Wirtschaft | Landwirtschaft

Milch: Sterzing macht Schule

Das Tiroler Experiment des Milchhofs Sterzing wird kein Einzelfall bleiben: Mittelfristig wird Südtirol Milch importieren müssen, um die Produktion der Milchhöfe zu halten.
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Foto: ASTAT/WIFO

Man kann es als Bestätigung für die geprügelten Sterzinger lesen. Erst vor wenigen Wochen ernte der dortige Milchhof für sein Lieferabkommen mit 195 Milchbauern aus dem Nordtiroler Wipptal nicht zuletzt innerhalb des Milchsektors mehr oder weniger offene Kritik. Nach dem am Dienstag erfolgtem Milch-Gipfel zwischen Landeshauptmann Luis Dunwalder und den Vertretern der Südtiroler Milchhöfe folgt nun die Meldung: „Es zeichnet sich ab, dass die Südtiroler Milchhöfe künftig mehr Milch importieren müssen.“

Hintergrund ist die gestern vorgestellte Machbarkeitsstudie zu einem Südtiroler Milchpool, der die langfristige Versorgung mit Rohmilch garantieren soll. Das Grundproblem? Die Milchanlieferung geht in Südtirol jährlich um ein bis zwei Prozent zurück, weil immer mehr Bauern ihre Tätigkeit entweder aufgeben oder angesichts der gestiegenen Produktionskosten für Kraftfutter zurückschrauben. Parallel dazu wird jedoch ein bis zwei Prozent mehr Milch von den Milchhöfen verarbeitet. Dazu kommen erhebliche Schwankungen der Verarbeitungsmenge: Während im Winter ein Milchüberschuss besteht und Rohmilch vor allem vom Marktführer Bergmilch nach Süditalien verkauft werden muss, haben die Milchhöfe im Sommer wegen des Almauftriebs und der erhöhten Nachfrage nach Produkten wie Mozzarella zu wenig Milch. Kurzum: Zumindest längerfristig müssen Südtirols Milchhöfe künftig mehr Milch importieren.

Mittelfristig soll die Versorgung nun jedoch über Gebietsverschiebungen und einen gemeinsamen Milchpool gesichert werden. Ersteres bedeutet, dass vor allem Milchbauern der Bergmilch zu kleineren Milchhöfen wechseln, die Probleme haben, ihren Rohstoffbedarf zu decken. Zumindest für Joachim Reinalter, Obmann der Südtiroler Sennereiverbandes sowie der Bergmilch ist die These, dass die Sterzinger mit ihrem Schritt nach Tirol Vordenker waren, deshalb nicht haltbar. Denn, wie er meint: „Im Moment gäbe es noch genügend Milch in Südtirol.“ Vor allem aber wäre es begrüßenswert gewesen, einen Import aus dem Ausland in einer gemeinsamen Strategie anzugehen. „Denn für jeden Tankzug, der aus Tirol kommen wird, bringt ein anderer Südtiroler Tankmilch nach Süditalien.“

Dass dies für die Wertschöpfung der heimischen Milchwirtschaft keinen Gewinn darstelle, liegt auf der Hand, so Reinalter. Eine Kritik, bei der Reinalter gestern Rückendeckung von Landeshauptmann Luis Durnwalder erhielt. Er appellierte erneut an die Solidarität und einen Ausbau der Zusammenarbeit auf allen Ebenen. „Die Milchwirtschaft darf nicht in ein Kirchturm- oder Milchhofdenken verfallen, sondern muss gemeinsame Wege beschreiten. Schließlich trägt Südtirol ja nur einen Tropfen zum europäischen Milchmeer bei.“ Durnwalder verwies dabei auf den Wegfall der europäischen Milchquoten im Jahr 2015. „Der wird nicht ohne Auswirkungen auf die Südtiroler Milch bleiben."