Liste zugute.

  • Verbündete Minderheiten auf der SVP-Liste: Skuptnost-Vertreter Damijan Terpin, PATT-Chef Simone Marchiori und BARD-Funktionär Andrea Bona. Foto: Seehauserfoto
  • Philipp Achammer unterstreicht – wie sein Vorredner Tajani –  aber auch die Wichtigkeit, dass mit dem PATT, der Slovenska Skuptnost und der Belluneser Autonomiebewegung BARD auch diesmal wieder drei Minderheitenparteien zusammen mit der SVP mit im Boot nach  Europa sitzen. Zur slowenischen Minderheitenpartei bemüht der SVP-Obmann einen gewagten historischen Vergleich.
    Es freut mich besonders, dass die Slovenska Skuptnost dabei ist“, meinte Achammer, „denn die SVP ist zusammen mit den Slowenen auch bei der letzten freien Wahl vor der faschistischen Ära im April 1924 angetreten“.
    Ist es wirklich schon so weit?
    Skuptnost-Vertreter Damijan Terpin, BARD-Funktionär Andrea Bona, und PATT-Chef Simone Marchiori ergreifen an diesem Dienstag kurz vor Mittag dann noch selbst das Wort.

  • Die Zahlen

    Auch bei den EU-Wahlen 2019 hat es zwischen SVP und Forza Italia dasselbe Arrangement gegeben. Auch damals waren der PATT und der Belluneser BARD mit an Bord.
    In Südtirol erhielt die SVP bei den EU-Wahlen am 26. Mai 2019 113.359 Stimmen. Das waren 46,54 Prozent. In der Region Trentino-Südtirol waren es 129.795 Stimmen oder 26,18 Prozent. Im gesamten Wahlkreis Nord-Ost kam die Volkspartei dann auf 141.353 Stimmen (2,44%). 
    Forza Italia schaffte in Südtirol magere 4.225 Stimmen (1,73 %), in der Region Trentino-Südtirol 17.587 Stimmen und 3,56 Prozent. Im gesamten Wahlkreis Nord-Ost kam die Berlusconi-Partei auf 337.808 Stimmen (5,74 %). 
    Da Herbert Dorfmann mit 50.000 Stimmen gewählt war, hat die SVP gut 90.000 zusätzliche Stimmen für die FI beigetragen. Das sind mehr als ein Viertel der Stimmen, die Forza Italia im gesamten Wahlkreis erhalten hat. 
    Schaut man sich diese Ergebnisse an, wird auch klar, warum Antonio Tajani und Forza Italia auch fünf Jahre später auf die SVP setzen.

  • Dorfmanns Verlegenheit

    Nach Philipp Achammer redet an diesem Vormittag dann der Mann, für dessen Wiederwahl dieses Wahlabkommen geschmiedet wurde: Herbert Dorfmann. 
    Der amtierende EU-Parlamentarier spulte ein ähnliches Drehbuch wie sein Parteiobmann ab. Nur etwas sachlicher und weniger gespreizt. Zuerst der Dank und die Ehrerbietung an Antonio Tajani und dann die Erklärung, warum Dorfmann eine vierte Legislatur in Brüssel und Straßburg anstrebt.
    Herbert Dorfmann erklärt aber auch, dass es sich bei diesem Wahlbündnis nur um eine Listenverbindung handelt und es weder inhaltliche Absprachen noch Forderungen von irgendeiner Seite gegeben habe. „Wir haben keinen Pakt, keinen Forderungskatalog oder irgendeine Abmachung, sondern nur eine Listenverbindung unterschrieben“, sagt der scheidende Eisacktaler SVP-Bezirksobmann. Im Klartext: Es gebe kein do ut des.

  • Spitzenkandidat Herbert Dorfmann: Kritische Nachfrage einer Journalistin Foto: Seehauserfoto
  • Es ist eine junge Alto-Adige-Journalistin, die mit einer einfachen Nachfrage wenig später diese Sicht der Dinge ins Wanken bringt. Sie will von Dorfmann wissen, warum sich die Verhandlungen zwischen SVP und Forza Italia dann so lange hingezogen haben. In seiner Antwort merkt man Herbert Dorfmann jetzt die Verlegenheit an. Er redet über ein Gesamtpaket, das es zu schnüren gegolten hat. Also doch mehr als nur eine Listenverbindung?

     

    "An diesem Vormittag wirkt eine große Partei plötzlich ganz klein".

     

    Als die Pressekonferenz des italienischen Außenministers am Sitz der SVP zu Ende geht, bleibt selbst beim neutralen Betrachter ein fader Beigeschmack.
    Denn noch nie hat eine große Südtiroler Partei plötzlich so klein gewirkt.

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Hartmuth Staffler Di., 16.04.2024 - 18:20

Man kann als überzeugter Südtiroler nur hoffen, dass es der Dorfmann mit seinen rechten Freunden nicht schafft. Dafür sollten alle echten Demokraten so viel Überzeugungsarbeit wie möglich leisten. Ich werde mich nicht zurückziehen.

Di., 16.04.2024 - 18:20 Permalink
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Josef Fulterer Di., 16.04.2024 - 20:20

Von den zwei naiven Doddeln war nichts Anderes zu erwarten. Hauptsache der Dorfmann schafft es wieder in Brüssel sein vergoldete Sesselchen zu wärmen und für seine schrägen Vögel vom Kangaroo Club, Pfizer, Bayer, Monsanto, Unilever, Kraft & CO. fleißig sein Händchen zu heben.

Di., 16.04.2024 - 20:20 Permalink
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Salto User
opa1950 Mi., 17.04.2024 - 04:32

Herr Fulterer . Wie Recht sie haben.Diese 2 Achhammer und Dorfmann kann man vergessen.Null Leistung aber dafür eine große Goschn.Aber die Schuld liegt bei den Wählern.

Mi., 17.04.2024 - 04:32 Permalink
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Andreas Thanei Mi., 17.04.2024 - 16:44

Die beiden müssen ja schon ganz braun sein vom in den (ihr wisst schon was ich meine).
Wer die SVP wählt wählt auch die Forza Italia, so einfach ist das. Wieder mal schaufelt sich die Südtiroler Nicht-mehr-Volks-Partei ihr eigenes Grab und wird immer unglaubwürdiger.

Mi., 17.04.2024 - 16:44 Permalink
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G. P. Mi., 17.04.2024 - 20:12

Wie heißt es auf gut südtirolerisch: "Di Goas krahlt sou long, bis si letz ligg."
Aber das werden die beiden Italophilen ja sowieso nicht mehr verstehen.

Mi., 17.04.2024 - 20:12 Permalink