Wirtschaft | Brennerbasistunnel

Durnwalders lieb Kind

Kurz vor der Sommerpause machte sich die Südtiroler Landesregierung auf, zu einem Ausflug. BBT-Besichtigung bei Mauls, Hans Heiss telefoniert aus dem Urlaub und befindet „ein Sommerlochfüller.“
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Foto: Salto.bz

Hinein in die Röhre bei Mauls gings mit dem Bus, geladen war die Presse zur Besichtigung des Megaprojekts und „größtem Kuchen in Italien“. Mitnaschen wollen alle gerne. An vorderster Front präsentierte Landeshauptmann Luis Durnwalder sein liebstes Kind, den Brennerbasistunnel. Stolze Töne waren zu vernehmen: „Schon mehr als 27 der insgesamt 200 Kilometer an Tunnels (…) sind verwirklicht.“ "130 Arbeiter jetzt, 1.200 bis zum Jahr 2019." Angetan auch Sabina Kasslatter-Mur, die die Schulen im Auge hat "Die gesamte Bauphase hindurch werden Informationen zum Jahrhundertprojekt BBT vermitteln." Für 2026 ist die Eröffnung geplant,

Wo, so fragen kritische Südtiroler Zeitgeister, sind die Protestierer? Die Südtiroler wurden eingelullt, meint Hans Heiss, "aber der Protest wird sich wieder regen."

Was ist los mit den Grünen Politikern – protestmüde?

Schauen Sie, es hat sich in der Bevölkerung eine Mischung aus Gleichgültigkeit und Resignation eingeschlichen. Als Partei muss man die eigenen Grenzen sehen, wir führen unsere Kritik bestimmt fort, denn wir glauben nach wie vor, dass es bessere Lösungen gibt als den BBT. Wir machen auch darauf aufmerksam, aber wenn es dann keine Reaktion aus der Bevölkerung gibt....

Kein Protest der Opposition, kein Protest der Bevölkerung – alles in bester Ordnung?

Die Realisierung des Tunnels steht weiterhin in den Sternen. Die Zulaufstrecken etwa sind in keinster Weise finanziell abgedeckt, darauf haben wir erst kürzlich wieder hingewiesen. Zehn Milliarden Euro wurden für den BBT veranschlagt, ohne Zulaufstrecken. Die Dimension dieser Beträge ist so irreal, so abstrakt, dass der Bürger abschaltet. Und sich lieber über das Geld des SMG-Direktors aufregt. Außerdem ist die Bevölkerung nicht wirklich interessiert was da unterm Berg passiert.

Teilnahmslose Südtiroler?

Die Bevölkerung hat momentan andere Sorgen, um den Arbeitsplatz etwa. Da scheint der Bau und dessen Finanzierung nicht so wichtig zu sein, in vielen Teilen der Bevölkerung wird der Tunnel als Arbeitsplatzbeschaffer gesehen, ist also positiv besetzt. Und wir müssen bedenken: die Protestierbereitschaft in Südtirol ist generell flach. Die Öffentlichkeit ist eher narkotisiert, als für etwas zu mobilisieren.

Und die Grünen in Tirol?

Ihre Haltung ist für uns nicht wirklich ein Grund zur Freude oder Zufriedenheit. Sagen wir es so: Es ist eine wohlwollende Duldung, die in Tirol ans Licht kommt. Sie sagen „jetzt ist das Werk nun mal am laufen.“ Andererseits: Wir sind mit ihnen ja nicht verheiratet. Und in der EU-Parlamentarierin Eva Lichtenberger haben wir zum Glück eine verlässliche Unterstützerin unserer Ideen.

Ihre Prognosen für ein Projekt, das der Landesregierung anscheinend sehr ans Herz gewachsen ist?

Ich sage nur, es wird eine ewige Baustelle bleiben. Aber der Bevölkerung wird etwas ganz anderes vermittelt. Schauen Sie: die Begehung ist genau auf den Sommer gelegt. Viele sind nicht da, kein großes Aufsehen. Alles wird so verkauft, dass es für die Bevölkerung wie ein Zugewinn ausschaut. Die Leute sagen ja heute schon „es geht eh weiter, es ist eh finanzierbar.“ Die Techniker beruhigen die Leute ständig, zeigen ihnen was sie alles Tolles machen. Das ist der normale zyklische Verlauf in einem Protest, zuerst ist er stark, dann flaut er langsam ab. All diese Maßnahmen der Politik haben ja auf die Dauer eine Wirkung.

Wird sich das Blatt wenden?

Ich glaube ja. In ein bis zwei Jahren, wenn die Gelder nicht mehr fließen. Die Zusagen der italienischen Regierung stehen bisher nur auf dem Papier. Da werden die Leute aufstehen und es wird sich etwas Neues formieren. Wie gesagt, wir können nicht auf den Putz hauen, wenn die Leute nicht mitziehen. Da müssen wir realistisch sein, aber wir sind an dem Thema dran und verfolgen es genau, bei gegebener Zeit werden wir da sein.