Kultur | Philosophisches Cafè

Zur lustigen Eurac

Eine Veranstaltungsreihe zu "Autonomie und Humor" nahm vorgestern in der Eurac ihren Anfang. Zwar mit wissenschaftlicher Gelassenheit, aber etwas zu nüchtern und ernst.
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Foto: Eurac Research, Oscar Diodoro
  • Nach einführenden Worten der Eurac-"Haudegen" Roland Psenner und Harald Pechlaner folgten zur Eröffnung einer neuen philosophischen Veranstaltungsreihe zunächst etwas trocken vorgetragene Sichtweisen zweier Experten zur durchaus interessanten Geschichte des Humors. Nach den Ausführungen von Luisa Bertolini, Redaktionsleiterin von Fillide, betrat Humorexperte und Professor an der Universität Zürich Willibald Ruch das Lesepult und legte los: Was ist Humor? Wie unterscheidet sich der Begriff vom Begriff Komik? Wo fängt Spaß an und wo hört er auf? Wann ist Wahnsinn? Was ist eigentlich ein guter Witz? Wie steht es um den Humor in anderen Ländern? Was hat Humor mit Charakterstärke zu tun? Und warum gibt es Gelotophobie, wo Betroffene der ständigen Angst ausgesetzt sind, ausgelacht zu werden? 

  • Luisa Bertolini: Il comico come sublime rovesciato. Foto: Eurac Research, Oscar Diodoro

    Viele Fragen suchten Antworten auf die variierenden Befindlichkeiten unserer Lachmuskeln, zu den „dunklen und die hellen Seiten des Humors“. Aber um Autonomie ging es nur am Rande. Und wenn, dann etwas bemüht. Dabei wird sie so prominent im Titel geführt.
    Erst eine Frage aus dem Publikum (kurz vor dem Ende der Eröffnungsveranstaltung), rückte das finale Podiumsgespräch der Referent*innen und der hinzugeladenen SALTO-Kolumnistin Alexandra Kienzl einigermaßen in die vorgegebene (politische) Autonomie-Richtung. Der im Zuschauerraum aufmerksam weilende Historiker Hans Heiss wollte nämlich wissen, wie es denn um Humor im Zusammenhang mit Diktaturen stehe, oder auch im Zusammenhang mit demokratischer (Autonomie-)Politik. „Eine Autonomie wie jene Südtirols fördert nicht besonders die Selbstdistanz“, vergegenwärtigte Heiss später selbst, denn „in Südtirol ist alles sehr eng, die Distanz zu sich und den anderen ist nicht sehr ausgeprägt. Aus diesem Grund ist der öffentliche Humor eigentlich kein ausgeprägter Faktor.“ 
    Was aber tun, wenn bloß Witzfiguren an der Macht (und zu einem großen Teil auch in der Opposition) sind, und einem das (so gesunde) Lachen im Halse stecken bleibt?

  • Foto: SALTO

    Besonders klar wurde die (geistige) Enge in den vergangenen Monaten, nachdem lokale Politiker bzgl. Autonomie plötzlich glaubten, einfach galant in die heimelige Opfernische zu flüchten, um dort als Mitleid flehende Heulsusen unlustige Kompromisse mit rechten und populistischen Parteien rechtfertigen zu müssen. Warum rutschte die nach jahrelangem Geprotzte Südtirol-Super-Autonomie derart ins Abseits? Verkommt sie gar zu einem schlechten Witz? 
    Heiss konnte in Sachen Politik und Humor mit einer weiteren Feststellung aufwarten: „Es waren in Italien doch zwei Komiker gewesen, die das politische Geschäft revolutioniert haben: Silvio Berlusconi und Beppe Grillo.“ Sein Sager mochte zwar zum Schmunzeln anregen, sorgt aber ernsthaft betrachtet eigentlich für Bitterkeit, denn alles was die Politik im Berlusconi-Style darstellte, ist im Nachhinein gesehen immer noch verabscheuungswürdiger Zynismus gegen Schwache, Minderheiten, Benachteiligte und Randgruppen. Über sie wurden von Berlusconi höchstpersönlich (äußerst schlechte) Witze gemacht, stets von oben herab, aus dem privilegierten Refugium eines Nimmersatten. In diesem Zusammenhang stellte vor einigen Jahren Satireexperte und EU-Politiker (und Politclown?) Martin Sonneborn (DIE PARTEI) bei einem Südtirol-Besuch (noch zu Lebzeiten Berlusconis) fest: „Ich bin natürlich ein Politclown, genau wie Angela Merkel und Silvio Berlusconi Politclowns sind. Wir sind populistische Politiker, die inhaltsleer und wie Fahnen im Wind hängend alles versuchen, um Macht zu erhalten, oder Macht zu erringen“. Auf Nachfrage nach möglichen Gefahren von Polit-Satire meinte Sonneborn: „Satire muss immer die Waffe der Unterdrückten sein, oder zumindest derjenigen, die nicht an der Macht sind – sonst ist sie laut wissenschaftlicher Definition keine.“  

  • "Runder Tisch" mit den Referierenden: Ist das Leben zu wichtig, um es ernst zu nehmen? Foto: SALTO

    Zurück zu der eher farblos und etwas humor- und autonomielos gebliebenen Veranstaltung, die wie ein guter Witz vielleicht erst an den kommenden Terminen in Schwung kommen wird, womöglich gar zu einer zufriedenstellenden Pointe, haha! 
    Die Pointe des ersten Abends besorgte die Fritto misto-Kolumnistin von SALTO. Wer sonst? Es gäbe „zwei Möglichkeiten“, beschrieb Alexandra Kienzl ihren Antrieb zum Schreiben ihrer bissig daherkommender Betrachtungen: „Entweder man explodiert vor Wut“, oder man verarbeite „ironisch oder satirisch“. Sie selbst habe sich „für den zweiten Weg entschieden“. Klar, wer will schon explodieren?

  • Die Philosophischen Gespräche 2024 zu Autonomie und Humor werden sich in mehreren Veranstaltungen dem Humor aus unterschiedlichsten Blickwinkeln nähern. Nächster Termin: Am 6.5. geht es in Philosophisch-Theologische Hochschule in Brixen um Autonomie, Distanz, Humor, Ironie. Drei Kurzvorlesungen werden Humor und Ironie philosophisch und theologisch in den Blick nehmen.